Projekte, Ideen für Kolloquien
Zahlensymbolik
Dies ist das Projekt für eine Tagung am 20. September 2025.
Erste Hinweise hier
Verwendungszwecke, Funktionen, Leistungen des Symbolgebrauchs
Mehr dazu bereits hier...
Entscheid- und Steuerungsprämissen im Vorfeld einer symbolischen Auslegung
Immer wieder (vgl. die Zusammenstellung hier) haben wir
• die Leistungen von "Signifiants" untersucht: der Raum, Kleider, der Leib, der Spiegel, das Buch usw;
• oder wir haben gefragt, wie ein "Signifié" symbolisch repräsentiert werden kann: Darstellung von Identität, von Emotionen, von sozialen Gruppen;
• einige Kolloquien führten zu theoretischen Aspekten: Missgeschicke beim Symbolgebrauch, Projektionen, Allegorie.
Aufgrund von welchem Vorverständnis* wird etwas überhaupt als Symbol wahrgenommen – und dann interpretiert – oder als nicht-symbolisch aufgefasst?
*) Begriff der Hermeneutik, Vgl. H.G-Gadamer, Wahrheit und Methode II,1,a) (3.Aufl. 1972, S. 250ff.)
Anders gesagt: Was sind die "Trigger" (oder: was ist ein "élément déclencheur") / was sind die "Inhibitoren" einer Deutung? Was veranlasst bzw. was verhindert eine symbolische Deutung?
Beispiele: Soziokulturelle Auslöser bzw. Blockaden? "Tiefenpsychologisch" angelegte Auslöser (vgl. C.G.Jungs Archetypen)? Durch Bildung antrainierte Auslöser bzw. Blockaden? Von den Erzeugern geforderte Blockaden oder nahegelegte Auslöser?
Deux erreurs: 1° prendre tout littéralement; 2° prendre tout spirituellement. (Blaise PASCAL, Pensées, Nr. 648 [Brunschvicg])
Was geschieht bei der Ablehnung des symbolischen Verstehens? Und was, wenn man alles als symbolisch auffasst?
Das Wort Symbol haben wie im Wettstreit heute alle sich zum Gegenstande des Gebrauchs genommen, die aus der Mitte unserer Landsleute sich nur in der Anwendung dieses einen Wortes klug vorkommen.
Friedrich Creuzer 1808
Alles was geschieht ist Symbol, und, indem es vollkommen sich selbst darstellt, deutet es auf das Uebrige. In dieser Betrachtung scheint mir die höchste Anmaßung und die höchste Bescheidenheit zu liegen.
Goethe an Carl Ernst Schubarth 2. April 1818
> http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Briefe/1818
Das soll nicht im luftleeren Raum, sondern anhand konkreter Beispiele diskutiert werden. Nach gewalter Diskussion wissen wir vielleicht mehr über dieses seltsame Phänomen namens "Symbol".
- Ursprung der Fundamentalismen aller Schriftreligionen und Folgen für die Gläubigen
- Programm-Musik vs. Ornament (Hanslick: Musik besteht aus tönend bewegten Formen.)
- Wörtlichnehmen von Mythen: Was für ein Fisch verschlang den Jonas? Zu welcher Jahreszeit begann die Sintflut? (Was ist mit der Beantwortung dieser Fragen gewonnen?)
- Allegorische Auslegung antiker Mythen, der Bibel sowie moderner literar. Texte, von Märchen (z.B. Eugen Drewermann)
- Traumdeutung von Artemidor bis Freud – Chiromantie – Mantik – Astrologie
- Ein Testfall wäre die "gegenstandslose" Kunst, z.B. Kasimir Malevitsch, Schwarzes Quadrat (1915) oder Barnett Newman, Vir Heroicus Sublimis (1950): Welche Deutungen werden damit provoziert? Sind das Projektionen (vgl. unsere Tagung 2010) oder kann man sie als eine Art von Pareidolie begreifen?
Einige Texte dazu:
• Auslöser für eine symbolische/allegorische Deutung ist die Schwerverständlichkeit einer Textstelle: Obscurus locus est, et acrius attendemus (Hieronymus, Migne PL 26,407A).
Studien zu diesem Thema:
Julia Frick, Pluralisierung von Sinn. Obscuritas als textinterpretative Kategorie in Kommentar und Übersetzung der Frühen Neuzeit
Carmen Cardelle de Hartmann, Obscuritas bei Augustin
beides in: Wolfram-Studien XXV, hg. Susanne Köbele / Julia Frick, Berlin, E.Schmidt-Verlag 2018.
• Der Text der Bibel ist nie obskur.
Luther: per sese certissima, facillima, apertissima, sui ipsius interpres (WA, 7. Band, Schriften 1520/21).
• Für (profane) Gesetzestexte gilt nach alter Auffassung:
Interpretatio est, quae exponit id, quod dictum vel scriptum est aliis verbis, quae idem valeant.(Interpretation bedeutet die Erklärung von Gesagtem oder Geschriebenem durch andere Worte, welche das Gleiche bedeuten)
Simplex interpretatio est adhibenda, si ex verbis legis tam aperta sit legislatoris voluntas, ut de ea dubitari non possit. (Die einfache Interpretation ist anzuwenden, wenn aus den Worten des Gesetzes der Wille des Gesetzgebers so deutlich hervorgeht, dass darüber nicht gezweifelt werden kann.)
Beide Zitate aus: Clausdieter Schott, "Interpretatio cessat in claris". Auslegungsfähigkeit und Auslegungsbedürftigkeit in der juristischen Hermeneutik. In: "Theorie der Interpretation vom Humanismus bis zur Romantik – Rechtswissenschaft, Philosophie, Theologie", hg. von Jan Schröder, Stuttgart 2001, S. 155–189.
• Bei den rabbinischen Auslegungsregeln (Middot) gibt es eine zum Thema der allegorischen Exegese (Maschal). Hier wird strikt verboten, Bibeltexte, welche Gebote und Gesetze formulieren, allegorisch auszulegen.
In den 32 Interpretationsregeln des R. Eliezer ben Jose ha-Gelili [2. Jh. CE] steht in Nr. 26: "This method can only be used in interpreting passages of the Scriptures which do not express laws, but in those passages of the Scripture that contain laws and commandments you cannot interpret the words in a figurative and allegorical sense, …"
Jacob Z. Lauterpach, The Ancient Jewish Allegorists in Talmud and Midrash, in: The Jewish Quarterly Review , Jan., 1911, Vol. 1, No. 3 (Jan., 1911), pp. 291–333 (Zitat auf S. 329).
Das Bild deutet den Text — Der Text erklärt das Bild
In etlichen Gattungen kommen beide Medien vor und unterstützen sich gegenseitig.
• Bande dessinée / Comic strip
Am Ast des Baums hängen kann visualisiert werden; aber der Gesang kann nur als Text thematisiert werden:
Max und Moritz, eine Bubengeschichte in sieben Streichen von Wilhelm Busch, 1865.
> http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/busch_max_1865?p=7
• Flugblätter der Frühen Neuzeit
Heinrich Vogtherr d. Ä., Zähmung des Löwen 1524
>
http://www.zeno.org/nid/20004356640
Literaturhinweis: Alfred Messerli / Michael Schilling (Hgg.), Die Intermedialität des Flugblatts in der Frühen Neuzeit, Stuttgart: Hirzel 2015.
• Emblematik
Die Last macht’s leicht. — Dazu das Bild einer Uhr. — ???
Des hoch-erleuchteten Theologi, Herrn Johann Arndts, ... Samtliche Sechs Geistreiche Bücher Vom Wahren Christenthum […], Zürich, in Bürcklischer Truckerey getruckt 1746. — Zum 2. Buch, 47. Kapitel.
Erläuterungen hierzu auf der Seite zur Emblematik
• Wissenschaftiche Illustration
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d2/Anatomy_of_the_Human_Ear.svg
• Bildwörterbuch
Joan. Amos. Comenii Orbis pictus. Swĕt w obrazích. Die Welt in Bildern. Le monde en tableaux, Prag: Jar. Pospišil 1845.
• usw.
Vgl. die Zusammenstellung hier (auf der Website http://enzyklopaedie.ch)
Damit gerieten wir in die schon von 1766 Lessing (»Laokoon oder Über die Grenzen der Malerei und Poesie«) erörterte und seit Ende des 20.Jhs. intenstiv betriebene Paragone-Diskussion. vgl.
Claudia Benthien / Brigitte Weingart, Handbuch Literatur & Visuelle Kultur, De Gruyter 2014.
Handwerk, Technik, Maschinen als Modelle für Lebendiges
Beispiele: Unkraut jäten für Aszese • Iatromechanik • die mystische Mühle • Wahlverwandtschaften • der rasende Webstuhl der Zeit • Überdruckventil der Emotionen • Hardware/Software im Gehirn • Gleichschaltung • ...
Psychoanalytische Deutungen von Narrativen
Anregungen (chronologisch):
- Sigmund FREUD, Der Wahn und die Träume in W. Jensens Gradiva, Leipzig und Wien: Heller 1907.
- Carl Gustav JUNG, Psychologie und Alchimie, Zürich: Rascher 1944.
- Linda FIERZ-DAVID, Der Liebestraum des Poliphilo. Ein Beitrag zur Psychologie der Renaissance und der Moderne, Zürich: Rhein-Verlag 1947. [Zusammenfassung und Kommentar der »Hypnerotomachia« im Lichte der Psychologie von C.G.Jung]
- Antoinette FIERZ-MONNIER, Initiation und Wandlung, Zürcher Diss., Bern 1951. [zum Artusroman aus Sicht von C.G.Jung]
- Hedwig VON BEIT, Symbolik des Märchens, Bern: Francke 1952.
- Emma JUNG / Marie-Louise VON FRANZ, Die Graalslegende in psychologischer Sicht, Zürich 1960.
- Eugen DREWERMANN, Tiefenpsychologie und Exegese, Olten: Walter (2 Bände) 1984/85.
- Aron Ronald BODENHEIMER, Der Waldgänger. Wenn die Melancholie dichtet, Wien: Passagen-Verlag 1993.
- Brigitte BOOTHE, Das Narrativ. Biografisches Erzählen im psychotherapeutischen Prozess, Stuttgart: Schattauer 2010.
- Peter VON MATT, Literaturwissenschaft und Psychoanalyse, Freiburg/Br.: Rombach 1972.
- Freiburger Arbeitskreis Literatur und Psychoanalyse: http://www.litpsych.uni-freiburg.de/wp/
- Frauke Berndt, Eckart Goebel (Hgg.), Handbuch Literatur & Psychoanalyse, Handbücher zur kulturwissenschaftlichen Philologie 5, De Gruyter 2017.
Darstellung des Nicht-Darstellbaren
Gottesbilder — Seelenbilder — Tabuisiertes — geheime Botschaften — usw. —
Exkursionen
Embleme der Wallfahrtskirche Hergiswald. Link
Die romanische Bilderdecke der Kirche St. Martin in Zillis. Link
Die Felszeichnungen von Crap Carschenna. Link
Führung durch das Money Museum (Zürich) Link
Im Aufbau … Holzschnitt des Petrarkameisters, aus: Officia M. T. C. Ein Buch So Marcus Tullius Cicero der Römer zu seynem Sune Marco. Von den tugentsamen ämptern vnd zugehörungen eynes wol vnd rechtlebenden Menschen ..., Augspurg: Steyner, 1531, fol. XLVIverso
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