Laster- und Tugendallegorien

 

Übersicht:

Lasterallegorien

Tugendallegorien

Kampf zwischen Tugenden und Lastern (Psychomachie und Etymachie)

Forschungsliteratur

 

In der abendländischen Kulturgeschichte gibt es über Jahrhunderte hinweg recht stabile Kataloge von Tugenden und Lastern. Man fragt sich, wozu das dient oder sogar notwendig ist.

Im Gegensatz zu den instinktgeleiteten Tieren ist der Mensch ›nicht festgestelllt‹ (Nietzsche), ein ›Mängelwesen‹ (Arnold Gehlen). Infolge der ›Instinktreduktion‹ des Menschen würden das sittliche Verhalten bzw. die moralischen Verfehlungen ohne kulturellen Eingriff ein Chaos darstellen, was ein Zusammleben beinahe verunmöglicht.

Die ›Weltoffenheit‹ wird kompensiert mittels institutionell eingerichteter Verhaltensweisen. Für ein Zusammenleben besteht die Notwendigkeit einer Konventionalisierung des Handelns, die die Freiheit des Handelns zwar einschränkt, die Individuen aber auch wohltuend vom Druck des selbständigen Entscheidens ›entlastet‹. Kommunikativ ausgehandelte und stabile Riten geben Halt.

 

Lasterallegorien

Im Gegensatz zu den 10 Geboten des Dekalogs (z.B: Du sollst den Sabbat heilig halten) geben die sog. Hauptlaster keine apodiktischen Verhaltensanweisungen, sondern beschreiben einen Habitus.

Die Sieben Hauptlaster (septem vitia capitalia) nach dem etablierten SALIGIA-Schema:

superbia – Hoffart, Überheblichkeit
avaritia – Habgier
luxuria – (sexuell konnotierte) Ausschweifung
invidia – Neid, Missgunst
gula – Schlemmerei
ira – Zorn
acedia – Trägheit, Faulheit

Es ist eine große Menge von Texten und Bildern bekannt, mit denen die Hauptlaster repräsentiert werden. Hier einige Hinweise auf

Quellen:

Eine Siebenlasterlehre im engeren Sinne (SALIGIA) kennt die Bibel nicht, freilich werden einzelne Laster da und dort im NT katalogartig aufgezählt: Markus 7,21–22 (zwölf Laster) — Matthäus 15,19 (sieben Laster) — Röm. 13,13 — 1.Kor. 5,11 — 1.Kor. 6, 9–11 (neun Laster) — 2.Kor. 12,20f. — Galater 5,19-21 (fünfzehn Laster) — Epheser 4,31 — Epheser 5, 3–4 (sechs ungeziemende Dinge) — Kolosser 3,5–8 — 2.Timotheus 3,2–5 (neunzehn Laster) — 1.Johannesbrief 2,16 (drei Laster).

Eine frühe Version findet sich bei Euagrios Pontikos (345–399), der als Mönch Ende des 4. Jahrhunderts in der ägyptischen Wüste lebte. Er spricht von oktologismoi, also acht bösen Gedanken, die den Mönchen von Dämonen eingeflüstert werden.

Patrologia Graeca Vol. 79 — De octo spiritibus malitiae tractatus — Über die acht Gedanken. Eingeleitet und übersetzt von G. Bunge. Würzburg, 1992. — Lat. / italien. Übersetzung > https://ora-et-labora.net/regoleevagrioottospiritilatit.html

Cassian († 430/35), Vierundzwanzig Unterredungen mit den Vätern (Collationes patrum), Fünfte Unterredung, welche die des Abtes Serapion über die acht Hauptlaster ist.

Acht Hauptlaster gibt es, welche das menschliche Geschlecht beunruhigen, nemlich das erste die Gastrimargie, welches bedeutet die Völlerei des Bauches; das zweite die Unzucht; das dritte die Philargyrie, d.i. der Geiz oder die Geldliebe; das vierte der Zorn; das fünfte die Traurigkeit; das sechste die Acedia, d.i. die Engherzigkeit oder der Überdruß des Herzens; das siebente die Cenodoxie, d i. die Prahlerei, das eitle Rühmen; das achte der Hochmuth.

Übersetzung in der Bibliothek der Kirchenväter, Kempten: Kösel 1877–1879.

Johannes Cassian. Unterredungen mit den Vätern – Collationes Patrum, Teil 1: Collationes 1-10 (= Quellen der Spiritualität 5), Münsterschwarzach: Vier-Türme-Verlag, 2011. [übersetzt und erläutert von Gabriele Ziegler; Einleitung von Georges Descoeudres] — Teil 2: Collationes 11 bis 17 [aus dem Griechischen übersetzt und erläutert von Gabriele Ziegler, mit Beiträgen von Georges Descoeudres und Terrence G. Kardong] (Quellen der Spiritualität, Band 9), a.a.O. 2014.

Johannes Cassianus, De institutis coenobiorum et de octo principalium vitiorum remediis (Von den Einrichtungen der Klöster und den Heilmitteln der acht Hauptlaster)
Übersetzung in der > Bibliothek der Kirchenväter

Gregor der Große (um 540–604), Moralia in Job XXXI,xlv,87 (Migne PL 76,620ff.) — hier sind es jetzt sieben Laster

lat. Text exercitus diaboli dux superbia, cujus soboles septem principalia vitia
> http://goo.gl/Yf5Ia

englische Übersetzung:
> http://www.lectionarycentral.com/GregoryMoralia/Book31.html – zu 87. gehen

Alcuin (735–804)

»De virtutibus et vitiis«, in: Migne, Patrologia Latina 101, 613–638
> https://mlat.uzh.ch/browser/8703

Hugo von Sankt Viktor († 1141)

»De fructibus carnis et spiritus«, in: Migne PL 176,997–1006

Thomas von Aquin (1225/6 – 1274), »Summa«, Prima Secundæ, Quæstio lxxxiv, Art. 4 (vgl. Kommentar in der Deutschen Thomas-Ausgabe, Band 12)

lateinisch: http://www.corpusthomisticum.org/sth2075.html – zu Quaestio 84 gehen

deutsche Übersetzung:
> https://bkv.unifr.ch/de/works/sth/...../summe-der-theologie/divisions/1443

Peter Suchenwirt's (ca.1320–1395) Werke aus dem vierzehnten Jahrhunderte. Ein Beytrag zur Zeit- und Sittengeschichte, hrsg. von Alois Primisser, Wien: Wallishausser, 1827.

> http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/content/pageview/172290

Nummer 40: Daz sind di syben todsünd

Heinrich von Langenstein († 1397), Erchantnuzz der sund. hg. P. Rainer Rudolf, (Texte des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit 22), Berlin: E.Schmidt 1969.

Des tüfels segi (ca. Anfang 15.Jh.)

Des Teufels Netz. Satirisch-didaktisches Gedicht aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts, hg. Karl August Barack (Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart, Band 70) Stuttgart 1863. (13’657 Verse, Zusammenfassung bei Barack S.440ff.)
> https://commons.wikimedia.org/wiki/File:BLV_070_Des_Teufels_Netz.pdf

Dialog zwischen einem Einsiedler und dem Teufel, der berichtet, mit welchen Mitteln der die Menschen verleitet. Bildlich: Er hat ein großes Fischer-Netz (mhd. segi, vgl. Idiotikon Band 7, Spalten 477f.), das von sieben Knechten aufgespannt wird, und die dem Teufel die Sünder fangen: Hoffart; Nid und Hasz; Geitikeit; Frashait; Zorn; Unkeüschait; Tragkait. Der Teufel zeigt sodann, wie er die 10 Gebote verehrt. Der Text geht in der Folge die einzelnen Stände und Berufe durch, die [beinahe] alle vom Teufel eingefangen werden.

Codex_Donaueschingen_113 (Wikipedia)

Die sieben Töchter Luzifers (Gedicht eines unbekannten Verfassers, ca. 1460/80): Als Luzifer gerade aus dem Himmel verstoßen worden war, nahm er vor Zorn eine Frau – alle großen Plagen sind nun einmal Spießgesellen – mit der er sieben Töchter Zur Welt brachte:

Do lucifer des ersten von dem hymel wart verstossen,
von zorn ein elich wyp er nam – All vnselld die vil großen,
doch gar wil sin genoßen –,
By der er syben töchter bar. Die erste hoffart ist genant, die ander heysset gyty,
die dryt vnkusch, die vierde zorn, die funft, die gienet wyty
[sperrt weit ihren Rachen auf: Gefräßigkeit]
die sehst, die heysset nydti,
die sybend tragkeit, merckent har!
Welch vnder in die beste sy, die gan er yedermanne wol.

[………]

Gedichte 1300–1500 nach Hss. und Frühdrucken hg. von Eva und Hansjürgen Kiepe (Epochen der deutschen Lyrik, Band 2), dtv 4016, München 1972, S. 315–317.

Aegidius Albertinus (1560–1620) 1616:

Lucifers Königreich vnd Seelengejäidt: Oder Narrenhatz. In acht Theil angetheilt.
Im Ersten wirdt beschriben Lucifers Königreich / Macht / Gewalt / Hofhaltung / Hofgesind / Officier vnd Diener / die Hoffertigen / Ehrgeitigen vnnd Fürwitzigen.
II. Die Geitzhälß / Wucherer / Simonisten Rauber &c.
III. Die Freser / Sauffer / Schwelger vnd Störtzer.
IV. Die Bueler / Hurer / Ehebrecher &c.
V. Die Neydhälß / Ehrndieb / Leut aneinander Knüpfer.
VI. Die feindselige / zornige Martialische Haderkatzen / Tyrannen vnd Rachgirigen.
VII. Die träge / faule / lawe / schläferige halsstarrige / vnbueßfertige / Melcancholische / trawrige / fantastische / vnsinnige verzweifelte Gesellen.
Im letzten wirdt das Orth der Verdampten beschriben / in welchen er die seinigen badet und butzet / vnd jhnen jhren verdieneten Lohn gibt. Durch Ægidivm Albertinvm, Fürstl. Durchl: in Bayrn Secretarium zusammen getragen. München / durch Nicolaum Henricum, MDCXVI.
> http://diglib.hab.de/drucke/xb-7859/start.htm

Es gibt  ❖ ❖ ❖ verschiedene Arten die Laster zu veranschaulichen:

  • metonymisch einen Lasterhaften darstellen, z.B. einen Trunkenbold (man denke auch an Molières »Avare«)
  • ein Exemplum zeigen, das von einem Laster handelt
  • allegorisch: Tiere stehen für Laster (der Bock für die Geilheit usw.)
  • Personifikation mit typischen Attributen
  • Kompositwesen eignen sich, um das ganze Set der 7 Laster darzustellen
  • Baum; eignet sich um das Hervorgehen des einen aus anderen Lastern zu visualisieren ..

❖ Exemplum

 

BSB Clm 13002 (Ausschnitt unten rechts)
> https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00104093?page=8

Ahab wurde unter dem Einfluss seiner Ehefrau Isebel zum Götzendiener (Baalskult) usw. In einer Schlacht wird er von einem Pfeil getroffen.

Elia prophezeit: ›Die Hunde sollen Isebel an der Vormauer von Jisreel fressen‹ (1.Könige 21,19 und 2.Könige 9,7-37), was dann auch geschieht.

In der Apokalypse (2,20) wird Isebel als Protagonistin des Götzendiensts genannt; sie verführt dazu, Unzucht zu treiben und Götzenopferfleisch zu essen (Vg.: fornicari, et manducare de idolothytis). Aus diesem Grunde sagt hier VOLVPTAS im Spruchband: Sic tibi ludo ≈ so treibe ich es mit dir.

 

Georg (Jörg) Wickram (ca. 1505 – ca. 155/60) verfasste 1558 eine umfangreiche Laster-Lehre, die mit lauter biblischen Exempeln veranschaulicht wird. Hier David für das laster der tragkeit (Fol. xcj); David wird als verdrossener, träger Mann dargestellt, der nach einem Mittagsschläfchen vom Fenster seines Palasts aus zufällig die badende Batseba sieht usw. (1.Kön. = 3.Reg 2,19):

Die Siben Hauptlaster/ sampt jren schönen früchten vnd eygenschafften : EJn schönes vnd kurtzweiliges Büchlin/ Jn welchem begriffen werden die Siben Hauptlaster/ sampt ihrem vrsprung/ was grosser geferligkeit aus einem yeden entsprungen ... zůsammen getragen vnd an tag geben/ Durch Georg Wickram von Colmar/ diser zeit Statschreiber zů Burckhaim. Gedruckt zů Strassburg/ Jn Knoblochs Druckerey. [Im Kolophon:] Jm jar/ M.D.LVIII.
> https://katalog.ub.uni-leipzig.de/Record/0-1137209925

Theodoor Galle (Antwerpen, 1571–1633)

> https://www.britishmuseum.org/collection/object/P_1862-0712-301

Adam und Eva im Zentrum sind umgeben von 7 Rundbildern mit biblischen Exempla:

  • SVPERBIA: Der Engelsturz (Jes 14,12)
  • AVARITIA: Ananias und Saphira (Apg 5)
  • GVLA: ein feister Mann (1 Reg = 1 Samuel 25?)
  • ACEDEA: Salomon über die Müßiggänger (Prov = Spr 6,6–15)
  • INVIDIA: Joseph und seine Brüder (Gen 37)
  • IRA: Kain erschlägt Abel (Gen 4)
  • LVXVRIA: Das lüsterne Paar Zimri und Kosbi wird von Phinehas erstochen (Num = 4 Mos 25)

Dante imaginiert im »Purgatorio« einen Aufstieg auf einen gestuften Bergkegel, wo die Büßer geläutert werden, d.h. Reste der Unreinheit aus den Seelen entfernt werden, einerseits durch dem Laster entsprechende Plagen (contrapasso), anderseits durch die jeweils entgegengesetzte und dabei heilende Tugend.

Büßer sind sowohl Übeltäter:innen aus der Bibel und der christlichen sowie aus der heidnisch-antiken Mythologie (zum Teil sind sie als Statuen/Bilder vergegenwärtigt vgl. 10.Gesang, 28ff.; 12.Gesang, 1ff.), aber auch zeitgenössische Gestalten, mit denen Dante abrechnet bzw. die er lobt.

aus einer Ausgabe Venedig 1568
> https://digitaldante.columbia.edu/image/digitized-images/

Dante folgt den 7 Hauptlastern:

1. Kreis (10.–12.Gesang): Hochmut
2. Kreis (13.–14.Gesang): Neid
3. Kreis (16.–17.Gesang): Zorn
4. Kreis (18.Gesang): Trägheit des Herzens
5. Kreis (19.–21.Gesang): Geiz, Habsucht, Verschwendung
6. Kreis (22.–24.Gesang): Gier, Schlemmerei
7. Kreis (25.–27.Gesang): Wollust

❖ Personifikationen


••• De superbiae conflictu et humilitatis (das steht im Text auf der folgenden Seite). Mitten unter acht nach unten (!) vordringenden Lastern kauert demütig Humilitas; stürzt Superbia über sie?– Und die drei Engel oben schauen zu?

Bibliothèque nationale de France. Département des Manuscrits. Latin 2077 Fol 163: recto (Lieu de fabrication : Moissac. Abbaye Saint-Pierre; 11. Jahrhundert)
> https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b105254751/f333.item

••• Hieronymus Bosch

Web Gallery of Art http://www.wga.hu/frames-e.html?/html/b/bosch/index.html

Hieronymus Bosch (ca. 1450 – 1516). Sieben Hauptsünden (ca. 1480), Museo del Prado, Madrid – Detail: Gula (Schlemmerei) wird dargestellt durch Personen, die ihr frönen.

••• Cesare Ripa (um 1555– 1622) ist der Spezalist für Personifikationen, vgl. die spezielle Seite zu ihm. Hier aus der ersten illustrierten Ausgabe (1603) der Zorn:

Iconologia. Overo descrittione di diverse imagini cavate dall'antichità, e di propria inventione trovate et dichiarate da Cesare Ripa […] Di nuovo revista. Roma: Lepido Faci, 1603.

> http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/ripa1603

Ripas Buch wurde oft neu aufgelegt und kopiert und übersetzt. Hier eine deutsche Ausgabe:

Herrn Cæsaris Ripa … erneuerte Iconologia oder Bilder=Sprach, Worinnen Allerhand anmuhtige Außbildungen, von den fürnehmsten Tugenden, Lastern, menschlichen Begierden, Wissenschafften, Künsten, Lehren [...] erklähret werden. Allen Rednern, Predigern, Poeten, Kupfferstechern, Mahlern, Bildhauern, Reissern, und dergleichen Künstlern ins gemein [...] so hoch-nützlich, als ergötzlich, zu gebrauchen, Franckfurt: Serlin 1669 und 1670.

> http://archive.org/stream/herrncaesarisrip00ripa#page/n6/mode/1up

> http://diglit.ub.uni-heidelberg.de/diglit/ripa1669ga

••• Hier handhabt die Wollust ausgelegte Schlingen, mit denen sie aktiv die närrischen Personen einzufangen sucht:

Holzschnitt von Tobias Stimmer (1539–1584) in:

Welt Spiegel/ oder Narren Schiff darinn aller Ständt schandt vnd laster/ vppiges leben/ grobe Narrechte sitten/ vnd der Weltlauff/ gleich als in einem Spiegel gesehen vnd gestrafft werden: alles auff Sebastian Brands Reimen gerichtet; Aber/ Wie vil andern herrlichen/ Christlichen/ auch nutzlichen Lehre/ Exempeln vnd vermanungen zu einem Ehrbaren vnd Christlichen Leben; Sampt gewisser Schellen abtheilungen/ dardurch eines jeden Standes laster zuerkenen / Weilandt Durch den hochgelerten Johan. Geyler in Lateinischer sprach beschrieben. Jetzt aber mit sonderm fleiß auß dem Latein inn das recht hoch Teutsch gebracht/ vnnd erstmals im Truck außgangen/ Durch/ Nicolaum Höniger von Tauber Königshoffen, Basel: Heinricpetri 1574.

❖ Personifikation mit Exemplum kombiniert

 

••• LUXURIA aus der Serie der 7 Laster von Maarten de Vos / Crispijn de Passe d.Ä.:

> https://www.britishmuseum.org/collection/object/P_D-6-67

Omnia peruertit Veneris vesana Libido ... ≈ Die unsinnige Geilheit der Venus richtet alles zugrunde …

Der Ziegenbock auch bei der Luxuria von Jacques CallotDer Bock ist ein geil thier/ alle zeyt gerüst zuo der üppigkeit/ vnd von der üppigkeit schilet er [blickt er begehrend] überort [übers Ziel hinaus]. (Konrad Gessner, Thierbuch, 1563; s.v. Hircus / Bock)

Im Hintergrund biblische exemplarische Szenen, angeschrieben

  • links mit 2 Regum 13 (≈ 2.Samuel 13,14: Amnon vergewaltigt seine Halb-Schwester Tamar)
  • rechts mit Numeri 25 (Als sich Israel in Schittim aufhielt, begann das Volk mit den Moabiterinnen Unzucht zu treiben. 4.Mos 25,1ff.)

••• INVIDIA kombiniert mit dem Exemplum des Perillus in einem Emblem von Otto van Veen (1556–1629). Das Tertium comparationis ist die selbstverursachte Pein des Missgünstigen.

Zum Bild wird zitiert wird Horaz, Episteln I,ii,57f.:

invidus alterius macrescit rebus optimis;
invidia Siculi non invenere tyranni
maius tormentum

Der Neidische magert angesichts der fetten Güter eines anderen ab; im Vergleich mit dem Neid erfanden die sizilischen Tyrannen*** keine größere Folterqual.

Q. Horatii Flacci emblemata. Imaginibus in æs incisis, notisque illustrata, studio Othonis Væni, Batauolugdunensis. Antverpiæ ex officina Hieronymi Verdussen 1607. I,29.

• Bei dieser Darstellung der personifizierten Invidia sind verschiedene mythologische Geschichten kombiniert: Sie hat Schlangenhaare (Kontamination mit dem Medusenhaupt?) und frisst ihr eigenes Herz (nach et carpitur una ≈ sie nagt an sich selber; Ovid Metamorphosen II, 781f.)

Auch Jacques Callot stellt sie so dar (ca. 1621)

• (zu ***) Valerius Maximus IX,ii, ext.2: Perillus (Πέριλλος) war ein Künstler in Metallarbeit in Athen, der für den Tyrannen Phalaris in Agrigent einen ehernen Stier mit hohlem Leibe verfertigte, in den Verbrecher gesteckt und durch untergelegtes Feuer gebraten werden sollten. Der Künstler wurde vom Tyrannen genötigt, zur Probe selbst in den Stier zu kriechen, und kam so ums Leben. (vgl. auch Plinius, nat. hist. XXXIV, xix, 89; Cicero, de officiis II, vii, 26; Gesta Romanorum, Kap. 48 mit der Bemerkung: Und wenn nun die Menschen selbst wegen der Bitterkeit des Todes in dem Stiere schreien würden, so würde man ihre Stimme nicht für eine menschliche, sondern für die eines Tieres halten, damit so der Kaiser auf keine Weise zum Mitleid bewegt würde.)

Hier diese Szene bei Jacob Zetter, Speculum virtutum & vitiorum. Darinnen nicht allein Tugend und Erbarkeit/ Zucht und gute Sitten/ Wie auch Laster/ und Untugend/ sondern auch der Welt mores, artig und anmühtig/ Beydes durch Kunstreiche Kupffer/ als auch artige Teutsche Historische und Moralische Reimen werden abgemahlet und fürgebildet, Francofurti: Zetter 1644:

••• Eine andere Parallele kennt Gottfried Eichler d. J. (1715–1770), der die »Iconologia« von Cesare Ripa weiterentwickelt hat:

Des berühmten Italiänischen Ritters, Cæsaris Ripæ, allerleÿ Künsten, und Wissenschafften, dienlicher Sinnbildern, und Gedancken, Welchen jedesmahlen eine hierzu taugliche Historia oder Gleichnis beÿgefüget. dermahliger Autor, und Verleger, Joh. Georg Hertel, in Augspurg [ca. 1760], I,57
> http://archive.org/details/parsidesberuhmte00rip

• Hier steht im Hintergrund die Szene Genesis 37,3ff.

Der Neid.

Ioseph durch Brüder Haß zur Schand
verkauft wird in Egypten land.

❖ Tiere

Boethius (*um 480/485; † zwischen 524 und 526), Consolatio Philosophiae IV, prosa 3

Wie sich nun aber jeder durch seine eigene Tugend über die Menschheit emporheben kann, so muß andererseits die Nichtswürdigkeit diejenigen, die sie der menschlichen Natur beraubte, auch unter die menschliche Würde herabdrücken und erniedrigen, so dass du den durch das Laster Entstellten fürder nicht mehr für einen Menschen halten kannst. Brennende Habsucht verzehrt den Geizigen, den gewalttätigen, rastlosen Räuber fremder Güter. Mit einem Wolfe wirst du einen solchen Menschen füglich vergleichen! Der Wilde und Unruhige, der seine Zunge nur zum Zanken und Streiten gebraucht, wird dir einem kläffenden Hunde, der heimliche Fallensteller aber, der gern betrügerisch im Trüben fischt, einem Fuchse ähnlich erscheinen. Wer in unmäßige Zornausbrüche verfällt, zeigt die Natur eines Löwen, die eines Hirsches dagegen, wer furchtsam und stets fruchtbereit vor den ungefährlichsten Dingen erzittert. Dem Esel ähnelt der Träge und Stumpfsinnige. Wer leichtsinnig und flatterhaft fortwährend seine Interessen wechselt, unterscheidet sich tu nichts von den Vögeln, und derjenige endlich, der in gemeinen und schmutzigen Fleischeslüsten versunken ist, der ist in seinen wüsten Begierden dem unreinen Schweine verwandt! So kommt es, daß derjenige, der die Rechtschaffenheit aufgegeben und damit zugleich aufgehört hat ein Mensch zu sein, nun, da er sich zum göttlichen Wesen nicht emporzuschwingen vermochte, schmachvoll zu den Tieren hinabsinkt! 
> http://www.zeno.org/nid/20009159215

17 Auaritia feruet alienarum opum uiolentus ereptor: Lupis similem dixeris. 18 Ferox atque inquies linguam litigiis exercet: Cani comparabis. 19 Insidiator occultus subripuisse fraudibus gaudet: Uulpeculis exaequetur. 20 Irae intemperans fremit: Leonis animum gestare credatur. 21 Pauidus ac fugax non metuenda formidat: Ceruis similis habeatur. 22 Segnis ac stupidus torpet: Asinum uiuit. 23 Leuis atque inconstans studia permutat: Nihil auibus differt. 24 Foedis immundisque libidinibus immergitur: Sordidae suis uoluptate detinetur. 25 Ita fit ut qui probitate deserta homo esse desierit, cum in diuinam condicionem transire non possit, uertatur in beluam.

> http://www9.georgetown.edu/faculty/jod/boethius/jkok/4p3_t.htm

Herrad von Landsberg, Currus Avaritiae

Text Nr. 282: Die Inschriften auf den Streifen im Bild:

Hic est currus Avaricae cui contrarius est currus misericordiae.Dies ist der Wagen des Geizes, von dem der Wagen der Barmherzigkeit das Gegenstück ist.
Avaricia id est diabolus.Der Geiz, das ist der Teufel.
Tridens crowel; tridens est fuscinula cum tribus dentibus.Der Dreizack [deutsche Glosse crowel] ist eine Gabel mit drei Zähnen.
Avaricia dicit: Lingo fraude quasi vulpes dolo vel vi sectans lucra rodo ut leo crudelis.Der Geiz sagt: Ich lecke mit Tücke wie der Fuchs mit Arglist oder mit Gewalt benage ich den Gewinn wie der grausame Löwe.
Fraus est vulpes.Der Fuchs ist [bedeutet] die Tücke.
Ambitio est leo.Der Löwe ist die Ruhmsucht.
Male vivit sordida cultu Avaricia et tenet in manu tridentem propter rapacitatem.Übel lebt in schmutziger Lebensart der Geiz und hält den Dreizack in der Hand wegen seiner Raubsucht.
Sordititas est sus.Die Sau ist der Schmutz.
Avaricia gaudet de morte propinqui.Der Geiz freut sich über den Tod des Nächsten.
Philargiria, id est incontinens appetitus acquirendi, est vultur.Der Geier ist die Geldgier, das heisst der unersättliche Hunger zu raffen.
Male parta tenax male servat Avaricia.Das schlecht Erworbene hortet der zähe Geiz übel.
Tenacitas latrans ut canis.Die Habsucht bellt wie der Hund.
Terret clamore minisque Avaricia.Durch Lärm und Drohungen setzt der Geiz in Erschrecken.
Violentia est ursus.Der Bär ist die Gewalt.
Rapit omnia nec saciatur Avaricia.Der Geiz raubt alles und wird nicht gesättigt.
Rapacitas est lupus.Der Wolf ist die Raubsucht.
Fenum id est lucra mundi vorat ut bos avaricia.Der Neid verschlingt Heu, das heisst den Reichtum der Welt wie ein Ochse.
Fames acquirendi est bos.Der Ochse ist der Hunger des Ergatterns.

Der Codex des »Hortus deliciarum« ist bekanntlich bei der Beschießung Straßburgs durch die deutschen Truppen im Jahre 1870 in der Stadtbibliothek verbrannt. Glücklicherweise wurden vorher viele Seiten abgezeichnet, so dass man ihn einigermaßen rekonstruieren konnte. Eine erste wissenschaftliche Ausgabe haben Straub und Keller gemacht: Hortus deliciarum, publié aux frais de la Société pour la conservation des monuments historiques d’Alsace; texte explicatif commencé par Alexandre Straub et achevé par Gustave Keller, Strasbourg 1879–1899. Die Blätter mit dem Currus avaricię und dem Currus misericordiæ wurden (gemäß einer Notiz auf einer Banderole dort) A° 1795 gezeichnet; der Graphiker hat die Schrift des 12.Jhs. in eine moderne umgesetzt.

Literaturhinweise speziell hierzu:

Moderne Ausgabe: Herrad von [Landsberg, Äbtissin von] Hohenburg, († ca. 1196), »Hortus deliciarum«, ed. Rosalie Green, M. Evans, C. Bischoff, M. Curschmann, (Studies of the Warburg Institute 36), 2 vols., London / Leiden 1979.

Gérard CAMES, A propos de deux monstres dans l'Hortus deliciarum, in: Cahiers de civilisation médiévale, 11e année (n°44), Octobre-décembre 1968. pp. 587-603

Gérard CAMES, Allégories et Symboles dans l’Hortus Deliciarum, Leiden 1971.

Michael CURSCHMANN, Texte – Bilder – Strukturen, Der »Hortus Deliciarum« und die frühmhd. Geistlichendichtung, in: D.Vj.S 55 (1981), S. 379–418.

Stefan MATTER, Sordiditas est sus. Zur Bedeutung des Teufelsschweins im Weltgericht des Westportals von St. Nikolaus in Freiburg i.Üe.; in: ZAK = Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 63/4 (2006), S. 261–276
> http://dx.doi.org/10.5169/seals-169764

Heike WILLEKE, Ordo und Ethos im Hortus deliciarum. Das Bild-Text-Programm des Hohenburger Codex zwischen kontemplativ-spekulativer Weltschau und konkret-pragmatischer Handlungsorientierung, Diss. Hambug 2003, bes. S. 411ff.
> https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/1403

Stephan Fridolin (O.F.M., ca. 1430–1498)

Der Schatzbehalter oder Schrein der waren reichtümer des hayls vnd der ewigen seligkeit, Nürnberg: Anton Koberger 1491.
> http://tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/inc-iv-440/0001

Die 66. Figur stellt einerseits 5 Eigenschaften Christi dar (Elefant ≈ Tapferkeit; Turteltaube ≈ Jungfräulichkeit; Lamm ≈ Sanftmut usw.). anderseits die Laster:

Die tier. die an den herren fallen. reissen vnd peissen. bedeüten die eigenschaft seiner feind … die yne verfolgten. die neidig vnd vnschamhafftig waren. als die hund. betriegenlich vnd arglistig. als die füchß. begyrig der süssigkeit vnd wollust des fleischs. als der bere. fressig vnd grimmig. als die wolff. wüest vnd vnrein als die schwein. hohtragend. mutig vnd gehertzt. als die leben. gewappet mit gewalt. als ein eynhornn. ¶ Sie waren auch spöttig als die hetzen. oder agerlaster. vnkeüsch als die spercken. vnrein als die widehopfen. diebisch vnd fressig als die raben. hert vnd untrew. als die straussen. vnbarmhertzig als die eülen. blödsichtig als die feldermeüß. die in der tunckeln als in dem tieffen abent gesehen. aber gegen den liechtigen tag sind sie plind. [usw.]

Literatur hierzu: Dominik Bartl: Der Schatzbehalter. Optionen der Bildrezeption. Dissertation, Universität Heidelberg 2010. > http://www.ub.uni-heidelberg.de/archiv/10735

 

Der Teufel und die 7 Laster auf ihren Reittieren:

Holzschnitt ca. 1480/90; aus der Graph. Sammlung Albertina Wien, Inventarnummer DG1930/202
> Permalink
Auch in: Blockbücher des Mittelalters. Bilderfolgen als Lektüre, Gutenberg-Museum Mainz 1991.

Die Tiere können auch scheusslich gestaltet sein – womit wir schon bald bei den Kompositwesen sind:

Auf einem Holzschnitt von Hans Burgkmair (1473–1531):

Die siben hauptsünd die da bedeüt sind bey den siben gaistlichen schwerten/ mit denen der böß veind der teüfel/ die seelen der menschen schlecht [schlägt]/ verwundet vnd ertädtet/ wie man jm durch das gotswort widerwör thuon soll vnd angesigen …

in: Johannes Geiler von Kaysersberg (1445–1510), Das Buch Granatapfel. im latin genant Malogranatus; helt in ym gar vil und manig haylsam vnd süsser vnderweysung vnd leer ... Augspurg: Hans Otmar 1510 [unpaginiert; vor Bogen aa ij ]
> https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11204762?page=326

Auf dem Titelblatt einer gedruckten Ausgabe von Wilhelm Peraldus:

Die sieben Laster in den Medaillons mit entsprechenden Werkzeugen — Christus steht auf dem überwundenen sieben-köpfigen Monster aus der Apokalypse; darunter der Vers Apc 2,17: Vincenti dabo manna absconditum. (Wer siegt, dem werde ich das verborgene Manna [die Himmelsspeise] geben).

Guilielmi Peraldi … Summæ virtutum ac vitiorum tomus scundus … Coloniæ Agrippinæ, sumptibus Antonij Boëtzeri, M.DC.XIV.

❖ Kompositwesen

Statt die die Laster darstellenden Tier einfach additiv aufzureihen, kann man sie in einer einzigen Figur bündeln, dann entsteht ein Kompositwesen. So eine Figur ist interessant anzusehen, zieht die Blicke auf sich und ist gleichzeitig ein abschreckendes Scheusal. Beides passt dem Moralprediger ins Konzept.

Der siebenköpfige Drache der Apokalypse (13, 1–8 oder 17,3) wurde von einem mittelalterlichen Exegeten auf die sieben Hauptlaster bezogen:

Honorius Augustodunensis (1. Hälfte des 12.Jhs.) in einer in einer Predigt zum Tag des den Drachen bezwingenden heiligen Michael:

De quo dracone surgunt VII capita, quia de fonte diabolo oriuntur VII principalia vicia:

  • primum est superbia cum homo cor suum exaltat et Domini Dei sui praecepta transgrediendo calcat. Haec est initium omnis peccati, separans animam a consortio Dei, iniens [uniens] eam corpori diaboli.
  • Secundum est invidia, cum quis invidet alium habere quod ipse solus vellet possidere. Per hanc mors in orbem terrarum intrasse dicitur, per hanc membrum diaboli efficitur.
  • Tercium est inanis gloria, cum quis laborat vanitate hujus mundi florere et cuncta opera sua facit pro humano favore. Hii in futura vita partem non habebunt, quia hic mercedem suam receperunt.
  • Quartum est odium, quod est spirituale homicidium. In morte enim qui proximum non diligit, et homicida est qui odit fratrem suum.
  • Quintum est avaricia, cum tantum terrena congregat et in his spem suam collocat. Haec est radix omnium malorum, quia est servitus idolorum.
  • Sextum est crapula, cum quis tantum gulae illecebris deservit, et omne studium ventri ut porcus impendit. Quorum autem corda hic crapula gravantur, illic cum divite in flamma arescentes cruciantur.
  • Septimum est luxuria, cum quis tantummodo inmundiciae sordibus se involvit et templum Dei qualibet spurcicia polluit. Horum dulcedo vermis dicitur et Dominus ignem et vermem super carnes eorum daturus scribitur. (Patrologia Latina, 172, 1010)

Bei diesen Kompositwesen ist das Ganze ist nicht mehr als die Summe der Teile. Sie machen keine neue Aussagen über das Wesen der Laster. Der Informationswert ist ein mnemotechnischer: so bleiben die Laster besser im Gedächtnis. – Selstamerweise werden auch Tugend-Allegorien mit solchen Kompositwesen dargestellt, die sind zwar ebenso scheusslich, sollen aber doch positiv verstanden werden...

••• In einem aus dem 2. Viertel und Ende des 11. Jh. stammenden Codex mit lateinischen geistlichen Texten ist ein Blatt (fol. 63r) mit zwei Kompositwesen eingefügt, welche das Ensemble der Sünden bedeuten. (Wir betrachten nur eines der beiden.)

BSB (Clm 18158)
> https://www.bavarikon.de/object/bav:BSB-HSS-00000BSB00065181?lang=de

Die drei Verse bilden das Kompositwesen in drei Registern ab: der erste Vers nennt die dargestellten Tiere; der zweite Vers reiht die entscheidenden Körperteile auf; der dritte die allegorisch bedeutsamen Tätigkeiten – vertikal gelesen bilden die Wörter jeweils einen Satz, zum Beispiel cervus cornu peto. Die Körperteile sind im Bild (mit. sog. Tituli) mit der allegorischen Bedeutung angeschrieben (unten in der Tabelle grün). Der Text stimmt indessen nicht genau mit dem Bild überein: Das gezeichnete Wesen hat keine Vogelflügel. Auch ist eine der Beschriftungen falsch: Der Bauch ist mit venter bezeichnet, das ist ein Signifians, kein Signifikat.



Es gibt noch weitere solche mittelalterliche Darstellungen (vgl. den Aufsatz von Curschmann 1989):

Herrad von Landsberg, »Hortus deliciarum« (ed. Green / Evans / Bischoff / Curschmann, London / Leiden 1979: Abb. 339 = Fol. 255 verso)

Badische Landesbibliothek Karlsruhe, Cod. Aug. perg. 60

> urn:nbn:de:bsz:31-39404

••• Handschrift der ÖNB cod. 370, fol. 155v

(reproduziert bei Lutz 1991, Abb. 35)

Im Digitalisat > http://data.onb.ac.at/rec/AL00166065 Scan 322

  • superbia ≈ Pfauenkrone
  • avaritia ≈ zusammengehaltener Geldbeutel
  • luxuria fehlt
  • ira ≈ Pfeilbogen
  • gula ≈ Wolfskopf mit aufgerissenem Rachen
  • invidia ≈ Schlange, die (sich) ins Bein beisst
  • acedia ≈ Vogelbein (unklar; welcher Vogel ist faul?)

••• Im British Museum ist ein Einblattdruck aus dem Ende des 15. Jhs. überliefert:

 

https://www.britishmuseum.org/collection/object/P_1865-0708-92

Der zugehörige Text ist nicht gerade ein dichterisches Meisterwerk; er ist dem »Speculum humanae salvationis« des Konrad von Helmsdorf entnommen (hrsg. von Axel Lindqvist, Berlin 1924 = DTM 31, Verse 4597ff.), wobei aber einige Fehler unterlaufen sind

Es wird nicht der klassische Kanon der Sieben Laster durchgenommen: Es fehlen die Gefräßigkeit (*gula) und der Zorn (*ira), dafür kommt die Unstetigkeit vor. Der Text stimmt  nicht völlig mit dem Bild überein. Der Kranichfuß hat kein Pendant im Siginifikat-Bereich, und der im Bild sichtbare Hund ist vergessen gegangen – in der Fassung des Konrad von Helmsdorf bedeutete er den Neid und die Gefräßigkeit  (*invidia, *gula). Die Figur trägt kein Eselshaupt, wie der Text besagt, sondern eine Arte Esels-Brosche. Die allegorischen Deutungen der beiden (Fledermaus-)Flügel als Ruhm und Lob gehört nicht ins Muster der sieben Sünden. Die Bezeichnung der welt figur bezieht sich auf den Globus, den das Wesen in den Klauen hält, und müsste übersetzt werden als ›Beherrscherin der Welt‹; dabei mag die Symbolik der Labilität der auf einer Kugel balancierenden Fortuna mitschwingen. In <…> stehen Ergänzungen.

Schowent hie jung vnd alt
Der welt figur vnd ir gestalt
Wie gar betrogen ist ir end
Dis sehent ob ir wend
[wenn ihr wollt]
Si treit [trägt] ein kron von fedren zart
Das betütet ir hochfart
[*superbia]
Die si mit mäniger üppikeit
Hat iren dieneren uf geleit
[aufgesetzt]
Ir gröste fröid an hochfart lit [liegt]
Was nun yetz lebt in der zit
Das trencket sy mit irem tranck
Das betütet sy on allen wanck
Ir süchte vnd vnreynikeit
Vnd ir vil große vnküscheyt
[*luxuria]
Damit tuot sy erlaffen [träge machen]
Münch leygen vnd pfaffen
Damitt ir eygenschafft
Alle mit vnküsch sint behafft

Das esels houpt das sy treit
Das betütet tragheit
[*tristitia / acedia]
Als ein esel von recht hat
Die welt nie nie so träg wart
An gottes dienst das sicht man wol
All dis welt ist tragheit vol

----
Den kräwel [Kralle] den die welt treyt
Das betütet gitikeit
[*avaritia]
Damit sy an sich ziehen kan
In diser zit nun wyb vnd man
Menglich stot Jn synnen
Wie es guot well gewynnen
Es syg mitt recht oder nit
Das ist alles
<worden> quidt [~ gleichgültig]
Guot nymet <man> für ere
Des schempt man sich nitt mere

¶ Vnd schwebt mit zweyen fettich [Flügel] ob
Das ist ir ruom vnd ir lob

Das tuoch das die welt vmb treyt
Das betütet ir vnstetikeit
[* kein Pendant in der klass. Lasterlehre]
Vnd stat uff eines kranchen [Kranich] fuos
Vnd weist nit wenn sy fallen muos
So der todt kumpt vnd sy bisset
Vnd ir hochfart nider schlißet
[zerstört]
Dann sint betrogen gar ir kint
Die sy tuot gesehend blint
[die sie, obwohl sie sehen, verblendet]
Söllich end die welt hat
Der ir nit dient ist min rat

Bereits der Codex 352 der Kantonsbibliothek St.Gallen Vadiana (um 1400) enthält dieses Bild:

> https://www.e-codices.unifr.ch/de/vad/0352-1-2/97/0/

••• Hans Sachs, Die böß gesellschaft

Hans Sachs schreibt, dass er eines Nachts darüber nachdachte, worin die Ursache liege, dass die Laster – er zählt viele auf – überhand nähmen, vor allem bei jungen Leuten; da wird er in einen Traum entrückt. Er befindet sich in einem Röhricht an einem See. Da hört er

Ein wunder-erschröckliche bildnuß.
Das ob der gürtel war gantz weiblich,
so freundlich, das es ist unschreyblich.
Das trug ein gflügelt helmelin,
gelentzet als der stahel schin.
Die recht hand im abghawen was.
Auff seyner lincken hand da sas
Ein schlang mit fewerglastig augen,
Sein marck und blut darauß zu saugen.
So het auch dieses bild nachmals
Ein narren-kappen an dem hals.
Auch hets zwen tracken-flügel lang
Im ruck, darmit das bild sich schwang.
Undter der gürtel da hets ein furm
[ein Aussehen]
Grawssam, gleich eynem lindtwurm.
Dem bild an eyner langen ketten
On zal menschen nachfolgen theten,
Die es fürt in ein tieff gemöß.
Das bild widerumb mit gedöß
Kert sein weg gen dem walde stumpff
Und ließ sie stecken in dem sumpff.
Das volck ward durch eynander krablen,
Hülfloß verderben und verzabeln.

Darüber erwacht der Träumer und denkt: Das bedeutet die böß gsellschafft, (etwa: der schlechte Umgang; das Zusammensein mit schlechten Menschen) welches die jungen Leute verführt.

Bild: Holzschnitt von Peter Flötner 1533 > http://www.zeno.org/nid/20004014561

Und er legt neun Eigenschaften aus:

  • Der schöne Frauenleib bedeutet, dass sich die bG zunächst freundlich zeigt.
  • Der Helm bedeutet, dass die bG sich zuerst als stark und hilfreich anpreist.
  • Die fehlende recht Hand bedeutet, dass in bG die rechte Treue fehlt.
  • Die schlangenumwundene linke Hand bedeutet, dass in der bG Betrug und Hinterlist verborgen ist, dass der Eigennutz alles Vertrauen ›aussaugt‹.
  • Die Narrenkappe bedeutet, dass die bG in Leichtfertigkeit endet.
  • Die Drachenflügel bedeuten, dass die bG zu lasterhaftem Handeln verhetzt.
  • Der Lindwurmschwanz bedeutet, dass die bG mit Spott, Nachrede, Lüge vergiftet ist.
  • Die Kette bedeutet, dass die Mitglieder der bG in Gewohnheit verstrickt sind.
  • Der sumpf, in den die bG führt, bedeutet, dass sie ihre Anhänger in Trübsal und Schande führt.

Es folgt eine lange Moralisation, man möge bulerey, spiel, wein, leybes wollust meiden und die Gefährten klug auswählen.

Hans Sachs, »Die böß gesellschaft mit iren neun aygenschafften« [27. September 1533], in: Werke, hg. Adalbert von Keller, Band 3, S. 444–449 (Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart 104), 187.

••• Hans Sachs (Text) / Georg Pencz (Holzschnitt), Das feindtselig laster/ der heymlich Neid/ mit seinen zwelff aygenschafften 1534:

Das ganze Flugblatt mit dem Test der Auslegung der zwelff aygenschafften hier > http://images.zeno.org/Kunstwerke/I/big/HL20965a.jpg

[12] Endtlich das von dem bild ist woren [?]
Ein gifftig S[c]orpion geboren
Bedeutet wo der neyd regirt
Er eytel teüfflisch fürcht gepirt
Nachred/ eer abschneyden vnd liegen [lügen]
Verreterey/ todtschlag vnd kriegen
Auffruͦr/ vnd fal der regiment
Neyd gepirt ein verderblichs endt.

••• Johannes Busaeus (Jean Buys; 1547–1611), Titelblatt zur Heilkunst von Seelenkrankeiten

Παναριον, hoc est, Arca medica variis diuinæ Scripturæ priscorumque patrum antidotis aduersus animi morbos instructa, ... Moguntiæ : Apud I. Albinum, 1608 https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10363692?page=1

••• Mitunter feiert das Spiel mit der Kombination von Elementen aus verschiedenen Sphären munter und generiert wirre Figuren:

Jacob von der Heyden (1573–1645), aus der Serie der 7 Todsünden
> British Museum number 1850,0223.476

Der Text zur Pigritia stellt nur Fragen: Quid lepus et cander? Vermes? Stramen? et illa vascula fœda? und sagt dann, dass damit der Faule bedeutet werde....

Im Hintergrund realistische Szenen: zur Ira ein Totschlag — zur Pigritia zwei am Boden auf Kissen Liegende.

Das Bild wurde – ohne dass der Text deutlichere Erklärungen hergäbe – kopiert von Jacques Lagniet (ca.1620–1675) in: Recueil des plus illustres proverbes, divisés en trois livres, le premier contient les proverbes moraux, le second les proverbes joyeux et plaisans, le troisième représente la vie des Gueux en proverbes... mis en lumiere par Iacques Lagniet a Paris [undatiert]
> https://archive.org/details/recueildesplusil00lagn

> https://hdl.handle.net/2027/gri.ark:/13960/t41r73q7g

❖ Laster-Baum

Die Vorstellung eines Baums ist entwickelt aus der Metapher Denn die Gier ist eine Wurzel alles Bösen (1 Timoth 6,10) und Die Gottesfurcht ist die Wurzel der Weisheit (Ecclesiasticus 1,25) unter Einbezug des Gleichnisses von den guten und schlechten Früchten (Matth 7,15–20).

Quelle: Konrad von Hirsau, »Speculum virginum« (vor 1200)
> http://krapooarboricole.wordpress.com/page/232/

Conrad of Hirsau's Speculum Virginum, Tree of Vices, Walters Art Museum Ms. W.72 –
> http://www.flickr.com/photos/medmss/5756232164....../lightbox/

British Library, Arundel 44, fol 28v: Tree of Vices –
> http://www.bl.uk/catalogues/illuminatedmanuscripts/.....6975

L'Arbre des vices, vers 1300, Paris, BNF, ms. fr. 9220, fol. 6r.
> https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b53138414w/f15.item

Vgl. auch http://www.enzyklopaedie.ch/....trees_of_knowledge.html#Laster

Hier sind die Laster säuberlich in taxonomischer Ordnung aufgelistet:

Le Kalendrier des Bergers (1493)
> https://gallica.bnf.fr/ark:/btv1b86267664

❖ Laster-Wagen

Im Anhang zu Ulrich von Lilienfeld, Concordantiae Caritatis (nach 1351) wird ein Tugendwgen (der in den Himmel führt) und ein Lasterwagen dargestellt. Hier der Lasterwagen (Fol. 255 r; vgl. den Kommentar in der Edition, S. 527)

Buch Exodus [2.Mos. 14,22–29]: Die Wagen Pharaos und sein Heer versenkte er [Gott] im Meer. Die Wagen, d.h. die Pracht des Pharao, d.h. des Teufels, versenkt der Herr mit seinem Heer, das alle Bösewichter bilden, im Meer, wenn Gott sie in die Hölle stürzt und dort begräbt.

Das erste Pferd dieses Wagens aber ist der Irrglaube; denn wer nicht glaubt, ist schon gerichtet.

Das zweite Pferd ist die Verzweiflung; denn wäre Judas nicht verzweifelt, hätte ihn der Herr nicht verworfen.

Das dritte Pferd ist der Ungehorsam, weswegen der Herr Saul von der Königsherrschaft trennte.

Der Kutscher dieses Wagens ist die Heuchelei, die mit der Peitsche, d.h. mit dem Hass gegen Gott die Pferde antreibt, bis er sie vollständig in die ewige Verdammung bringt.

Die Deichseln dieses Wagens sind die Bosheit; denn der Rächer der Werke der Bosheit ist der Herr, und die Schlechtigkeit ist es, die zur Hölle zieht.

Das erste Rad dieses Wagens ist die Gefräßigkeit; sein Splintnagel ist die Trunkenheit. Das zweite Rad ist die Habgier mit dem Betrug als Splintnagel. Das dritte Rad ist der Zorn mit dem Haß als Splintnagel. Das vierte Rad ist der Neid, und dessen Splintnagel ist der Mord. Durch diese wird ebenso jeder Mensch in seinen Untergang gefahren.

Das Rahmenholz dieses Wagens ist die Ausschweifung, die Gott und den Nächsten, den eigenen Leib und die eigene Seele befleckt und entehrt.

Die Seitenplanken dieses Wagens sind auf der einen Seite Unmut, Überheblichkeit, Unenthaltsamkeit und Verstocktheit, doch der Haltebalken ist der Rausch. — Und die Seitenplanken auf der anderen Seite sind Selbstliebe, Weltliebe, Wut, Zwietracht mit dem nichtigen Ruhm als Haltebalken.

Mitten auf diesem Wagen sitzt der Teufel, der mit liebevollen Umarmungen den Stolz und die Simonie, die erste als Herrscherin über die Mächtigen der Welt, die zweite als Herrscherin über die Ordensleute, die Priester und Kleriker gleichsam als seie allerliebsten Bräute und Frauen an sich hebt.

Die Deckplane dieses Wagens aber ist die Bosheit, die in der Hölle die größte Geltung besitzt.

Wenn du daher, O Mensch, dich nicht sorgfältig vor den Sünden hüten willst, wirst du auf diesem Wagen zusammen mit dem Teufel in die Hölle gestürzt werden.

Herbert Douteil, Die Concordantiae caritatis des Ulrich von Lilienfeld. Edition des Codex Campililiensis 151 (um 1355) und Übersetzung, hg. von Rudolf Suntrup, Arnold Angenendt und Volker Honemann. Mit Farbfaksimile der Illustrationen. Band 1: Einführungen, Text und Übersetzung. Band 2: Verzeichnisse, Quellenapparat, Register, Farbtafeln der Bildseiten der Handschrift, Münster 2010.

> https://de.wikipedia.org/wiki/Lilienfelder_Concordantiae_caritatis (mit Link zum Digitalisat Lilienfeld Hs 151)

Tugendallegorien

In der heidnischen Antike sind vier sog. Kardinaltugenden (ein Begriff, den der Kirchenvater Ambrosius prägte) bekannt; die wichtigsten Vertreter:

Platon in »Politeia« 427–434; »Symposio«n 196b–197e; »Nomoi«: Tapferkeit, Gerechtigkeit, Besonnenheit (sophrosyne), Klugheit (sophia)

Aristoteles, Nikomachische Ethik, III,9 – VI,13

Cicero in »De officiis« (I,v,15 ff. und an anderen Stellen): Sed omne, quod est honestum, id quattuor partium oritur ex aliqua. ≈ alles Ehrenhafte geht aus einem der vier Teilbereiche hervor: Gerechtigkeit (iustitia), Mäßigung (temperantia), Tapferkeit (fortitudo u.a.), Klugheit (prudentia).

Dazu kommen dann in der Kirchenväterzeit die drei christlichen Tugenden; gemäß Apostel Paulus (1. Korintherbrief 13,13): Glaube (fides), Hoffnung (spes), Liebe (caritas).

Ambrosius in »de officiis« I, xxv – xlix

Thomas von Aquin, »Quaestiones disputatae de virtutibus cardinalibus«

Auch hier gibt es als symbolische Vergegenwärtigung ❖ Exempla, ❖ Personifikationen, ❖ Kompositwesen.

❖ Biblische Exempla der Sieben Tugenden:

(Nochmals) Theodoor Galle (1571–1633): SEPTEM VIRTVTES

> https://www.britishmuseum.org/collection/object/P_1862-0712-300

Fides. / Gene.22 (Opferung Isaaks)

Spes / Iudi.7 (bei der Belagerung durch Holofernes)

Charitas / Luc.32 (Christus am Kreuz)

Iustitia / 3 Reg.3 (Salomons Urteil)

Temperantia / Daniel.1 (Daniel macht sich mit der babylon. Speise nicht unrein)

Prudentia / 3 Reg.10 (Salomon die die Königin von Saba)

Fortitudo / Iudi.16 (Samson trägt die Tore von Gaza)

❖ Personifikation

 

••• Die tugendhafte Frau. Anton Woensam († 1541), Holzschnitt von Wolfgang Resch, Formschneider um 1525

Dise Figur sol man an schawen. Die bedewtet ein weyse Frawen.

Größer bei > http://www.zeno.org/nid/20004368436

Einige der Inschriften auf den Tafeln:

Hoffart die wil ich auch verschmeehen.
Vnnd wil in disen spiegel sehen.
Daran vns Gott erarnet hat
Das thut ir Frawen ist mein rat.

Von gold trag ich vor meinem mundt
Ein schloß/ tag nacht vnd alle stundt
Auff das er vnnütz red vermeyd
Vnd niemand nit sein Eer abschneyd

Mit schlangen gürt ich meinen leyb.
Also sol thuon ein bider weyb.
die sich vor schandt gifft hüten will.
Vnd böser ielb vnnd affen spil.

Auch so trag ich ein stedten muot
Gleich wie die Turtel taube thuot
Gen dem der mein Petgnoß ol sein
Nit an jm prech die trewe mein.

Auff pferdes füssen sol ich geen
Das ich in Eeren fest kan steen
Auff das ich nicht in sünde fall
Ist süß/ wirt bitter als ein gall.

 

•• CASTITAS (mit typischen Attributen) und im Hintergrund (unten rechts) begleitet von einer exemplarischen Szene, wo Susanna von den beiden Alten belästigt wird und keusch bleibt (Daniel 5)

Erhardi Weigelii Wienerischer Tugend-Spiegel: Darinnen Alle Tugenden nach der Anzahl Derer gleich so vielen Festungs-Linien und Wercken Bey der Weltgepriesenen nunmehr zum andernmal so tapffer wider Türck und Tartarn defendirten Käyserl. Residenz-Stadt Wien Zu immerwährendem Gedächtnüß/ vorgestellet/ und nebenst einer Mathematischen Demonstration von Gott wider alle Atheisten/ Zum Grund der Tugenden/ beschrieben und Mit Kupffern vorgebildet werden, Nürnberg: Endter 1687.
> https://www.zvdd.de/dms/load/met/?PPN=PPN623297272

••• In Hintergrund der KEUSCHHEIT (mit dem Lilienszepter in der Hand) die Szene, wo Joseph der Frau des Potiphar entflieht, die ihn verführen möchte (Genesis 39,7ff.)

Johann Andreas Pfeffel (1674–1748) / Martin Engelbrecht (Kupferstecher, 1684–1756), XII. ausserlesene Tugenden in anmuthigen Bildern, deren heylsame Ubung durch biblische Kern-Sprüche und lobwürdige Exempel, wie auch sinnreiche Devisen anrecommandirt wird ... wie auch XII. Abscheuliche Laster in abschröckenden Bildern ... Augsburg: Lotter [ca. 1745].
> https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11216008?page=1

❖ Kompositwesen

Reinmar von Zweter

Eine frühe Fassung (nur Text, noch ohne Bild) eines solchen Kompositwesens findet sich bei Reinmar von Zweter (1. Hälfte des 13. Jhs.). Die Bildbeschreibung in der ersten Strophe stellt gleichsam ein Rätsel dar, das dann in der zweiten aufgelöst wird. (Die Gedichte Reinmars von Zweter, hg. Gustav Roethe, Leipzig: Hirzel 1887. Spruch Nr. 99 und 100 und Anmerkungen S.596; Übersetzung angelehnt an diejenige von Isabell van Ackeren)

Unt solt ich mâlen einen man,
dêswâr, den wolt ich machen harte wunderlîch getân,
daz er doch hieze ein man: ich mâlte sîn niht als man manegen siht.
Er müeste strûzes ougen haben
und eines cranches hals, dar inne ein zunge wol geschaben,
und zwei swînes ôren: lewen herze des vergaeze ich niht.
Ein hant wolt ich im nâch dem arne mâlen;
an der andern wolt ich niht entwâlen,
ich wolt si bilden nâch dem grîfen,
dar zuo die vüeze als einem bern:
sus wolt ich ganzes mannes wern:
swer des niht hât, von dem mac manheit slîfen.

Wenn ich einen Mann malen müsste, wahrlich, den würde ich sehr seltsam aussehen lassen, aber so, dass er immer noch als Mann bezeichnet werden müsste; aber ich würde ihn nicht so malen, wie man manchen sieht. Er müsste Straussenaugen haben und den Hals eines Kranichs, darin eine gut polierte Zunge, und zwei Schweinsohren; das Herz eines Löwen würde ich nicht vergessen. Eine Hand würde ich ihm wie bei einem Adler malen; bei der anderen würde ich nicht zögern, sie nach der eines Greifen zu gestalten; dazu die Füße wie bei einem Bären. So würde ich einen vollständigen Mann ausstatten. Wer das nicht hat, dem fehlen die Eigenschaften eines Mannes.

Strûzes ougen sol ein man
durch lieplich angesihte gegen den sînen gerne hân,
unt eines cranches hals durch vürgedenken, waz er sprechen müge.
Sîn zunge sol im sîn geschaben
durch wort gar âne vlecken: der sol er gern unt sol ouch haben
durch hoeren swînes ôren, wâ im ze stân od aber ze vliehen tüge.
Lewen herze durch wer, ein hant nâch dem arne,
die sol er hân durch milte, niht ze sparne:
die nâch dem grîfen durch behalden,
berenvüeze vür den zorn; alsô hân ich den man erkorn:
swelch man daz hât, der mac wol manheit walden.

Die allegorischen Auslegungen beruhen auf der mittelalterlichen Tiersymbolik (Physiologus, Bestiare, Enzyklopädien).

Übersetzung und Erklärungen im Aufsatz von Isabell van Ackeren, Zur geistlichen und weltlichen Naturallegorie bei Reinmar von Zweter. Perspicuitas, Internet-Periodicum für mediävistische Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft. 1998
> https://www.uni-due.de/imperia/md/content/perspicuitas/ackeren.pdf

Straussenaugen soll ein Mann haben, um die Seinen freundlich anzusehen,

  • der strûz mit sînen ougen rôt drî tage an sîniu eiger siht, des werden ûz gebrüetet die. […] mit der bezeichenunge sint wir von der helle erloeset hie (Der MARNER XV,15).
  • Der strûz drî tage gît sîn gesiht den eiern dar, dâ von sîn junge gewinnet leben. […] Daz bîspel nemet wol mit ganzem glouben war: dô got mit freuden was umbgeben, am dritten tage wart er uns sihtic an. (Meisterlieder der Kolmarer Handschrift, hg. K.Bartsch 1862, XXXIV. Str. 3)
  • ... sinü eiger der strûz diu brüetet er wunderlichn ûz, wan der hat solhe phliht, daz er mit stæter gesiht an siniu eiger sihet. […]. Sus kan er si bedenken unde hilfet in genesen, von tode bi dem leben wesen. Die nature hat alle vrist der vil süeze ihesus crist: mit der erbermde ougen schouwet er uns tougen, steteclich siht er uns an (HUGO VON LANGENSTEIN, »Martina« 188,45ff.)
  • Der strûz sine jungen, so man seit, bruet mit den ougen; merket an disen sachen: Ein herre solte ze allen ziten […] werde ritter minnen, er solte der milte bi gestan (Meister STOLLE, van der Hagen, Minnesinger III,5, Nr.12)

und einen Kranichhals, um vorausschauend zu überlegen, was für ihn zu sagen geeignet ist.

  • Die Worte sollen sich langsam durch den langen Hals zwängen; das heisst, man soll bedenken, was man spricht
  • Din kel des krenches lenge sol haben âne krenke, daz wort sol mit gedrenge sich enthan, unz manz vil wol bedenke, ob ez frumen oder schaden bringe (ALBRECHT VON SCHARFENBERG, »Jüngerer Titurel«, Strophe 1896).

Seine Zunge soll glattgeschabt sein, um makelloser Worte willen. Eine solche [Zunge] soll er haben

und auch Schweinsohren, um zu hören, wo es für ihn angebracht ist standzuhalten oder zu fliehen.

  • Schweins-Ohren: REINMAR VON ZWETER, Spruch 164: Ein voller mensch vünf sinne hât, […] sehen hoeren, grîfen, riechen, smecken […]. Nû habent die sinn vünf wildiu tier, ir ieslîchez einen, unt hât den vürbaz denne wir: der luhs, daz swîn, diu spinne, der gîr, der aff […]. daz swîn wol hoert ze walde, […].
  • THOMAS CANTIMPRATENSIS, Liber de natura rerum IV,i,190ff: Homo in quinque sensibus superatur a multis: […] liquidius audiunt talpe vel aper silvaticus; nos aper auditu […] precedit.
  • Der Mensch wird bezüglich der Hörfähigkeit vom Eber übertroffen.

Ein Löwenherz, um sich wehren zu können, soll er haben

  • Löwen-Herz: der Löwe als Repräsentant von Kraft und Mut bei REINMAR öfters; Heraldik! vgl. WALTHER VON DER VOGELWEIDE 12,24f: ir tragt zwei keisers ellen, des aren tugent, des lewen kraft, die sind des hêrren zeichen an dem schilte…

und eine Hand wie ein Adler, damit er freigebig ist und nicht knauserig.

  • Der Adler teilt wegen seiner edlen Gesinnung die Beute mit andern Vögeln
  • ›milte‹ (largitas, Freigiebigkeit) als des Adlers Tugend, vgl. in einer Predigt (hg. Wackernagel, Z f d A 7, 1849, 141): Do lesent wir also von dem adelar daz er also erber ist vnd also milte daz er sine spisele lot gemeyn andern vogeln vnd den wol gan daz siu mit ime eszent.
  • »König Rother« Vers 4979ff: Daz ich gerne min guot same der edele arn tuot wil teilin geliche armin vnde richen.

Die Greifenhand aber soll er haben, um auch festhalten zu können,

  • Greifen galten als Wächter von Schätzen.
  • Das Zupacken der Greifenklaue ist sprichwörtlich. So schreibt BURKART VON HOHENFELS über Minne-Fesseln: diu bant hânt die kraft gewunnen, daz siu bræche niht des grîfen klâ (KLD 6; IX,iii,9f).
  • RUDOLF VON EMS in der Weltchronik: dâ ligent berge guldîn, die nâch golde liehten schîn hânt. grîfen noch tracken nieman lânt daz selbe golt gewinnen dâ.

Und Bärenfüße gegen den Zorn.

  • Daß er nicht gar schnell lauffen kan / ist die Ursach / weil er / wie der Mensch seine Gelenck und Gleychwürbel hinder sich lencket und auch die Gauffen oder innwendige Fläche an seinen Tatzen fleischlich ist (CONRAD GESNER, Allgemeines Thier=Buch, Ausgabe Frankfurt/M. 1669, S.26).

So stelle ich mir einen Mann vor. Ein Mann, der darüber verfügt, der kann auch wie ein Mann handeln.

••• Ulrich von Hutten

Ulrich von Hutten (1488–1523) hat in jungen Jahren ein programmatisches Gedicht verfasst, in dem er den »Vir bonus«, d.h. den idealen Mann charakterisiert. Nach wortreichen moralinsauren Versen über die zu verachtenden Übel der Welt (worin alle sieben Laster genannt werden) entwirft er ein Kompositwesen der postiven Eigenschaften; es scheint, dass er Texte wie den von Reinmar gekannt hat. Das 73 Distichen lange lateinische Gedicht ist 1513 erschienen, und der Drucker hat dem Text ein Bild beigegeben.

Die einzelnen Gliedmaßen haben je eine allegorische Bedeutung:

  • Wie der Eber den Wuchs der Wiesen erlauscht, so fasst sein Ohr das verkündete Wort
  • Die blühenden Lilien, die auf der einen Seite aus dem Munde entsprießen, besagen, dass seine Rede das Größte zutage fördert.
  • Das Schwert auf der andern Seite bezeugt, dass er für das Recht einsteht.
  • Der Schwanen- oder Schlangenhals zeigt an, dass der vir bonus nichts unbedacht spricht (es dauert ja eine Weile, bis das Wort aus der Brust bis zum Mund gelangt...). Der Illustrator hat ein mühseliges Geschäft: Sollte er nun einen Schwanen- oder einen Schlangenhals zeichnen?
  • Auf der Brust hat der das grimmige Gesicht eines Löwen, das für seinen Mut steht. Der Illustrator muss also zwei Gesichter zeichnen.
  • Die Bärentatze verweist auf die Festigkeit des Geistes.
  • Die den Beutel verschließende und die Münzen spendende Hände bedeuten, dass er weder zu verschenderisch noch zu knauserig ist.
  • Er trägt ein schönes Gewand, weil die Anmut die Ernsthaften gewinnt.

Der lateinische Text in: Ulrichi Hutteni equitis Germani opera quae reperiri potuerunt omnia, hg. Eduard Böcking, Leipzig: Teubner 1859–1862; Bd. 3: Ulrichi Hutteni poemata cum corollariis, 1862-

(Mangelhafte) deutsche Übersetzung in: Ulrich von Hutten's Jugend-Dichtungen, didaktisch-biographischen und satyrisch-epigrammatischen Inhalts. Zum erstenmal vollständig übersetzt und erläutert von Ernst Münch. 2.Ausg., Schwäb. Hall: Haspel, 1850 [ohne Bild]

 

❖ Tugend-Laster-Kampf

Prudentius (* 348; † nach 405), »Psychomachie«

Lateinischer Text online:
> http://www.thelatinlibrary.com/prudentius/prud.psycho.shtml

Aurelius Prudentius Clemens, Psychomachia, hg. J.Bergmann (CSEL 61), Wien 1926; dt.Übersetzung von U.Engelmann, Basel 1959;
Ausgabe mit frz. Übersetzung ed. M.Lavarenne, Prudence, tome III, Paris 1948.

Ursmar Engelmann O.S.B., Die Psychomachia des Prudentius. Freiburg/Br.: Herder 1959 (lat. Text und dt. Übersetzung; 24 Bilder des Cod.Sang. 135 mit Beschreibungen und Verweise auf den Text)

Vgl. > https://de.wikipedia.org/wiki/Psychomachia

Als Gegnerinnen stehen sich gegenüber:

Verse Tugenden Laster exemplar. Figuren
21–39 Fides veterum Cultura deorum vgl. Textmuster unten
40–108 Pudicitia sodomita Libido Judith – Holofernes
109–177 Patientia Ira David – Goliath
178–309 Mens humilis; Spes Superbia Job
310–453 Sobrietas Luxuria Samuel. Jonathan
454ff., 573ff. Ratio, Operatio (gute Werke) Avaritia Judas
668ff. Fides, Concordia Discordia, Haeresis Häretiker Photinus und Arius


Prima petit campum dubia sub sorte. duelli
pugnatura Fides agresti turbida cultu,
nuda umeros, intonsa comas, exerta lacertos;
namque repentinus laudis calor ad noua feruens
proelia nec telis meminit nec tegmine cingi,
pectore sed fidens ualido membrisque retectis
prouocat insani frangenda pericula belli.
ecce lacessentem conlatis uiribus audet
prima ferire Fidem ueterum Cultura deorum.
illa hostile caput falerataque tempora uittis
altior insurgens labefactat, et ora cruore
de pecudum satiata solo adplicat et pede calcat
elisos in morte oculos, animamque malignam
fracta intercepti commercia gutturis artant,
difficilemque obitum suspiria longa fatigant.
exultat uictrix legio, quam mille coactam
martyribus regina Fides animarat in hostem.
nunc fortes socios parta pro laude coronat
floribus ardentique iubet uestirier ostro.

Die Fides (der Glaube) stellt sich stürmisch als erste, auf dem Feld im wechselnden Zweikampf zu streiten. Sie ist nur mit einfachem Gewand bekleidet, Schultern und Arme sind nackt, das Haar ungeschnitten. Plötzlicher Eifer für die Ehre lässt sie nach neuen Kämpfen brennen und selbst vergessen, sich mit Pfeilen und Schild zu wappnen. Voll Vertrauen auf ihre Stärke beginnt sie mit entblößten Gliedern den Kampf, um die Gefahren unheilvollen Krieges zu brechen.
Siehe, als erster wagt der alte Götterglaube die gereizte Fides mit zusammmengeballten Kräften zu schlagen. Jene aber richtet sich hoch auf und zerschmettert das Haupt des Feindes, seine mit Binden geschmückten Schläfen. Mit einem Mund, der vom Blut der Opfertiere schäumt, liegt der Feind am Boden. Sie tritt ihm auf die Augen, die im Sterben hervorquellen. Erstickt ist sein sündhafter Atem, der Weg der Luft ist gestört, und mit tiefen Seufzern quält er sich in einem schweren Tod. Die siegreiche Legion aber jubelt, nämlich, Tausende von Märtyrern, die die Fides, ihre Königin, zum Kampf gegen den Feind angefeuert hat. Jetzt bekränzt sie die tapfern Gefährten mit Blumen, wie es ihrem Ruhm gebührt, und heisst sie, sich mit glühendem Purpur kleiden.
(übers. U.Engelmann)

Präparierter Textausschnitt (als PDF) (Verse 21–129), der die verschiedenen Dimensionen zeigen soll.

Abbildungen zur Psychomachie:

Codex Sangallensis 135: Sammelhandschrift des 11. Jahrhunderts mit einer mit Federzeichnungen illustrierten Fassung der »Psychomachia«
> http://www.e-codices.unifr.ch/en/csg/0135/411/0/Sequence-326

Daraus hier: Oben: Die Anhänger der Sobrietas gehen zu Luxuria über, die auf dem Wagen von rechts kommt. Die Tugend hält eine Kreuzeslanze und versucht die Überlaufendne zurückzuhalten. – Unten: Der Sieg über das Laster. Luxuria auf dem Wagen flieht und wird von der Lanze der Tugend getroffen undmit einem Stein getötet.

• Fac-similé interactif, Texte et traduction Transkription wird sichtbar beim Überfahren des Texts mit dem Mauszeiger.
> http://theleme.enc.sorbonne.fr/dossiers/vue6.php

• Digitalisat des Prudentius-Codex 264 der Berner Burgerbibliothek (um 900)
> http://www.e-codices.unifr.ch/de/description/bbb/0264/

Daraus hier die Superbia:



Gregor der Große († 604)

Die Laster kämpfen in Heeresformation. Hiob-Kommentar, Lib. XXXI, Cap. xlv (PL 76, col. 621):

Exhortationem ducum, ut ululatum exercitus (Job 39,25: das Rufen der Führer und das Geschrei des Heeres)

87. Exercitus diaboli dux superbia, cujus soboles septem principalia vitia. […] Radix quippe cuncti mali superbia est, de qua, Scriptura attestante, dicitur: Initium omnis peccati est superbia (Eccli. X, 15). Primae autem ejus soboles, septem nimirum principalia vitia, de hac virulenta radice proferuntur, scilicet inanis gloria, invidia, ira, tristitia, avaritia, ventris ingluvies, luxuria. Nam quia his septem superbiae vitiis nos captos doluit, idcirco Redemptor noster ad spiritale liberationis praelium spiritu septiformis gratiae plenus venit.

88. Singula vitia capitalia suum habent exercitum. – Sed habent contra nos haec singula exercitum suum. Nam de inani gloria inobedientia, jactantia, hypocrisis, contentiones, pertinaciae, discordiae, et novitatum praesumptiones oriuntur. De invidia, odium, susurratio, detractio, exsultatio in adversus proximi, afflictio autem in prosperis nascitur. De ira, rixae, tumor mentis, contumeliae, clamor, indignatio, blasphemiae proferuntur. De tristitia, malitia, rancor, pusillanimitas, desperatio, torpor circa praecepta, vagatio mentis erga illicita nascitur. De avaritia, proditio, fraus, fallacia, perjuria, inquietudo, violentiae, et contra misericordiam obdurationes cordis oriuntur. De ventris ingluvie, inepta laetitia, scurrilitas, immunditia, multiloquium, hebetudo sensus circa intelligentiam propagantur. De luxuria, caecitas mentis, inconsideratio, inconstantia, praecipitatio, amor sui, odium Dei, affectus praesentis saeculi, horror autem vel desperatio futuri generantur. Quia ergo septem principalia vitia tantam de se vitiorum multitudinem proferunt, cum ad cor veniunt, quasi subsequentis exercitus catervas trahunt. Ex quibus videlicet septem quinque spiritalia, duoque carnalia sunt.

Isidor von Sevilla († 636)

Isidorus Hispalensis, Sententiae, II, Caput XXXVII. De pugna virtutum adversus vitia. (PL 83, 638B)

1. Tunc se viri sancti veracius a vitiorum colluvione detergunt, dum ab eis contra singula vitia virtutes singulae opponuntur. (0638C) Interdum vitia cum virtutibus ad utilitatem confligunt, ut ipso certamine vel mens exerceatur, vel ab elatione conversus animus restringatur.

2. Adversus impetus vitiorum contrariis virtutibus est pugnandum. Contra luxuriam enim cordis est adhibenda munditia, contra odium dilectio praeparanda, contra iracundiam patientia proponenda est. Porro contra timorem fiduciae adhibenda est virtus, contra torporem zeli praelium; tristitiae quoque gaudium, accidiae fortitudo, avaritiae largitas, superbiae humilitas opponenda est. Sicque singulae virtutes nascentia contra se vitia reprimunt, ac tentationum motus virtute divinae charitatis exstinguunt.

3. Libidinem abstinentia domat. Nam quantum corpus inedia frangitur, tantum mens ab illicito appetitu revocatur.

4. Adversus iram tolerantia dimicat; ira autem semetipsam necat, sustinendo autem patientia victoriam portat.

5. Tristitiae moerorem spes aeterni gaudii superat; et quem turbata mens de exterioribus afficit, dulcedo interioris tranquillitatis lenit.

6. Adversus invidiam praeparetur charitas, et adversus irae incendia mansuetudinis adhibeatur tranquillitas.

7. Superbiam autem diaboli imitantur superbi, adversus quam opponitur humilitas Christi, qua humiliantur elati.

8. Principalium septem vitiorum regina et mater superbia est, eademque septem principalia multa de se parturiunt vitia, quae ita sibimet quadam cognatione iunguntur, ut ex altero alterum oriatur.

9. Sicut princeps septem vitiorum superbia nos eorum potestatibus subdit, ita Christus septiformi gratia plenus a dominatu vitiorum nos eruit; et quos illa addicit septemplici vitio, iste liberat septiformis gratiae dono.

Traktat »De vitiorum et virtutum conflictu«

Der Traktat wird verschiedenen Autoren zugeschrieben. Vgl. bei Migne, Patrologia Latina unter Ambrosius (PL 17, col.1057); Augustinus (PL 40, col.1091); Isidor von Sevilla (PL 83, col.1138); und Papst Leo IX (PL 143, col.559). Autor ist vielleicht Ambrosius Autpertus († 784).

Text in Migne, PL 83 > https://la.wikisource.org/wiki/De_conflictu_vitiorum....

Es sind hier mehr als 7 Kampf-Paare:

Superbia dicit: …Humilitas ex adverso respondet: …
Inanis gloria dicitTimor Domini respondet
Simulatio suggeritReligio ex adverso respondet
Elatio objicitBeata autem submissio respondet
Invidia dicitVerum dilectio fraterna respondet
Odium dicited sincera charitas respondet
Detractio dicitAt justa correptio respondet
Ira dicitPatientia respondet
Asperitas dicitSed mansuetudo respondet
Tumor dicitSed humilis dejectio respondet
Tristitia dicitSed spirituale gaudium respondet
Torpor vel ignavia dicitSed industria, indefessaque virtus respondet
Evagatio inquieta dicitStabilitas vero respondet
Desperatio dicited spei fiducia respondet
Cupiditas dicitSed mundi contemptus respondet
Amor sui dicitSed amor Dei respondet
Furtum et fraus dicuntSed simplicitas ad utrumque respondet
Fallacia atque mendacium dicuntSed veritas ad utrumque respondet
Ventris ingluvies dicitSed pura fragilitas et simplex parcimonia respondet
Inepta laetitia dicitSed sapiens gaudium, moderatusque moeror respondet
Multiloquium dicitCui prudens taciturnitas respondet
Luxuria dicitSed illibata castitas respondet:
Spiritalis fornicatio dicitSed munditia cordis respondet
Amor saeculi dicitSed coelestis amor patriae respondet

 

Herrad von Landsberg († ca. 1196) hat die Psychomachie weiterentwickelt. Die Hauptlaster und -tugenden haben ein zahlreiches Gefolge.

Text hierzu: Temperantia, vel Sobrietas, offert vexillum crucis contra currum Luxurie et inde equi perterriti fugam capiunt et Luxuriam sub currum sternunt quam Temperantia sub molari lapide mortificat. […] Lapis est christus.

Herrad of Hohenbourg, Hortus deliciarum, ed. Rosalie Green, M. Evans, C. Bischoff, M. Curschmann, (Studies of the Warburg Institute 36), 2 vols., London / Leiden 1979; Fol. 202v (Pl. 16), Text Nr. 276

Alanus ab Insulis († 1202)

Vgl. Peter Ochsenbein, Studien zum »Anticlaudianus« des Alanus ab Insulis, (EHS I/114), Bern/Frankfurt: Lang 1975, S. 137–168.

Thomasîn von Zerklære, »Der Welsche Gast«

(datierbar auf ca. 1215/16) Hier kämpfen gegen den edlen Ritter vier Scharen von Lastern mit ihrer Entourage. Dagegen soll sich der Ritter wappnen mit den Waffen, die aus der Allegorie des Epheserbriefs 6,13ff. hergenommen sind.

  • Übermuot mit Smâcheit, Gewalt und Unbescheidenheit, Zorn, Nerrischeit, Ruom Üppikeit
  • Girescheit mit Wuocher, Roup, Trügenheit, Meineit u.a.
  • Unkiusche mit Leckerkeit, Vraz, Trunkenheit, …, valschiu Minne
  • Trâkheit mit Slâf, rensen, geinen

Thomasin von Zirclaria, Der wälsche gast, hg. Heinrich Rückert 1852 (Reprint mit Namenregister hg. F.Neumann, Berlin 1965. Verse 7385ff.

Cod. Pal. germ. 389 Handschrift um 1256 > https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg389

Wilhelm Peraldus ( Guillaume Peyraut, † 1271) »Summa de virtutibus et vitiis«

Hier kämpft der christliche Ritter gemäß Epheserbrief 6, 11–18 gegen die Laster: Legt die Waffenrüstung Gottes an, so dass ihr in der Lage seid, den Anschlägen des Teufels standzuhalten. Gürtel ≈ Wahrheit — Panzer ≈ Gerechtigkeit — Schild ≈ Glauben — Helm ≈ Geist — Schwert ≈ Wort Gottes

Militia est uita hominis super terram (Hiob 7,1: Ist nicht Kriegsdienst des Menschen Leben auf der Erde?)

British Library (um 1250)
> https://de.m..org/wikipediawiki/Datei:Peraldus_Vices_and_Virtues.jpg

Vgl. die informativen Übersichten (Übersicht englisch; lat. Textauszüge) von Richard G. Newhauser / Siegfried Wenzel / Bridget K. Balint / Edwin Craun (1995 und noch 2024 online!)
> http://www.public.asu.edu/~rnewhaus/peraldus/

Der Sünden Widerstreit

Victor Zeidler (Ed.), Der Sünden Widerstreit. Eine geistliche Dichtung des 13. Jahrhunderts, Graz 1892

> https://archive.org/details/ZeidlerSuendenWiderstreit
> http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg367/0544......b311dec7b848d

Seifried Helbling

Seifried Helbling, hrsg. u. erklärt v. J. Seemüller, Halle a.S.: Buchhandlung des Waisenhauses 1886; Nr. VII = S. 238–279 (1'263 Verse); datiert auf 1296.
> https://archive.org/stream/seifriedhelblin00seemgoog#page/n362/mode/2up

Der Geistliche Streit

Ein beinahe 1000 Verse langes kleines Vers-Epos aus dem 14. Jahrhundert

in: Altdeutsches Uebungsbuch zum Gebrauch an Hochschulen, hrsg. von Franz Pfeiffer, Wien: Braumüller 1866. S. 141–154.
> ://archive.orhttpsg/details/altdeutschesuebu00pfeiuoft/page/140/mode/2up

Neuausgabe: Christian Naser, Der geistliche Streit (1995): Synoptischer Abdruck der Fassungen A, C, B und D; Würzburg: Königshausen & Neumann 2005; Text S. 152–215. (Ch.Naser konnte etliche Lesefehler von F.Pfeiffer verbessern und Lücken der [1870 verbrannten] Straßburger Handschrift aus anderen Hss. ergänzen. Deshalb hat er hat eine neue Verszählung eingerichtet.)

Struktur des Texts (Verszählung nach der Ausgabe von Pfeiffer); man beachte die verschiedenen Text-Dimensionen:

  • Das Herz der Leserin als Kampfplatz
  • Die Personifikationen der sieben Tugenden und die sieben Laster, die verbal und brachial handeln
  • Der Teufel, der die Tugenden verbal beeinflussen will
  • Personen aus der Bibel, die den Tugenden als Argumentationsbasis dienen
  • Die allegorisch gedeuteten Waffen der Tugenden

Die Sünden sind nicht nach dem SALIGIA-Schema geordnet, und die Gegnerinnen sind °° nicht die klassischen 7 Tugenden:

 LasterTugendenbiblischWaffen
(1)vrasheit [gula]masse [temperantia°°]Daniel,Moses, Elias,JHSArmut
(2)vnkúsche [luxuria]kuschekeit Reinheit
(3)giteckeit [avaritia]miltekeitJHSWohlwilligkeit
(4)zorn [ira]senftmuotekeitJHS,PaulusLangmut
(5)nit [invidia]minne [caritas°°]JHS,PaulusStarkmut
(6)tracheit [acedia]
wackerkeit [fortitudo°°]
Lucifer,Adam,SalomonStetigkeit
(7)hoffart [superbia]demuot Gnade-und-Dank

Einleitung <1–38> : Was ist ein reines Herz? Viele Dinge erkennt man besser aus ihrem Gegenteil, so erkennt man das reine Herz , wenn man ein sündiges dagegen hält.

<39–51> Die Sünde meiden kann nicht ohne Kampf geschehen. Wer ein reines Herz haben will, muss sich auf den Kampfplatz (des strites plan) begeben; ihm zieht entgegen eins Schar von siben übeln wiben.

<52–106> Diese werden aufgezählt und kurz charakterisiert: vrasheit – vnkúsche – gritekeit (Hs. C: girikeit; Hs B gitikhait) – zorn – nit – tracheit – hoffart.

<107–152> [Der Leser wird angesprochen:] Hier musst Du Drangsal im Kampf erleiden; damit das Herz rein ist, musst Du sie alle erschlagen. Nötig sind Waffen: folgt die Waffenallegorese aus Epheserbrief 6,11–18; diese wird ergänzt durch ein Pferd und eine schar die dir zuo helfe sie bereit, nämlich sieben Jungfrauen.

<153–234> Diese werden aufgezählt und kurz charakterisiert: masse – kuschekeit – miltekeit – senftmuotekeit (Hs B. gedultikeit) – minne – wackerkeit – demuot.

<235–262> beim Feldzug sollst Du auch haben: flöte, seitenspil, tambûre, damit Ross und Reiter frohgemut sind. Allegorese: gemeint sind singen und (die hl. Schrift) lesen.

<263ff.> Auf dem Kampfplatz haben die Feinde und die Tugenden die Zelte errichte. Der Teufel rennt hin und her und versucht die sieben Tugenden zu beeinflussen. Sie argumentieren gegen die Sünde. Darauf werden sie von den den Sünden angegriffen und töten diese.

<281–340> (1) Der Teufel sagt, es sei ihm Leid, dass die messikeit auf so viel süße Speise verzichte, die Gott doch geschaffen habe um den leib zu stärken. — Plädoyer der Mäßigkeit. Sie argumentiert mit Exempla aus dem Alten Testament: Daniel hat Speise abgelehnt (Dan 1,8); Moses fastete 40 Tage (Exodus 24,18); Elias fastete 40 Tage und wurde von einem Engel gespiesen (1Könige 19); aus dem NT: Jesus fastete 40 Tage (Matth 4,2). — Darauf kommt die vrosheit gerannt. Die Mäßigkeit ersticht sie mit dem Speer namens Armut.

<341–438> (2) Der Teufel spricht zur kuschekeit, sie sei doch blöd, die Weltliebe zu meiden. — Beredtes Plädoyer der Keuschheit: Welche Frau einen lieben Mann hat, ist in Sorge, dass sie ihn verliert; welche einen bösen hat, hat ein kummervolles Leben. Keuschheit dagegen macht frohgemut. — Darauf kommt vnkúsche angerannt. Keuschheit ersticht sie mit dem Speer namens reine girde (anders Hss.: starker muot, rainkeit).

<439–498> (3) Der Teufel spricht zur miltekeit, sie werde arm, wenn sie alles Gut den Armen verspende. Die Milde argumentiert mit der Bibel (Anspielungen an die sechs Werke der Barmherzigkeit nach Mt. 25, 31-46); das Himmelerich ist der Lohn für die Bamherzigkeit. — Darauf kommt gitekeit angerannt und wird von der miltekeit mit dem Schwert namens Wohlwilligkeit getötet.

<501–578> (4) Der Teufel – nach einem inneren Monolog – spricht senftmüetikeit (nach Hs.B) an, sie möge doch Schelte mit Schelte vergelten. – Die Sanftmut argumentiert biblisch: Sanftmut führt zur Seligkeit (vgl. Matth 5,5; Epheser 4,2 und viele andere Stellen); Job ist ihr exemplar. — Darauf kommt vngedultigkeit (Hs. B.: Zorn) angerannt und wird von der Sanftmut mit dem Schwert namens Langmut erstochen.

<579–689> (5) Der Teufel schwört, er wolle jetzt die Minne für sich gewinnen, der die anderen Tugenden untertan seien. — Minne argumentiert mit dem von Jesus gepredigten doppelten Liebesgebot (Matth 22, 37–40) und der Feindesliebe (Matth 5,43–48) und mit Paulus (1 Kor 13,1–13). — Darauf kommt Neid angerannt, wird aber von Minne mit dem Schwert namens Starkmut getötet.

<690–790> (6) Der Teufel beschwatzt wackerheit, sie schade sich doch mit ihrer Plackerei selbst. — Die Wackerheit argumentiert mit der hl. Schrift: Lucifer, Adam, die üppige Minne von Salomon (1. Könige 11) hatten sich nicht in der Hut [nach Pfeiffer V.773 fehlen in der Straßburger Hs. etliche Verse, in denen Wackerheit zum Teufel spricht; vgl. Naser S.199.] — Darauf hinkt die Trägheit ohne Pferd strauchelnd herbei und wird von Wackerheit mit dem Schwert namens stetekeit getötet.

<791–932> (7) Der Teufel schmeichelt der Demut; sie solle doch eine Wahrsagerin (wissage) werden, dann werde sie von allen Menschen gepriesen. — Die Demut antwortet: Sie vermag von sich aus nicht, alles ist Gnade Gottes; einzig die Wahrheit der hl. Schrift gilt, sie wird oft falsch ausgelegt. Wahrsagen ist Sünde. — Die Hoffart kommt angerannt; Demut ersticht sie mit dem Speer namens gnode dank.

<933–106> Der Teufel tobt. Die Tugenden formieren eine ›Landwehr‹, denn wenn auch des Teufels Heer tot ist, so ficht er doch täglich, und niemand vermag ihn zu töten. [Paränese, Predigthafte Anrede an den Leser:] Der listige Teufel provoziert und versucht dich in Schein-Gestalten; aber er vermag nichts gegen Gottes Willen.

Etymachie-Traktat (älteste Handschrift a.d.J. 1332)

Ausgabe: Nigel Harris, The Latin and German »Etymachia«. Textual History, Edition, Commentary. Tübingen: Niemeyer 1992 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters. Bd. 102).

In der Vorrede wird zitiert 1Samuel = 1Reg 19,20 Misit rex Saul apparitores [Vg. lictores] septem ut raperent Dauid = Da sandte Saul Boten, um David zu holen. Allegorese: David bedeutet den sündigen Menschen; Saul bedeutet den Teufel; die sieben Boten bedeuten die sieben Todsünden.

Biblische Grundlage: Saul wurde wegen seinen Sünden zugunsten Davids verstoßen, so wie der Teufel aus der Schar der Engel zugunsten des Menschen. Wie Saul dem David, so neidet auch der Teufel dem Menschen diese Gunst und versucht ihn täglich mit den sieben Sünden, um ihn zu sich in die Verdammnis zu ziehen.

Gott wählt aus den Tugenden sieben aus, um den Menschen zu behüten. Egressus vitii virtutis operatur ingressum. – Der Ausgang der Sünden ist der Eingang der Tugend. (›Ambrosius‹?; vgl. Innozenz III, PL 217,382B). Dies wird (§ 47 in der Ausgabe von N.Harris) angebunden an die Stelle Am siebten Tag, […] befahl Ahasver den sieben Dienern […] die Königin Vasti vor den König kommen zu lassen (Ester 1,10f). Das passt insofern nicht, als Vasti ja eine widerborstige Person ist. In den Fassungen B und C wird dann als Stelle gewählt: Ester ist umgeben mit sieben auserlesenen Jungfrauen, als sie an Stelle der lasterhaften Vasti zur Königin erwähnt wurde (Ester 2,9).

Die Sünden (i.d.R. ♀) werden als Ritter (♂) dargestellt mit (allegorisch gedeutetem) Reittier, Helmzimier, Schild und Wappenrock. Der Kampf ist eher ein Turnier als eine Schlacht wie in der Psychomachia. Es wird zwar von widerstrit gesprochen, aber es kommt nicht zum Zweikampf. Auch die Reittiere agieren nie.

Paarungen: Sieben Hauptlaster (entsprechend der Zusammenstellung bei Gregor dem Großen) – sieben Tugenden (nicht die klassischen). In der Fassung A werden zuerst alle Laster, denn alle Tugenden aufgeführt; in den Fassungen B und C werden sie einender abfolgende gegenübergestellt.

Überheblichkeit/Stolz/Hoffart (superbia)Demut (humilitas)
Unzucht/Wollust (luxuria)Besonnenheit (castitas)
Habgier/Geiz (avaritia)Barmherzikeit/Freigebigkeit (largitas)
Zorn (ira)Geduld (patientia)
Neid/Missgunst (invidia)Liebe/Achtung (caritas)
Trägheit/Überdruss (acedia)Andacht (devotio)
Völlerei/Fresslust (gula/gastrimargia)Mäßigkeit/Enthaltsamkeit (abstinentia)

Die Auslegungen der Tiere werden mit Bibel- und Väterzitaten fundiert und angereichert.

SUPERBIA – Die HOCHFART in der von N.Harris (S.109–113) emendierten mittelhochdeutschen Fassung A:

§ 1. »Misit rex Saul apparitores vii. ut raperennt Dauid«, i. Regum xix. capitulo. Is stett geschriben ann dem ersten puch der chünig, das der chünig Saul sant siben diener, dew gewalt heten, den menschen ze totten, das sy im zuchten oder auffhuben Dauid. Dauid ist wedeüt des wegert wird, vnd wedeüt ein sundigen menschen, dez wechernüzz wegert als himelisch hër. Saul wedeüt den tyeffel, der mit hilff siben seiner dienner, das ist mit den siben todsunden, wetracht ze vochen Dauid, das ist den sunder. Wann als der Saul verbarffen ward von Got von seinem chunichreich durch seiner sunden willen vnd der diemütig Dauid von Got an sein stat erbelt ward, vmb das wegert Saul ze totten Dauid, also der tyeffel, der verstossen ist von dem hymel vmb sein sund der hochfart, vnd der mensch beschaffen ist zw dem hymelreich; vmb das neit vnd echt der teuffel des mensch vnd vicht wider in mit den siben todsunden. Vnd zw igeleicher sund hat er ein besunder stechros vnd harnasch vnd wappen geben, vnd wenn er vberwint, den vecht er vnd fürt in mit im in die hel, da chain erlossung ist.

§ 2. Der erst zuchtiger ist die hochfart, dew sant der teuffel wider den sunder, vnd siczt auff einem tyr haist dromedarius, vnd hat guldein harnasch angelegt; auf dem helem furt er einen phan, an dem schilt einen adlar, an dem waffenroch einen chrennten leben, in der hant ein praycz swert.

§ 3. Die hochfart chümpt auf einem dromodar. Das ist ein snelcz tier, vnd get in ainem tag als ver als ein pfert in drein tagen. Sagt Sand Jeronimus: >Also die hochfertigen sind snel, die hochfertigen werch ze volpringen<. Wann Sand Augustin spricht: >Hochfart ist ein begir vercherter hoch. Wann ez ist vnzimleich vnd verchert, das der mensch hochfertig sey, wenn er wedencht seinen inganch in dew welt, seinen furganch, vnd seinen ausganch aus der welt<. Sand Bernhart spricht: >O mensch, wez hochfercz tu, ein puluer vnd ein aschen? Dein enphachnüzz ist in schulden, dein purd ist misseleich, dein leben ist peindleich, dein end ist engstleich. Gedench, mensch, von wem dw chomen seist, dez scham dich,' merch, wo dw seist vnd seuft, vnd wo dw hingest und erschrich<. Der Job spricht: >Gedench, das pit ich, das dw mich gemacht hast als das chat vnd mich in den puluer widerpringest<. Is ist auch nicht zimleich, das der mensch sey hoffertig, wann sein schepher ist gewesen diemüttig. Er spricht im ewangelio: >Lernt von mir, ich pin mitsam<. Wann >czwischen den hochfertigen allzeit chrieg ist<, sagt der Salomon. Der herr spricht mer: >Vnd pyn eins dyemuttigen herczen<. Wernhardus: >Wie teuff dw dich diemüttigst, dannoch wirst dw nimmer diemuttiger den Christus ist gewesenn<. Salomon spricht: >Dew fuezz der hochfertigen lauffent zw dem ubel vnd sind snel zw plut vergiessen<. Darvmb pat der Psalmist: >Herr, nimer chom mir der fuezz der hochfart<.

§ 4. Auff dem helem furt sy ein phan, de dew natur hatt: wann man in ist schawund, so prait er sein swancz vnd zaigt sein schon vederen, das er gelobt werd. Also tünd de hochfertigen, de erzaigent sich in irem schonn gewant vnd chlainat vnd silber azzeich, vnd tund das in geuden, das sy gelobt werden von der welt. Vnd das spricht Salomon: >Nymer rüm< dich deiner schon vnd tewren gewancz<.

§ 5. An dem waffenroch furt sy ein chrennten leben. Der leb ist ein chunig vnd ein furst aller tir; also der tieffel hat […] am ersten erfunden dy hochfart, vnd all hochfertig menschen volgent im nach. Vnd >er ist ir chunig vnd furst<, sagt der Job. Vnd Christus hiez in ein fursten der welt das ist, der dew da beltleich lebent.''

§ 7. An dem schilt furt sy ein adlär, der versucht seine chind gegen der sun. De in de sun mügen gelugen, dy hat er lieb vnd speiset; welich aber die nicht mügen in de sun gelugen, de wirft er ab dem nest. Dewselben nert dan ein fogel haist fulica. Also de hochfertigen zichent irew chind auff hochfart von jugent. Vnd wellich in sind nachvolgend in hochfart vnd pomp der welt, de habent sy lieb vnd erhochent sy; wellich aber dyemütig sind vnd ainvaltig vnd Got geren dinent vnd der welt nicht achten, dew verberffenz vnd achten ir nicht vnd spotten ir. Aber der fulica, das ist Christus, hat sew lieb vnd furt sew. Der fulica ist wanund pey dem tieffen mer. Das mer hat vil wasser: also semleich menschen habent vil der genaden Gotz vnd geistleichs trösts.

§ 8. Der adlar hat auch manigerlay vederen. Also de hochfertigen tragent geren newe gewant vnd selczanner varb, vnd new siten ervindent sew an den chlaidern. Wider das spricht Sand Jacob: >Ir reichen, chlagt, wann eur gewant haben gessen dy schaben, vnd dy werdent zeugnüzz geben wider euch vor dem gericht Gocz<. Wann iz spricht Sand Jeronimus: >Der raubt frömde gutter, wer gut behalt vber sein notdürft vnd dapey de armen let leiden hunger vnd durst<.

§ 9. In der hant furt dy hochfart ein praicz swert, also dew hochfertigen mit [] irem gewalt wellent sy all menschen in vndertenig machen vnd vber sew herschen. Wider das spricht Sand Bernhart: >Als oft ich beger vber meinen nagsten gesaczt werden, als offt weger ich vnd main fur meinen herrn Christum gen, vnd dan werleich mir nicht wol zimpt deu guetter deu zw Got gehorent<. Wann Christus spricht in ewangelio: >Ich pin enmitten vnder euch als ein diennunder chnecht<. Sand Augustin spricht: >Die hochfertigen sprechent in in selben, vnd das lert sew der teuffel in der warheit: »Dw pist pesser den vil menschen oder pesser den aller manichleich an weis red, an chunst, an reichtum, an eren, an genaden, an mëchtichait. Vnd darvmb versmecht sew all, acht niemtz: dw pist vber sew all«, wann der Job spricht: »Got verbirft nicht dew mëchtigen, wann er ist selber mëchtig«<.

Ein Beispiel: Die Trägheit (accidia; in der Edition von N.Harris, Fassung A, § 37–41) reitet auf einem Esel; die Helmzimier ist ein Affe; das heraldische Bild auf dem Schild ist ein Büffel; auf der Fahne ist ein Panther abgebildet – alle Tiere haben allegorische Bedeutung.

Etymachie-Traktat um 1470/75 = Cod.theol.et.phil.fol.358 der Württemb. Landesbibliothek Stuttgart =
> http://digital.wlb-stuttgart.de/purl/bsz408721219

Etymachietraktat enthalten in der Handschrift BSB Cgm 3974 =
> http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00088606/image_157

Text dazu: Die Montur der Accidia hier als PDF mit moderner Übersetzung

Die Eigenschaften sind aus der Naturkunde genommen,

Konrad von Megenberg (1309 – 1374), Buch der Natur = mhd. Überarbeitung von Thomas Cantimpratensis [von Cantimpré] (um 1201 – um 1270), »Liber de natura rerum« Kapitel III, A 62 Von dem Affen:

Simia haizt ain aff. daz ist ain tier dem menschen gar geleich nâhent an allen gelidern. daz tier fräwt sich wenn der môn neu ist, ze mitelst und an dem end trauret ez. Solînus spricht, daz der aff pezzer erkennen hab mit der zungen denn kain ander tier. er ist unmæzig mit ezzen, grimm mit peizen und gar unsänft. er begert über mâz, daz er geziert sei. dar umb nement die jäger hantschuoh und schuoh und legent die an in den wälden, daz ez die affen sehent, und ziehent si dan wider ab und lâzent si ligen. sô koment die affen und tuont sam; alsô væht man si. der aff erkent seinen herren über vil jâr wenne er wider kümt. er spilt auch gern mit den kinden, und wenne im die stund werden mag, sô würget er si. er izzt gern öpfel und nüz, aber wenn er ain pitter rinden dâ vint, sô wirft erz zemâl hin und fleuht daz süez umb daz pitter. wer im laid tuot, dem tregt er lange haz. er hât seineu kint gar liep. wenne er haimisch ist worden und in dem haus gepirt, sô zaigt er iegleichem sein kint und fräwet sich, daz man ez handelt. wie daz sei, daz der aff auzwendig dem menschen gar geleich sei, doch ist er im inwendig minner geleich dann kain ander tier sam Aristotiles spricht. der aff hât kainen nabel. diu äffinn hât ain ding sam ain weip und der aff ainz sam ain hunt.
> http://titus.uni-frankfurt.de/texte/etcs/germ/mhd/konrmeg/konrm183.htm

vgl. Dietrich Schmidtke, Geistliche Tierinterpretation in der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters, Diss. Berlin (FU) 1968.

In der Handschrift Codex Lilienfeld 151 steht im Anhang der der »Concordantia caritatis« eine Etymachie; die Laster und Tugenden sind kämpfend gegenübergestellt.
Hier SVPERBIA <> HVMILITAS

Diese Bilder auf Fol. verso/250recto (Umschrift und dt.Übersetzung in Douteil et al., Band 1, S.518ff.) Ausgabe: Herbert Douteil, Die Concordantiae caritatis des Ulrich von Lilienfeld. Edition des Codex Campililiensis 151 (um 1355), hg. von Rudolf Suntrup, Arnold Angenendt und Volker Honemann, Münster: Aschendorff 2010

Literaturhinweis zur »Concordantia caritatis«:
> http://www.symbolforschung.ch/Lilienfeld%20Concordantiae.html

Ein Fresko — Hier fehlt eventuell (links) die Gegenerin von INVIDIA. Eine eine Kunkel tragende, d.h. tugendhafte Frau zeigt auf sie – und schilt sie evtl. mit den unten zitierten Worten:

Johanniterhaus Küsnacht (ZH); mit Dank an Christian N. für das Bild

Auf dem Fresko ist gerade noch éin Wort lesbar: paliurum. Dazu findet man diese Textstelle: Die Missgünstigen verdrehen alles Gute in Schlechtes, Gold in Kupfer, Edelsteine in Kot, die Freude in Trauer usw. und die Rose in paliurum : paliūrus ≈ ein dorniger Strauch (Plinius 13, 111):

Unde tales aurum convertunt in cuprum, gemmas in lutum, granum in paleam, vinum in aquam, mel in fel, diem in noctem, gaudium in maerorem, rosam in paliurum, balsamum in sterquilinium, electuarium in venenum.

Und mel in fel ≈ Honig [verwandeln sie] in Galle: Invidia trägt als Helmzier einen Bienenkorb!

Hugo Ripelin von Strassburg O.P. (* um 1205 † um 1270), »Compendium Theologicae In Septem Libros Digestum«, LIBER III: DE CORRUPTELA PECCATI: CAPUT XVI: De invidia.
> https://catholiclibrary.org/library/ und hier bei Search eingeben: rosam in paliurum

Ein Meisterlied zum Thema

Quelle: Meisterlieder der Kolmarer Handschrift, hg. Karl Bartsch, (Bibliothek des Literarischen Vereins Stuttgart, LXVIII), Stuttgart 1862; Nr. LII

Ich lac in slâfes twalme,
ich sach daz Triuwe Untriuwe sluoc
mit einem cleinen rîse.
sie sprach' lâz dînen ungefuoc,
du nimest mir mîn liute gar.'
Untriuwe wart von zorne sêre enbrant.
Sie schrei in lûtem galme
'her nâher swer mir helfen will!
die Triuwe wil ich krenken.'
dô wart der Untriu helfer vil,
von fürsten grâven ritter schar,
daz Triuwe flôch dâ sie ir liute vant.
Seht der was cleine leider.
Untriuwe lief ir alles nâch,
die Triwe zôch ûz ir cleider,
diu wâren wol geprîset,
und legte an sich ein snœde gewant,
daz sie dar inne iht würde bekant.
erbarme ez got daz Triuwe ist sô verwiset

Ich quam ûf ein gevilde,
dar ûf vant ich die Triuwe sten,
sie clagete jæmerlîchen:
'owê, wie sol ich mich begên?
nu bin ich in der welt unwert:
daz clage ich dir, Marjâ, und dînem kinde.'
Diu valsche Untriuwe wilde
sprach 'ich bin aller sælden schrîn,
und wil ze allen stunden
bî fürsten unde grâven sîn:
dâ hân ich des min herze gert,
swie dicke ich dich in solchem jâmer vinde.'
Diu Triuwe weinde und schrîte,
sie clagte ir jâmer und ir leit.
Untriuwe sie verspîte,
sie sprach 'nu sol sich mêren
ir leit und ouch ir ungewin.'
doch hete diu Triuwe solchen sin
daz sie doch bleip ze leste in solchen êren.

Nu merket algemeine
wie got hin zuo der Triwe sprach
'bis willekomen, Triuwe,'
als balde als er sie ane sach.
'macht du ûf erden blîben niht?'
'nein' sprach die Triwe, 'Untriwe wil mich vertrîben.'
Dô sprach der schepfer reine
'Untriwe hât mirz ouch getân,
verriet mich an daz kriuze
in marter diech gelîten hân.
ich meine daz sie mîn geriht
bringt in die helle, dar wil ichs bescheiden.
Nu ganc hin wider, Triuwe,
und sage Untriwe sicherlîch,
ez müge sie wol geriuwen
ob sie dich wil vertrîben
und ir gewalt an dir begân,
wan du solt frœlich hie bestân'
und sprich zuo ir, du wellest bî mir blîben.
'

Conrad Meyer (Zürich 1618–1689), »Neujahrsblatt der Burgerbibliothec für das 1653. Jahr«.

Links im Bild: Das Ungeheür ähnelt der siebenköpfigen Bestie aus der Apokalypse, der alle Leute huldigen (Kapitel 13) bzw. (Apk. 17,3) auf der die grosse Babylon/ die muoter der huorey reitet. Ihre Verlockungen sind Busen, Becher, Beutel, Buch (vielleicht ein weltlicher Roman). Gerne würde man in den Tierleibern Allegorisierungen der Laster sehen, das gibt der Text indessen nicht her.

Während im Text der Apokalypse alle Welt dem Scheusal huldigt, die Götzenverehrer das Tier anbeten, setzt Meyer einen gerüsteten Kämpfer dagegen an.

Dises Ungeheür zuo dämpfen [überwältigen]
jeder wider sich muoß kämpfen,
    mit der Rüstung angethan,
    die Sant Paul ihm zeigen kan. (Eph. 6. V.11)
Er muoß seinen Leib bezämmen;
Glider töden; Lüste hämmen; (Coloss. 3. V.5)
    sonsten wider ihn erthönt:
    Wer nicht kämpft wird nicht gekrönt. (2.Tim.2. V.5)

Das Bild des Ritters und dieser Text bezieht sich auf den Epheserbrief 6,11–18: Ziehend an den harnesch Gottes/ das jr beston mögind gegen dem listigenn anlauff deß teüfel (Zürcher Bibel 1531), wo eine allegorische Waffenrüstung des christlichen Ritters geschildert wird: Gürtel ≈ Wahrheit; Panzer ≈ Gerechtigkeit; Schild ≈ Glauben; Helm ≈ Geist; Schwert ≈ Wort Gottes.

Kämpf wider Dich, so schlahest [schlägst du] Mich. — Jeder wider sich muoß kämpfen. Das heisst: das scheussliche Ungeheuer lauert in uns selbst! – Die Laster werden gerne nach aussen projiziert, müssen aber im eigenen Inneren besiegt werden. (Im Hintergrund ist eine Visualisierung des Logions Matthäus 7,4–5 gezeichnet: Was siehst du den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?)


Literaturhinweise

Otto ZÖCKLER, Das Lehrstück von den sieben Hauptsünden. Beitrag zur dogmen- und zur Sittengeschichte, insbesondere der Vorreformatorischen Zeit. Nebst einer Textbeilage: Der Kampf der Laster und der Tugenden nach Matthias Farinator und seinen mhd. excerptoren, München: C.H. Beck, 1893. > https://hdl.handle.net/2027/uc1.$b110979

Karl RAAB, Über vier allegorische Motive in der lat. und dt. Literatur des Mittelalters, Leoben 1885, S. 1–38. > https://archive.org/details/uebervierallego00raabgoog

R. STETTINER, Die illustrierten Prudentius-Handschriften, Berlin 1895 / Tafelband 1905.

Marie Luise GOTHEIN, Die Todsünden. In: Archiv für Religionswissenschaft, Band 10 (1907), S. 416–484
>
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/Gothein_Die_Todsuenden_1907.pdf

Fritz SAXL, Aller Tugenden und Laster Abbildung, in: Festschrift J.Schlosser, Wien 1927.

Adolf KATZENELLENBOGEN, Die Psychomachia in der Kunst des Mittelalters von den Anfängen bis zum 13. Jahrhundert, Hamburg 1933.

Adolf KATZENELLENBOGEN, Allegories of the virtues and vices in medieval art from early Christian times to the thirteenth century. London 1939 (Studies of the Warburg Institute 10); Nachdruck 1968.

Morton W. BLOOMFIELD, The seven deadly sins. An introduction to the history of a religious concept…, Michigan State College Press 1952.

Hans Robert JAUSS, Form und Auffassung der Allegorie in der Tradition der "Psychomachia". In: Medium Aevum Vivum. Festschrift für Walther Bulst. Heidelberg 1960, S.179-206.

A. VÖGTLE, Artikel “Achtlasterlehre” [!] in : Reallexikon für Antike und Christentum s.v.

Reinhart STAATS, Artikel “Hauptsünden” in: Reallexikon für Antike und Christentum s.v.

Michael EVANS, Artikel "Laster" in Lexikon der christlichen Ikonographie, Band 3 (1971), Spalte 15–27.

Siegfried WENZEL, The Sin of Sloth. Acedia in Medieval Thought and Literature, Chapel Hill: Univ. of North Carolina Press 1967.
> https://flexpub.com/preview/the-sin-of-sloth

Gérard CAMES, A propos de deux monstres dans l'Hortus deliciarum, in: Cahiers de civilisation médiévale, 11e année (n°44), Octobre-décembre 1968. pp. 587-603. https://www.persee.fr/doc/ccmed_0007-9731_1968_num_11_44_1464

Gérard CAMES, Allégories et Symboles dans l’Hortus Deliciarum, Leiden 1971.

Dietrich SCHMIDTKE, Lastervögelserien, in: [Herrigs] Archiv für das Studium der neueren Sprachen 212 (1975), 241–264 und 213 (1976), 328f. -- Im Anhang 3 aus Hss. edierte Texte.

Waltraud TIMMERMANN, Studien zur allegorischen Bildlichkeit in den Parabolae Bernhards von Clairvaux. Mit der Erstedition einer mittelniederdeutschen Übers. der Parabolae »Vom geistlichen Streit« und »Vom Streit der vier Töchter Gottes« - Frankfurt, Bern 1982 (Mikrokosmos 10).

Gosbert A. SCHÜSSLER, Artikel "Fides II: Theologische Tugend", in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. VIII (1984), Sp. 773–830 > https://www.rdklabor.de/w/?oldid=93996

Christoph GERHARDT, Reinmars von Zweter 'idealer Mann', in: PBB 109 (Tübingen 1987), S. 51–84 und 222–251. 

Joanne NORMAN, Metamorphoses of an Allegory. The Iconography of the Psychomachia in Medieval Art, NY / Bern usw.: Lang 1988.

Michael CURSCHMANN, Facies peccatorum – Vir bonus: Bild-Text-Formeln zwischen Hochmittelalter und früher Neuzeit. In: Poesis et pictura. Festschrift für Dieter Wuttke zum 60. Geburtstag, hg. von St. Füssel und J. Knape, Baden-Baden 1989, S. 157–189.

Eckart Conrad LUTZ, Spiritualis Fornicatio. Heinrich Wittenwiler, seine Welt und sein »Ring«, Sigmaringen 1991.

Franz-Josef SCHWEITZER, Tugend und Laster in illustrierten didaktischen Dichtungen des späten MAs., Studien zu Hans Vintlers "Blumen der Tugend" und zu "Des Teufels Netz" (Germanist. Texte und Studien 41), Olms 1993.

,SusanneBLÖCKER, Studien zur Ikonographie der sieben Todsünden in der niederländischen und deutschen Malerei und Graphik 1450‒1560. Münster: Lit 1993. (Bonner Studien zur Kunstgeschichte; Bd. 8)

Richard NEWHAUSER, The Treatise on Vices an Virtues in Latin and the Vernacular, Turnout: Brepols 1993.

Christian KIENING, Contemptus mundi in Vers und Bild am Ende des Mittelalters, in Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 123/4 (1994), S.409-457.
> http://www.zora.uzh.ch/92445/1/Kiening_Contemptus.pdf

Christian NASER, »Der geistliche Streit«: Synoptischer Abdruck der Fassungen A, C, B und D: Kommentar und Motivgeschichte, Königshausen & Neumann, 1995 (Texte und Wissen 2)

Sibylle APPUHN-RADTKE, Artikel "Superbia", in: Reallexikon für Deutsche Kunstgeschichte (2021)
> https://www.rdklabor.de/w/?oldid=107328

Sibylle APPUHN-RADTKE, Artikel "Gula", in: in: Reallexikon für Deutsche Kunstgeschichte (2021)
> https://www.rdklabor.de/w/?oldid=107327

Wir sind gespannt auf:

https://www.rdklabor.de/wiki/Laster

https://www.rdklabor.de/wiki/Tugenden

https://www.rdklabor.de/wiki/Tugenden_und_Laster


Aus dem Buch mit vielen Ergänzungen

»Spinnenfuß & Krötenbauch. Genese und Symbolik von Kompositwesen«
Schriften zur Symbolforschung, Band 16, PANO Verlag, Zürich 2013

ISBN 978-3-290-22021-1
(zur Hauptseite "Kompositwesen")

 

Mehr zu Allegorien hier draufklicken