Hände, Hände, Hände

Einleitung

Die Hand des Menschen unterscheidet sich – weil sie unspezifisch ist – wesentlich von den Vorderextremitäten (Hufe, Grabschaufeln, Flügel usw.) der Tiere, was bereits Aristoteles feststellte. Insofern ist sie auch ein Symbol für die ›Weltoffenheit‹ (A.Gehlen und andere) des Menschen.

Veristische Darstellungen der Hand, sei es mit zeichnerischen Mitteln, sei es aufgrund technischer Apparaturen (röntgen) dienen dem Arzt, um das Organ genau zu kennen; der Künstler braucht die Vorlage, um eine Hand zeichnen zu können.

Hände sind individuell geformt; die Seelen / Charaktere auch. Sollte da nicht ein Zusammenhang bestehen? In der Chiromantie ist die Hand gleichsam ein Dokument, auf dem der dafür Ausgebildete Charakterzüge und die Zukunft ablesen kann.

Die Handgesten des Redens und des Segnens zeigen den Vollzug eines verbalen Vorgangs, der mitunter von einer Gebärde begleitet werden muss, um seine Wirkung zu entfalten.

Bei der Begegnung mit dem Numinosen werden die Hände teils geöffnet, teils gefaltet.

In Gebrauchsanleitungen wird mit einer (zeichnerisch freigestellten) Hand dargelegt, wie man ein Instrument handhaben soll.

Um Sachverhalte in Erinnerung zu behalten, kann man die einzelnen einzuprägenden Elemente einer räumlichen Struktur zuordnen. Die Anatomie der Hand (Fünfstrahligkeit; jeder Finger hat drei Glieder)  und die Tatsache, dass wir sie immer ›bei der Hand haben‹, machen sie als Mittel der Mnemotechnik (Erinnerungskunst) geeignet. Auch kann man sie einsetzen, um Zahlen oder Buchstaben zu visualisieren. Sogar als Sonnenuhr kann die Handfläche dienen.

Die Hand ist anatomisch so eingerichtet, dass nur bestimmte Stellungen der Finger möglich sind (Daumen, Zeigfinger, Mittelfinger weisen zwingend räumlich in drei Dimensionen). Diese Eigenschaft kann visuell ausgenutzt werden für technische Anleitungen.

Die Hand kann dennoch verschiedene Formen einnehmen (zur Faust geballt, ausgestreckt usw.). Diese Gestaltvielheit kann verwendet werden für geistliche Deutungen wie für Spiele.

Das Christentum hat eine gewisse Abneigung, Gott anthropomorph darzustellen; um zu visualisieren, dass Er die Menschen erhält, genügt es, eine Hand zu zeichnen; diese steht metonymisch für Gott, insbesondere wenn er die Welt erschafft.

Mechanische Arbeit, Schreiben, Zeichnen beruht auf handwerlicher Geschicklichkeit; der Meister zeigt stolz das Basis-Werkzeug.

Die Finger der Hand sind hervorragend mit dem Tastsinn ausgestattet.

Die Hand hat eine soziale, auch eine juristische Symbolik: Sie bedeutet Macht oder Machtverzicht; Bekräftigung eines Eids  u.a.m.

Dieselbe Form der Hand hat als Signal je nach Kultur eine andere Bedeutung, bzw. dieselbe Aussage wird anders  ge-handhabt. 

Der Handschlag als Begrüßungsritual, als Symbol des Vertragsabschlusses: Beruht das darauf, dass dann beide im Moment nicht handgreiflich werden können, friedlich bleiben müssen?

Es gibt Fälle, wo der nachbildende Charakter des Bilds gar nicht im Vordergrund steht, sondern wo das Bild die Hand stellvertretend repräsentiert ( Votivbild).

Mit der Hand zeigen wir auf Dinge, auf die wir andere aufmerksam machen wollen; das Bild einer Hand leistet dasselbe, sogar dauerhafter und wenn der Zeigende nicht anwesend ist .

(In diesem Kapitelchen über die Hand kommen ganz unterschiedliche Formen der Repräsentation vor, was aber hier nicht thematisiert werden soll. Vgl. dazu das Kapitel Zeichentypen).

In der Gesellschaft für Symbolforschung haben verschiedene Interessierte jahrelang an dieser Website gebastelt (im Mai 2018 hatte die Seite immerhin schon 12'813 Abrufe) – jetzt erscheinen gleich drei einschlägige Bücher zum Thema:

Wolfgang Brückner, Die Hand für das Bildgedächtnis. Digitale Kulturtechniken der Verständigung, Verlag Schnell und Steiner 2020.

Jochen Hörisch, Hände. Eine Kulturgeschichte, München: Hanser 2021.

Anatol Heller, Widerspenstige Hände. Literarische Handdarstellungen und anthropologische Formationen im frühen 20. Jahrhundert, (Litterae Band 255), Baden-Baden: Rombach Wissenschaft 2022.

Weitere Hinweise auf Websites und Literatur

 


Küss die Hand!

Der Herr beugt sich beim Handkuß über die Hand der Dame, die sie ihm ein wenig entgegenhebt, und deutet ihn mehr an, als daß er ihn wirklich gibt. – Der feinfühlende Herr wird am Verhalten der Dame, z.B. dem Gegendruck der Hand merken, wenn sie einen Handkuß nicht wünscht, und ihn selbstverständlich unterlassen.
Zeichnung von Gerhart Kranz (1909–1971), aus: Gertrud Oheim, Einmaleins des Guten Tons, Gütersloh: Bertelsmann 1955, S.78.

Zur Sozialgeschichte vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Handkuss

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Anatomie

Johann Vesling (1598–1649), Künstliche Zerlegung deß gantzen Menschlichen Leibes / Anfangs in Lateinischer Sprache beschrieben/ und mit vielen schönen Figuren gezieret von ... Joanne Veslingio ... Jetzo aber ... ins Teutsche übersetzt durch Gerhardum Blasium ... Nürnberg/ in Verlegung Johann Hofmanns/ Buch- und Kunst-Händlern. Anno MDCLXXXVIII; Seite 299.




Wilhelm Conrad Röntgen (184–1923) macht am 22. Dezember 1895 die erste Aufnahme am Menschen. 1901 bekommt er den ersten Nobelpreis für Physik.

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Vorlagen für Zeichner

 

Kunstbüchlin. Vonn allerley seltzamen, vnd wunderbaren frembden Stucken, so gemeinlich viel sinnens vnnd nachdenckens haben wöllen: Allen Mahlern, Bildschnitzern, Goldschmiden, Steinmetzen, Waffen vnd Messerschmiden nothwending, vnd sehr nutzlich zu gebrauchen. Gestellt Durch weyland Heinrich Vogtherr [1490–1556], Getruckt zu Straszburg, durch Antonium Bertram, [ca. 1575/1600]
> https://hdl.handle.net/2027/osu.32435017628082

Johann Daniel Herz [d.Ä; 1693–1754], Natura artis studio feliciter repraesentata, sive Humana Statura per singula membra juxta aetates et sexus nova inventione accuratissime delineata, oder Gründlich und vollkommene Anweisung zum Zeichnen und kunstmässige völlige Ausarbeitung Menschlicher Statur; 2: Vorstellend Allerhand Hände von verschiednen Gestalten und Arten ... Augsburg 1723
> https://haab-digital.klassik-stiftung.de/viewer/fullscreen/1608537218/9/

 

 

Encyclopédie, Recueil de Planches, Seconde Partie/2, Paris 1763; Pl. XII: Dessein, Mains. Nach Charles Le Brun (1619–1690)

Fig. 1. Main ouverte, vûe par la paume. […] Les doigts sont divisés en trois parties inégales, pour indiquer les jointures des phalanges; la premiere phalange du côté de la paume de la main est plus grande que celle du milieu, & celleci plus grande que celle de l'extrémité du doigt.

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Gebärdensprache

Michel de Montaigne (1533–1592):

Quoy des mains? nous requerons, nous promettons, appellons, congedions, menaçons, prions, supplions, nions, refusons, interrogeons, admirons, nombrons, confessons, repentons, craignons, vergoignons, doubtons, instruisons, commandons, incitons, encourageons, jurons, tesmoignons, accusons, condamnons, absolvons, injurions, mesprisons, deffions, despittons, flattons, applaudissons, benissons, humilions, moquons, reconcilions, recommandons, exaltons, festoyons, resjouïssons, complaignons, attristons, desconfortons, desesperons, estonnons, escrions, taisons: et quoy non? d’une variation et multiplication à l’envy de la langue.

Was thun wir nicht alles mit den Händen? Wir ersuchen, versprechen, rufen, beurlauben, drohen, bitten, flehen, verneinen, versagen, fragen, bewundern, zählen, bekennen, bereuen, fürchten, schämen, zweifeln, unterweisen, befehlen, reitzen, ermuntern, schwören, bezeugen, beschuldigen, verdammen, sprechen los, schimpfen, verachten, trotzen, zürnen, schmäucheln, loben, segnen, demüthigen, spotten, versöhnen, empfehlen, erhöhen, empfangen, erfreuen, beklagen, betrüben, verzweifeln, erstaunen, rufen aus, schweigen stille. Wir verändern und vervielfältigen die Bewegungen derselben so gut, als die Bewegungen der Zunge.

Michel de Montaigne, »Apologie de Raimond de Sebonde« (Essais, Livre II, Chapitre XII) — Übersetzung von Johann Daniel Tietz, Leipzig 1753
> http://www.zeno.org/nid/20009227466

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Rede-Gestus

In  mittelalterlichen bebilderten Handschriften wird oft mit einem sog. Redegestus angedeutet, welche Figur spricht.



Hier oben als Beispiel eine Szene aus dem mhd. »Rolandslied« (Mitte des 12. Jhs.; das Bild in der Gegend von Vers 1’620ff.): Der wegreitende Genelûn spricht zu seinen Gefolgsleuten. > http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg112/0001

Unter dem Namen »der Winsbecke« existiert ein mittelhochdeutsches Lehrgedicht des 13. Jahrhunderts, in dem (im ersten Teil) der Vater seinem Sohn ritterliche Moral beibringt: Verhältnis zu Gott und den Frauen, Verhalten bei Hof, Warnung von Lastern usw.

Der Manesse-Codex bringt ein ›Autoren-Portrait‹, das den dozierenden Vater zeigt. Er scheint an den Fingern die einzelnen Ratschläge abzuzählen; der Sohn hält die Hände übers Kreuz gelegt, als würde er andeuten: Ich höre und wende nichts dagegen ein …

Cpg 848; Fol. 213 recto > https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0421

Texte dazu in: Winsbeckische Gedichte nebst Tirol und Fridebrant, hg. v. Albert Leitzmann, 3 Auflage von Ingo Reiffenstein, Tübingen 1962 (Altdeutsche Text-Bibliothek 9).

Der Lehrer (meyster) , der den Schüler (junger) unterweist:

Lucidarius, Augsburg 1482.

Der Rhetoriklehrer Quintilian (er lebte von ca. 35 bis ca. 96) nennt in seiner »Institutio oratoria« mehrere die Rede unterstützende Handgesten. Hier ein Ausschnitt:

XI, iii, 92. Est autem gestus ille maxime communis, quo medius digitus in pollicem contrahitur explicitis tribus, et principiis utilis cum leni in utramque partem motu modice prolatus, simul capite atque umeris sensim ad id quo manus feratur obsecundantibus, et in narrando certus, sed tum paulo productior, et in exprobrando et coarguendo acer atque instans: longius enim partibus iis et liberius exseritur.

93. Vitiose vero idem sinistrum quasi umerum petens in latus agi solet, quamquam adhuc peius aliqui transversum bracchium proferunt et cubito pronuntiant. duo quoque medii sub pollicem veniunt, et est hic adhuc priore gestus instantior, principio et narrationi non commodatus.

92. Die allgemeinste Gebärde, den Mittelfinger mit dem Daumen zusammenzuschließen, während die drei anderen Finger entfaltet bleiben, erweist sich für den Redeanfang als brauchbar und erfolgt dann durch gemächliches Vorstrecken mit einer leichten Bewegung nach beiden Seiten […].

93 Verkehrterweise aber führt man diese Gebärde gern nach der Seite aus. […] Auch zwei Mittelfinger kann man unter den Daumen schieben, und dann wirkt diese Gebärde noch eindringlicher als die erste, weshalb sie für den Anfangs- und Erzählteil nicht passt.

Marcus Fabius Quintilianus: Ausbildung des Redners, hg. und übers. von Helmut Rahn, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1975 (lateinischer und deutscher Text parallel)

lat. Text online > http://www.thelatinlibrary.com/quintilian/quintilian.institutio11.shtml
englische Übersetzung hier

Der Redner Aule Meteli (1.80m hohe etruskische Bronzestatue aus dem späten 2. Jahrhundert v. Chr.):

> https://de.wikipedia.org/wiki/Arringatore#/media/File:Arringatore.jpg

> http://www.ilcaffeartisticodilo.it/tag/arte-romana/

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Eine durch Handzeichen geführte Diskussion

aus François Rabelais (≈1494–1553), »Pantagruel« (1532)

Kap. 18: Ein großer Gelehrter aus Engelland – Thaumastos (der Wunderbare) – möchte ein philosophisches Gespräch führen, aber

ich disputir nicht pro et contra, wie die dummen Sophisten hie am Ort und anderwärts, deßgleichen auch nicht nach der Akademiker Art durch Declamation, noch auch durch Zahlen, wie Pythagoras thät und Picus Mirandula in Rom thun wollte. Sondern ich will disputiren durch Zeichen allein, ohn alle Wort, weil es so steile Materien sind, daß keine menschliche Sprach im Stand ist sie auszudrucken wie ich möcht.

Kap. 19:

Itzt, während nun alles mäusleinstill umherstand und die Ohren spitzt', erhub der Engländer beyde Händ getrennet hoch in Luft empor, wobey er alle Spitzen der Finger in der Figur zusammenkniff, die man um Chinon Hühner-Arß nennt, und mit den Nägeln der einen vier mal gegen die andre schlug: dann that er sie auf, und schlug sie, daß es klatscht', einmal zusamen, schloß sie wiederum, und schlug zweymal wie vorhin; thät sie dann vier mal wieder auf. Darnach legt' er sie lang und platt an einander, wie in andächtigem Gebet.

Alsbald erhub Panurg (der zu allem Fähige, Freund von Pantagruel) die Rechte, steckt' dann den Daumen selbiger Hand ins rechte Nasenloch, hielt die vier Finger ausgestreckt und in ihrer Reih parallelisch zusamengeschlossen gegen das Nasenbein, wobey er das linke Aug ganz zudruckt', und mit dem Rechten blinzelt', daß die Brau und Wimper tief heruntergepreßt ward. Dann hub er die linke Hand in die Höh, den Daumen aufrecht, die vier Finger fest aneinander und ausgereckt, und hielt sie so in gleichem Strich zur Positur der rechten, also daß zwischen beyden Händen ein und ein halber Schuh breit Raum verblieb. Hierauf neigt' er in gleicher Gestalt die zwo Händ zur Erden, und endlich hielt er sie in die Mitt, als wollt er damit dem Englischen grad nach der Nasen zielen.

usw.

Gargantua und Pantagruel, deutsche Übersetzung von Gottlob Regis.
> http://www.zeno.org/nid/20005517311
> https://www.e-rara.ch/zuz/content/zoom/21953580

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Segens-Gestus (I)

›Segnen‹ bedeutet: göttliche Lebenskraft mitteilen. Dies kann in Worten und/oder mit einem Gestus vollzogen werden.

(Der Segens-Gestus kann nicht immer von demjenigen des Ansprechens unterschieden werden; oft mag beides vorliegen.)

Holzschnitt von Christoph Murer zu Lukas 1,28: Ave Maria.

Novae sacrorum bibliorum figurae, versibus latinis & germanicis expositae.Das ist neue biblische Figuren mit latinischen und teutschen Versen aussgelegt / durch M. Samuelem Glonerum poetam laureatum, Strassburg: getruckt bey Christoff von der Heyden 1625. [Das Monogramm HR stammt von einem unbekannten Formschneider]

In den Bild-Dokumenten der älteren Zeit sind verschiedene Segensgesten zu erkennen:

Bilder aus: E. Fehrenbach, Artikel »Bénir, Manière de«, in: Dictionnaire d’Archéologie Chrétienne et de Liturgie, II/1 (1910), pp. 746–758.

  • Die offene Hand
  • Der ›lateinische Typ‹: Daumen, Zeige- und Mittelfinger ausgestreckt; Ringfinger und kleiner Finger eingebogen. Papst Innonzenz III. schrieb das Ausstrecken dreier Finger vor (PL 217,825), wohl zur Unterscheidung von der Ostkirche.
  • Der ›griechische Typ‹: Ringfinger und Daumen schließen sich zusammen; die andren drei Finger ausgestreckt (oben Fig. 1489)

    Der Gestus hat verschiedene Deutungen erfahren:

    • Einige wollen darin die griechischen Buchstaben I, X [Chi], C [Sigma] und somit ein Christusmonogramm sehen.
    • Andere sehen in der Form von Daumen und Ringfinger ein α [Alpha] und in den drei ausgestreckten Fingern ein ω [Omega] – mithin eine Anspielung auf den Satz von Jesus (Apk 1,8 und Apk 22,13).
    • Die drei ausgestreckten Finger bedeuten die Trinität und die zum Kreis geschlossenen Finger die Ewigkeit.
  • Segnen mit ausgestrecktem Zeig- und Mittelfinger, während der Ringfinger und der kleine Finger am Daumen liegen (oben Fig. 1491)
  • Segnen mit ausgestrecktem Zeigfinger und kleinem Finger, während Mittel- und Ringfinger am Daumen liegen (oben Fig. 1492).

Fresko in S.Angelo in Formis

Literaturhinweis: Rudolf Suntrup, Die Bedeutung der liturgischen Gebärden und Bewegungen in lateinischen und deutschen Auslegungen des 9. bis 13. Jahrhunderts, (MMS 37), München 1978.

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Segens-Gestus (II)

Vom anthropologisch basalen Gestus des Tröstens durch Handauflegen wird der Segensgestus (hier bei einer Priesterweihe) hergeleitet:

Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Liebe und Hass. Zur Naturgeschichte elementarer Verhaltensweisen, München: Piper 1970; Abb. 48.

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Gefaltete Hände

Das Zusammenlegen der Hände (Conjunctio manuum) ist ein Zeichen dafür, dass der Geist nicht zerstreut, sondern zusammengehalten und gesammelt ist. Wann die Gebetshaltung in der christlichen Kirche aufgekommen ist, weiß man nicht; das früheste Zeugnis dafür ist Papst Nikolaus I. († 867), welcher das Falten der Hände als ein Zeichen dafür hielt, daß wir Knechte, Gefangene und Gebundene Christi sind, bereit zur Züchtigung. (Nach: Pierer’s Universal-Lexikon, Band 6., Altenburg 1858)

 

Maria im Aehrenkleid, Salzburg um 1490 (Wiki Commons)

Dazu ein Kapitel aus Christian Scriver [1629–1693], Gottholds zufälliger Andachten Vier Hundert. Bey Betrachtung mancherley Dinge der Kunst und Natur/ in unterschiedenen Veranlassungen zur Ehre Gottes / Besserung des Gemüths/ und Ubung der Gottseligkeit geschöpffet […], Leipzig 1671. [PDF-Datei, 1 Seite]

Ich bin bereit

zu tun, was Du (ein Machthaber, Gott) anordnest. Der Gestus der verschränkten Arme wird oft als "Oranten-Haltung" bezeichnet. Er meint indessen wohl: Ich bin ein\e einsetzbare\r Befehlsempfänger\in. (Andreas Hebestreit 2022)

Frühe sumerische Skulptur, um 2’500 v.u.Z.; aus: Winfried Orthmann, Der alte Orient, (Propyläen-Kunstgeschichte Band 18), 1985, Abb. 32.

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Die Hände ausbreiten zum Gebet

Als anthropologische Grundlage des Gebetsgestus, den man bereits aus dem Alten Orient kennt – die Hände werden vom Körper weggestreckt – ließe sich der Ausdruck ›ich bin dir wehrlos ausgeliefert‹ vermuten.

Sheshonq, Priester des Ptah in der 22. Dynastie; opfernd / anbetend. > https://fr.wikipedia.org/wiki/Sheshonq (grand_prêtre_de_Ptah)  

Die Hieroglyphe Gardiner A30 (phonetisch dwȝ) zeigt einen »Man with arms raised in front of face: determinative of adore; praise, respect; beg.«

Weiteres Bildmaterial hier > https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Man_worshiping_%28hieroglyph%29

Macrobius (Saturnalien III, ix, 12): Wenn er [ein Heerführer] eine Verfluchung ausspricht: Wenn er den Namen Tellus ausspricht, berührt der mit den Händen die Erde; wenn er Jupiter nennt, erhebt der die Hände zum Himmel (cum Iovem dicit, manus ad coelum tollit); wenn er sich durch das Gelübde verpflichtet, legt der die Hände an die Brust.

 

Betende Eidgenossen, aus: Diebold Schilling, Luzerner Chronik (Handschrift, 1513) > http://www.e-codices.unifr.ch/en/kol/S0023-2/608/0/

Literatur: Peter Ochsenbein, Beten ›mit zertanen armen‹, ein alteidgenössischer Brauch, in: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 75 (1979), S. 129–172. > http://doi.org/10.5169/seals-117313

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Die göttliche Stimme vernehmen

Oft sieht man Bilder, wo Menschen die Handfläche der Quelle der göttlichen Stimme entgegenstrecken und so den Segen empfangen.

• Psalm 180 (Vulgata),28: Maledicent illi – et tu benedices. … Servus tuus autem laetabitur (Meine Gegner werden fluchen, du aber wirst segnen, … Dein Knecht aber wird sich freuen.)

Stuttgarter Psalter fol. 127 recto. (Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Bibl. fol. 23 > https://archive.org/details/StuttgarterPsalter)

• Moses empfängt die Tafeln des Gesetze (Exodus 24,12ff.):

Huldrych Zwingli, Von Clarhayt vnd gewüsse oder vnbetrogliche des worts gottes, [Augsburg (Grimm und Wirsung)] [1522].
> https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10158915_00005.html

• Der Herr verheißt Joel, die Not zu wenden:

Zeichnung von Johann Jakob von Sandrart / Holzschnitt von Elias  Porcelius, in: Gantz neue Biblische Bilder-Ergötzung, Nürnberg, Endter, ca.1700; zu Joel 2 (Ausschnitt).

• Im Heilsspiegel (Speculum humanae salvations) der Darmstädter Handschrift 2505 (ca. 1360) wird diese Szene gezeigt: Der Erzengel Gabriel verkündigt dem Joachim, dass seine Frau Anna die Jungfrau Maria gebären wird. (Quelle nicht biblisch, sondern das Protoevangelum des Jakobus und die Legenda Aurea). Joachim empfängt diese Botschaft so:

> http://tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/Hs-2505

• Vielleicht kann man auch das Stuckrelief der Taufe Christi in der Klosterkirche St. Johann Müstair (Ende 11.Jh.) so deuten.

  • Jesus vernimmt bei der Taufe (Markus 1,9–11 und Parallelstellen) die Stimme aus dem Himmel: »Du bist mein Sohn …« (offene Hand) und gibt den Segen mit dem entsprechenden Handgestus (vgl. oben zu den Segensgesten) weiter. — Empfangen und Weitergeben ähnlich wie in Genesis 12,2: »Ich will dich [Abram] segnen – Du sollst ein Segen sein.« [Danke, Christian N., für den Hinweis!]
  • Johannes trägt hier nicht wie üblich ein Gewand aus Kamelhaar (Markus 1,6; Matth. 3,4). Sein Gestus – wenn es nicht einfach das Begießen mit Wasser meint – könnte gedeutet werden aufgrund seines Worts »Doch es kommt einer, der stärker ist als ich.« (Lukas 3,16).
  • Ein Engel, das das Gewand Jesu während der Taufe im Jordan hält, ist unbiblisch, aber in Darstellungen üblich.

https://www.muestair.ch/fileadmin/_processed_/8/0/csm_Tauferelief_bearb_a52140e447.jpg

Eine ähnliche Darstellung auf den Taufbecken der Kirche St. Bonifatius in Freckenhorst (auf der Skulptur datiert: 1115); nach einer Fotografie von Wolfgang Guelcker auf
> https://wgue.smugmug.com/Orte/Westfalen/Freckenhorst/

• Aeneas erzählt in seinem Bericht von der Reise von Troja nach Karthago, wie ihm die Penaten in einer Vision kundgetan haben, dass er in Italien ein neues Troja gründen werde. Darauf:

corripio e stratis corpus tendoque supinas | ad caelum cum voce manus … =  Reiße ich mich vom Lager auf und strecke meine Handflächen [supinas manus ≈ die Hände nach rückwärts gebogen] zum Himmel empor, mit [betender] Rede.  (Vergil, Aeneis III, 176 f.)

Thomas Murner, der 1515 die »Aeneis« ins Deutsche übersetzt hat, ersetzt diese antike Geste durch die christliche:

Gar bald ich von dem Bett auffsprang/
   Mein Hend all beyd zusammen zwang
/
Vnd sie auffwerts gen Himmel bot
   Mit Gaben/ Bitt dem hohen Gott 
(Text hier nach der Ausgabe 1606)

Hinweis darauf bei Julia Frick, Renaissance eines antiken Klassikers. Thomas Murners Übersetzung von Vergils Aeneis, in: Zeitschrift für deutsches Altertum 146 (2017/3), S. 366.


Literatur: Thomas Ohm, Die Gebetsgebärden der Völker und das Christentum, Brill Archive, Leiden: Brill 1948; S. 252ff. »Das Ausstrecken und Ausbreiten der Hände nach oben«

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Handgesten im Hinduismus und Buddhismus (Mudra)

> https://en.wikipedia.org/wiki/Mudra

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Faust als Ausdruck des Protests

••• Ralph Chaplin in: Industrial Workers of the World (IWW) journal Solidarity on June 30, 1917:

Quelle (wikimedia)

Mehr hier > https://en.wikipedia.org/wiki/Raised_fist

 

••• Die Faust als Pictogramm ist das Logo des »Roten Frontkämpferbundes«; die Idee dazu stammt von John Heartfield (1891–1968). Der Gruß der Mitglieder mit der angehobenen und geschlossenen Faust symbolisierte die ›geballte Kraft der Arbeiterklasse‹ – dass die Gruß-Gebärde das Gegenstück zu derjenigen einer anderen Partei ist, versteht sich. > https://de.wikipedia.org/wiki/Roter_Frontkämpferbund


••• Bald nu na Fuuscht! [Bald nur noch Faust].

Karikatur von Carl Böckli (1889–1970) im Satiremagazin »Nebelspalter« 1951 / Heft 44. – Thema war eine Resolution der westschweizerischen Produzenten: Entweder Übernahme der Weinüberschüsse durch den Bund, Erhöhung der Milch- und Brotgetreidepreise, Beschränkung der Einfuhr, oder Steuer- und Hypothekarzinsstreik.
Digitalisat von www.e-periodica.ch: neb-001_1951_77__3041_d.pdf
(Wieder abgedruckt in: »So simmer«, 84 Zeichnungen und Verse von Bö, Rorschach: E.Löpfe-Benz 1953)

Auch heute zur Macht Drängende verwenden diese Geste mitunter:

(November 15, 2022)

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Loslassen können

Elias Canetti machte auf ein interessantes Phänomen aufmerksam: Die Hominiden haben eine opponierbare Großzehe, bzw. an der Hand einen Daumen. Beim Klettern auf Bäumen ergreift die eine Hand einen Ast und hält ihn fest – dann aber muss die andere Hand den von ihr ergriffenen Ast loslassen, sonst kommt das Lebewesen nicht voran. Dann ergreift diese Hand einen neuen Ast, undsoweiter, jeweils um eine Phase verschoben. Diesen ›Algorithmus‹ lernt man nicht beim Beute-Packen. Und als unsere Vorfahren dann von den Bäumen zur Savanne als Lebensraum wechselten, haben sie (freilich nicht alle!) das ›Loslassen-Können‹ erfolgreich beibehalten.

Elias Canetti (1905–1994), »Masse und Macht«, Düsseldorf 1960.

Man vergleiche Konrad Lorenz (1903–1989) zur zentralen Repräsentanz des Raumes und der Greifhand in »Psychologie und Stammesgeschichte«, Kapitel VI,1.

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Die Finger beim Gruß als bedeutsame Geste

 

••• Beim Pfadfindergruß weisen Zeige-, Mittel- und Ringfinger nach oben, und der Daumen legt sich auf den kleinen Finger.

Die drei aufrechten Finger stehen für die drei Elemente des Pfadfinderversprechens (treu, ehrlich, hilfsbereit). Der Daumen (der Starke) schützt den kleinen Finger (der Schwache).

> https://de.wikipedia.org/wiki/Pfadfindergruß

 

••• In der DDR hoben die Thälmann-Pioniere die geschlossene Hand hoch. Dazu gab es offenbar eine Ausdeutung der Geste im Detail. Der junge Pionier erhebt beim Gruß immer die rechte Hand mit den geschlossenen Fingern über den Kopf.

Die fünf Finger symbolisieren die fünf Erdteile, die zusammenhalten müssen, wenn der Kampf um den Frieden und somit um eine glücklichre Zukunft aller Kinder erfolgreich geführt werden soll. Das Erheben der Hand über den Kopf besagt, daß alle jungen Pionieren diese Interessen, die Interessen des Friedens, über ihre eigenen Interessen und über ihre eigene Person hinausheben. Quelle > http://ddr.bizhat.com/ddrjupi.htm

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Seine Hand im Spiel haben

Französische Chiromantie

Was alles in Herrn von Bismarck’s Hand liegt, worin er sie hat und wobei sie im Spiele ist.

[Gemeint ist, wofür Bismarck von französischer Seite verantwortlich gemacht wurde; welche Gerüchte Louis Napoléon III. verbreitet haben soll, um Einfluss auf die "élections législatives" 1869 zu auszuüben. 1870 kommt es bekanntlich zum Krieg.]

Karikatur von Wilhelm Scholz (1824–1893) in: Kladderadatsch Nr. 11 vom 7. März 1969.
> https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/klabismarck1890/0059

Hugenberg betonte in einer Rede die Notwendigkeit, dass der gewerbliche Mittelstand vor dem Wettbewerb der Betriebe der “Öffentlichen Hand” geschützt werde:

Es breitet die “Öffentliche Hand”
Sich segnend über Volk und Land.

Kladderadatsch 15.Januar 1933. Digitalisat der ub.uni-heidelberg.de

Auf eine andere Art haben die Mächtigen die ›Hand im Spiel‹, wenn sie die Untertanen wie Marionetten hand-haben:

Die Monarchie spielt mit den Bürgern.
Die Torheit: Tanzt ihr Püppchen, tanzt ihr Hampelmännchen! —
Der Tod und die Republik: Ob eurer Sprünge wird man nicht immer lachen.

Eduard Fuchs, Die Karikatur der europäischen Völker, Band 2: Vom Jahre 1848 bis zur Gegenwart, Berlin: Hofmann 1903; Abb. 254.

Die Schauspielerin Marguerite Bellanger war die Maîtresse von Kaiser Napoléon III.

Eduard Fuchs, Die Karikatur der europäischen Völker, Band 2: Vom Jahre 1848 bis zur Gegenwart, Berlin: Hofmann 1903; Abb. 157 (ohne genaueren Nachweis)

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Die Hand des Schöpfer-Gottes


Gott schafft (gemäß Genesis 1,3–26) die Geschöpfe durch sein Wort; die Schedelsche Weltchronik, Nürnberg 1493 fokussiert auf den Gestus der erschaffenden Hand:

(Ausschnitt; ganzes Bild hier )

Amm vierden tag sprach got. Es sollen liechter in den firmament des himels werden vnd den tag vnd die nacht teilen. vnd zu zaichen. vnd zeiten vnd tagen vnd iaren sein. das sie scheinen in den firmament des himels vnd erlewchten die erden. vnd es ist also geschehen.

Im Mittelhochdeutschen wird oft das Wort (gotes) handgetât verwendet, um die Geschöpfe, insbesondere den Menschen zu bezeichnen.

  • In einem Gebet aus dem 12. Jahrhundert bittet eine Frau Gott, sie vor Nachstellungen zu bewahren, denn sie sei ja sein Geschöpf: so schoue alle mine note. mit den ich pin bevangen. […] nu erchenne ane mir din handgetat. (F. Maurer, Relig. Dichtungen des 11. u.12. Jhs., Band III, 622)
  • Gîburc ermahnt die zum Kreuzzug bereiten Krieger, wenn die Heiden unterliegen sollten, sie ehrenhaft zu behandeln: Hœret eines tumben wîbes rât, schônet gotes handgetât! Ein heiden was der êrste man, den got machen began. (Wolfram von Eschenbach, »Willehalm« 306,27f.)

Die Hand Gottes als Synekdoche für Gott kommt in der Bibel oft vor: eine Hand schreibt das Menetekel an die Wand (Daniel 5,4 und 24); die Hand Gottes liegt Tag und Nacht schwer auf dem Sündigen (Psalm 31,4 Vg.); man soll sich unter die gewaltige Hand Gottes demütigen (1. Petrusbrief 5,16)

Vgl. Andreas Wagner, Artikel »Hand (AT)«, (2007), in: Lexikon Bibelwissenschaft > http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/40970/

Im Apsismosaik in San Clemente in Rom (12. Jh.) hält die Hand Gottes sowohl den Erdkreis, als auch das Kreuz:

Vgl. das ganze Bild auf
> https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Apsis_mosaic_San_Clemente.jpg

Ein Flugblatt aus Nürnberg, das man auf vor 1627 datieren kann, zeigt eine Abbreviatur der Welt in der Hand Gottes (angeschrieben mit JHWH).

Schola Gentilium, Der Heyden Schul  vnd Vnterweisung/ wie sie in dem eusserlichen Erkaͤntnuß Gottes Staffelweiß auffsteigen koͤndten; in: Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts / hrsg. von Wolfgang Harms und Michael Schilling, Band 1, Tübingen: Niemeyer, 1985, Nr. 8. Vgl. das Digitalisat des British Museum > https://tinyurl.com/mhcdox7

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Viel-händige Gottheiten

Die ›sinesische‹ Göttin Pussa wird von Erasmus Francisci gedeutet als eine geheime Fürbildung Göttlicher Krafft in der Natur […], und er vermutet, dass das Bild die allgegenwärtige Macht und Hülffe Gottes/ und die Regierung aller Dinge, verblümter Weise bemercken wolle (S. 1009).

Neu-polirter Geschicht- Kunst- und Sitten-Spiegel ausländischer Völcker : fürnemlich Der Sineser, Japaner, Indostaner, Javaner, Malabaren, Peguaner, Siammer, ... und theils anderer Nationen mehr: welcher, in sechs Büchern, sechserley Gestalten weiset ... / Dem Schau-begierigem Leser dargestellt von Erasmo Francisci, Nürnberg: Endter 1670.
> http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10932714-9

 

Ixora, Divinité des Indes Orientales in David Herrliberger, Heilige Ceremonien oder Religions Übungen der abgöttischen Völcker der Welt. Beschreibung der heutigen gottesdienstlichen Pflichten und Gewohnheiten der abgöttischen ost-indianischen Völker, Zürich 1748.
> https://www.e-rara.ch/zuz/content/pageview/5485931

Zitiert bei Paola von Wyss-Giacosa, Religionsbilder der frühen Aufklärung. Bernard Picarts Tafeln für die «Cérémonies et Coutumes religieuses de tous les Peuples du Monde». Wabern bei Bern: Benteli 2006, S. 217ff.

Giovanni Boccaccio (»De casibus virorum illustrium« VI,1) erzählt, wie ihm beim Schreiben das schreckliche Monstrum Fortuna (horridum monstrum illud, rerum ministra mortalium Fortuna) begegnet: Sie hat u.a. hundert Hände und Arme. Sie beschimpft ihn: Er sei ein Dummkopf, weil er die Schicksale der Männer die Fortuna mit großer Mühe in die Höhe gehoben und dann fallengelassen wurden, mit simplen Worten beschreibe usw. Text: https://la.wikisource.org/wiki/De_casibus_virorum_illustrium/VI

Boccaccio, übersetzt von Laurent de Premierfait († 1418): Des cas des nobles hommes et femmes, ca. 1410 (Bibliothèque de Genève Ms. fr. 190/2)
> https://www.e-codices.unifr.ch/en/bge/fr0190-2//30v

Hinweis: https://www.rdklabor.de/wiki/Fortuna

Gabriel Rollenhagen / Crispin de Passe bringen im zweiten Teil ihres »Nucleus Emblematum« (1611/1613) ein Emblem, das den antiken Geryon in einer barocken Aufmachung zeigt. Die Überschrift lautet: CONCORDIA INSUPERABILS (unüberwindliche Eintracht). Der mythische Geryon hat drei Leiber besessen; hier werden sechs Arme gezeigt, die verschiedene Waffen tragen. Dies soll bedeuten, dass man durch gegenseitige Hilfe in einem Bündnis Erfolg hat. (Das Motiv hat bereits Andrea Alciato in seinem Emblembuch 1531 so verwendet.)

 

Gabriel Rollenhagen, Sinn-Bilder, hg. Carsten-Peter Warncke, (Bibliophile Taschenbücher 378), Dortmund 1983. II,45
> http://diglib.hab.de/drucke/21-2-eth-2/start.htm?image=00093

Karikatur von Franz Liszt:

In: »La Vie Parisienne« vom 3. April 1886. Aus: Karl Storck, Musik und Musiker in Karikatur und Satire. Eine Kulturgeschichte der Musik aus dem Zerrspiegel, Oldenburg: Stalling 1910.

Alles im Griff? Lesen Sie bitte die Packungsbeilage.

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Die Hand des Künstlers

In den »Hierogylphica« des Horapollon (> https://de.wikipedia.org/wiki/Horapollon) wurde versucht, die Hieroglyphen auf eine allegorische Art zu verstehen. 

 

Quo modo hominem ædificandi studiosum. Aedificandi cupidum hominem volentes innuere, hominis manum pingunt. Haec enim omnia absolvit opera.
Wie sie einen Menschen [mittels einer Hieroglyphe bezeichnen], der bestrebt ist zu bauen. Sie zeichnen die Hand eines eifrig bauen wollenden Menschen; diese [die Hand] vollendet alle Werke.

Ori Apollonis Niliaci, de sacris notis & sculpturis libri duo, vbi ad fidem vetusti codicis manu scripti restituta sunt loca permulta, corrupta ante ac deplorata, Parisiis, Apud Iacobum Keruer 1551. > https://archive.org/details/oriapollonisnili00hora

Zeigt Albrecht Dürer in seinem Selbstportrait (1493) nicht ganz prominent das Instrument, mit dem er seine Werke schafft? (Quelle: http://www.wikiart.org)

Vgl. das Selbstportrait von Parmigianino (1524)

 

Die an den Händen des Dirigenten befestigten elektrischen Birnen zeigen die Gesten am Beginn einer Symphonie von Brahms. – Der Musiker hat mit dem Maler und mit dem Bildhauer gemeinsam, dass seine Hände das Haupthandwerkszeug seiner Kunst sind. […] Die Hand, die den Stab des Dirigenten eines Orchesters führt, […] überträgt auf das spielende Orchester in gemessenen, aber spannungsgeladenen Bewegungen Gehalt, Geist und Stimmung des Musikstücks. […] (Pestalozzikalender 1952, S.251)

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Werkzeuge in der Hand — lange Fingernägel

Im Gegensatz den Walfischen, die Flossen haben, zu den Fledermäusen mit ihren Flügeln, und Maulwürfen mit Grabschaufeln haben wir unspezifizierte Vordergliedmaßen (siehe unten). Aber wir können Werkzeuge in die Hand nehmen, und im Gegensatz zu unseren Erden-Mit-Bürgern ganz verschiedene. Und das Werkzeug kann etwas besser, was die Hand nicht kann: es ist härter, schneller, präziser usw.

Das thematisiert Claude Paradin (ca. 1510–1573) in einem Emblem:

In vtrunque paratus — Für beides wohl ausgerüstet

Claude Paradin, Devises heroïques, Lyon: Gazeau 1557

Als Israel aus der babylonischen Gefangenschaft heimkehrte (Buch Esra, Kap.4: Störung des Tempelbaus durch die Samariter), musste es sich einerseits mit dem Schwert gegen Feinde wehren, wollte anderseits den Tempel wieder aufbauen, dazu ist die Maurer-Kelle abgebildet. — Genau so müssen die Christen symbolisch einerseits die Unwissenden auferbauen (vgl. Epheser 2,20–22 und 1. Petrus 2,5 u.a.), anderseits ihre Tod-Feinde, das sind die Laster, bekämpfen mit dem Schwert des göttlichen Worts (vgl. Epheserbrief 6,11–18).

Oder eben gerade nicht! Lange Fingernägel sollten in alten Kulturen anzeigen, dass der Träger nicht als Handwerker arbeitet und sich so die Hände bei manueller Arbeit schmutzig machen würde:

Bild (Ende 19.Jh.) aus Wiki Commons

Und wie ist das heute mit den angeklebten farbigen Fingernägeln?

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Unterhalt

Französ. le maintien bedeutet ›Weiterbestehen, Aufrechterhaltung‹; engl. to maintain ›unterstützen, halten‹. Das hier gezeigte Emblem (eines von sehr vielen ähnlichen) besagt: Verlass uns nicht!

NE LINQUAS

Derhalben weil GOtt so groß ist/ seine Gnad uns elende Menschen erhält/ und seine unendliche Macht uns bewahret/ so müssen wir das allein von ihm bitten/ daß er uns nicht fallen lasse; Unser Seel/ indem sie von ihm bewahret wird/ ist gleichsam ein brennend Hertz/ welches eine liebreiche Hand in den Wolcken hält; aber unten fliesset ein groß Wasser/ so es außzulöschen und verderben wird/ wann es herab fällt. […]

Philothei Christliche Sinne-Bilder. Auß dem Lateinischen ins Teutsch gebracht. Heydelberg/ Bey Johann Peter Zubrodt. Anno MDCLXXIX, Symbolum XXXIX.

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Zähl-Finger

Pierio Valeriano [1477-1560], Hieroglyphica, siue, De sacris Aegyptiorum literis commentarii, Ioannis Pierii Valeriani Bolzanii Bellunensis Basileae: [Michael Isengrin] 1556. Fol. 268 recto.
> https://archive.org/details/hieroglyphicasiu00vale/page/521/mode/1up

Das Zehlen mit den Fingern ist sonderlich gebräuchlich gewesen bey denen Römern: […] Wenn nur der Daume und der Zeige=Finger in die Höhe stunden, und die andern drei eingeschlagen waren, so bedeutete es 3. [Text zwecks besserer Verständlichkeit syntaktisch leicht umgestellt.]

Ausschnitt aus dem Bild auf der Titelseite:

Neue Acerra Philologica Oder Gründliche Nachrichten Aus der Philologie Und den Römischen und Griechischen Antiquitaeten: Darinn Die schwersten Stellen aller Autorum Classicorum Der Studirenden Jugend Zum besten In einer angenehmen Erzehlung kürtzlich und gründlich erkläret werden. Erstes Stück, Halle 1715.
> https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/neue_acerra_philologica_bd1

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Das Duodezimal-System

Es leuchtet ein, dass das Zehner-System von den Fingern der Hand herzuleiten ist. Aber das Duodezimalsystem ebenso! Jeder der 4 Finger hat 3 Glieder, ergibt zusammen zwölf = ein Dutzend. Und mit dem opponierbaren Daumen tippt man darauf und zählt so eine Menge ab. (So kann der Hirt in der einen Hand einen Stock halten und hat die andere frei zum Zählen.) Wenn man beide Hände frei hat, kann man für jedes Dutzend ein Fingerglied an der anderen Hand antippen. 12 x 12 ergibt 144 = ein Gros.

 

Magasin Pittoresque 1848, p. 230
> https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k314316/f234.item

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Finger-Alphabet

Seit dem 17. Jahrhundert sind Fingeralphabete für die Kommunikation mit und unter Hörgeschädigten in Gebrauch.

Juan Pablo Bonet (1520–84), Reducción de las letras y arte para enseñar a hablar a los mudos, Madrid 1620.
> https://books.google.ch/books?id=XkDEjvipPLAC&hl=de&source=gbs_navlinks_s

Michael Venus, Methodenbuch, oder Anleitung zum Unterrichte der Taubstummen. Mit 14 lithographischen Tafeln von Philipp Krippel, Wien: Carl Gerold 1826.

Hinweise:

John Bulwer (1606–1656), Chirologia. Or the naturall Language of the Hand. Composed of the speaking motions, and discoursing gestures thereof, 1644.
> https://en.wikipedia.org/wiki/John_Bulwer#Chirologia_and_Chironomia  und 
> https://archive.org/details/gu_chirologianat00gent

> http://www.fakoo.de/finger.html

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Handhabung eines Geräts

Im englischen Begriff instruction manual steckt die Hand (manus) noch drin; das Wort kommt von lat. manuale = ein Buch, das schnell bei der Hand ist.


Wie man den Zügel hält. Aus: Francisci Philippi Florini Oeconomvs prvdens et legalis. Oder allgemeiner Klug- und Rechts-verständiger Haus-Vatter/ […], Nürnberg, Franckfurt und Leipzig. In Verlegung Christoph Riegels. Gedruckt bey Johann Leonhard Knorzen 1705; Band II, S. 908 > http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/content/pageview/3457078

 

Bedienungsanleitung der Leica Modell B, Wetzlar 1937: Kapitel Laden der Kamera bei gedämpftem Tageslicht. — Die erklärenden Bilder werden präsentiert, als wären die abgebildeten Hände die Hände des Benutzers.

Etymologie von engl. to manage

"to handle, train, or direct" (a horse), from the now-obsolete noun manage "the handling or training of a horse; horsemanship" […], from Old French manège "horsemanship", from Italian maneggio, from maneggiare "to handle, touch," especially "to control a horse," which ultimately from Latin noun manus "hand".
> https://www.etymonline.com/word/manage?ref=etymonline_crossreference

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Handlesekunst

Chiromantie (Weissagung aus der Hand; engl. Palmistry) ist eine Praktik, um aufgrund der verschieden geformten Linien und Hügel der Handinnenfläche den Charakter und künftige Schicksale einer Person zu erkunden. Die Linien und Hügel sind grundsätzlich bei jedem Menschen vorhanden, indessen spezifisch ausgebildet. Die Instruktionen zeigen typische Linienmuster, die bestimmten Charaktertypen und Prognosen zugeordnet sind.

Einen falschen/ listigen und betrieglichen Menschen kan man bey folgenden Zeichen erkennen. […] 3. Wenn die [Linea] Mensalis Ramos über sich hat. – 4. Wenn die [Linea] Naturalis ab initio ist furcata.

Chiromantia Harmonica, Das ist/ Ubereinstimmung der Chiromantiae oder Linien in denen Händen/ mit der Physiognomia oder Linien an der Stirn / Mit Fleiß verfertiget Durch Johann Abraham Jacob Höping; Zum drittenmahl gedruckt/ Und durchgehends an allen Orthen ... vermehret. Jena: Birckner 1681; Nr. 61.

 

Georg Philipp Harsdörffer, Frauenzimmer=Gesprächspiele, 1. Theil, Nürnberg: Endter 1644, S. 144ff.

Der vielseitige Vielschreiber Carl Gustav Carus (1789–1869) unterscheidet

  • Die elementare Hand
  • Die motorische Hand
  • Die sensible Hand
  • Die seelische Hand

Carl Gustav Carus, Über Grund und Bedeutung der verschiedenen Formen der Hand in verschiedenen Personen. Eine Vorlesung; Erläutert durch 9 beigegebene lithographische Tafeln, Abbildungen thierischer und menschlicher Hände, Stuttgart: Becher 1846.
> http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10330746-7

Eine ganz andre ›Hand-Lese-Kunst‹ betrieb Johann Caspar Lavater (1741–1801):

1) Obgleich die Zeichnung etwas verfehlt seyn mag -- sicherlich keine Hand eines edeln, fein fühlenden, weislich würkenden Mannes.
2) Auch keines rohen -- eines feinen und beherzten Mannes.
3) Eines beynah erhabnen Künstlers -- oder Kunstfähigen. Viel Ausdruck davon scheint schon allein in diesem Umrisse des Daumens zu liegen.
4) Viel gemeiner -- doch kann sie noch eines Künstlers Hand seyn; nur gewiß keines so erhabnen, so fein fühlenden, wie 3.
usw.

Johann Caspar Lavater, Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig / Winterthur 1777. IV.Abschnitt. Drittes Fragment
> https://www.deutschestextarchiv.de/book/show/lavater_fragmente03_1777 Bild 161

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Ominöse Zeichen auf der Hand

Auf den Händen des Apostels Judas Thaddäus zeigen sich im Muster der Venen die drei Kreuze der Szene auf dem Kalvarienberg: Markusevangelium 15,27; vgl. beispielsweise den Holzschnitt von H. Burgkmair.

Kupfer von Hendrick Goltzius (1558–1616); Bild aus dem Katalog einer Auktion; der Stich im Rijksmuseum.

Federzeichnung der Hand, signiert von H.Goltzius und datiert auf 1588 bei wikimedia:

Eine andere Darstellung nach H. Goltzius von Crispijn de Passe d.Ä. (1594) im British Museum > http://tinyurl.com/yysywyd5

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Memento mori

Die Mönche des Trappisten-Ordens begrüßen sich mit ›Memento Mori‹ (Gedenke, dass du sterblich bist!) – weil sie aber ihrer strengen Observanz gemäß nicht reden, verwenden sie eine Zeichensprache. Für das M zeigen sie einander die Handfläche:

Danke, Fred N., für den Hinweis und das Bild!

Vgl. den Artikel im Brockhaus 1837 > http://www.zeno.org/nid/20000870994

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Mnemotechnik anhand der Hand und der Finger

Die Hand mit (ohne den Daumen) 4 Fingern zu 3 Gliedern eignet sich für die Repräsentation einer Menge von 12 Elementen, beispielsweise die zwölf Sätze des Credo.

Stephan Fridolin / Wilhelm Pleydenwurff und Michael Wolgemut [Illustratoren], Schatzbehalter, Nürnberg: Koberger 1491; Blatt Viij verso > http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/is00306000/0514

Die Zuordnung zu den Fingergliedern ist so, dass auf den drei Gliedern des Zeigefingers die drei Sätze zur Trinität liegen. – Zu jedem Fingerglied wird auch einer der 12 Apostel assoziiert (beides rechts im Kommentar skizziert). Auf dem Daumen sind Christus und Maria abgebildet.

Mithilfe der händischen Mnemotechnik konnte man sich anno 1466 auch einprägen, wie man zu beichten hat:

Rudolf Sillib / Paul Heitz, Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts (Band 9): Holz- und Metallschnitte aus der Großh. Universitäts-Bibliothek Heidelberg — Straßburg, 1907 (Tafel 4).

Vgl. auch Schreiber Band 4 Nr. 1859 und den Kommentar in: Blockbücher des Mittelalters. Bilderfolgen als Lektüre, Gutenberg-Museum Mainz 1991, Katalog Nr. 38

Vom selben Typ ist die »Guidonische Hand«, wo jedem Ton des (damaligen) musikalischen Systems ein Punkt auf der Hand zugeordnet ist. (Zum genaueren Verständnis muss man gute Kenntnisse in Musikgeschichte haben.)

Athanasii Kircheri Musurgia universalis, sive ars magna consoni et dissoni, in X libros digesta; qua uniuersa sonorum doctrina, & philosophia, musicaeque tam theoricae, quam practicae scientia, summa varietate traditur... Romae: ex typographia haeredum Francisci Corbelleti 1650; Liber tertius arithmeticus: De harmonicorum numerorum doctrina, p.115.
> https://www.e-rara.ch/zut/content/pageview/3559386

Eine Variante:

Albert Lavignac, Cours complet théorique et pratique de dictée musicale, 1882, II, 358; zitiert in Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Band 4 (1955), Sp. 1539f. s.v. Gehörbildung

Dem sagt man ›Digitalisierung‹ von Information (von lat. digitus = Finger)!

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Die Rechte-Hand-Regel

Ein stromdurchflossener Draht in einem Magnetfeld erfährt eine Ablenkung. (Darauf beruht der Elektromotor.) Aber in welche Richtung?

Die Anatomie der Hand bedingt, dass die Finger nur auf eine Weise dreidimensional ausgestreckt werden können, darauf beruht die Rechte-Hand-Regel:

Der Daumen zeigt in Richtung des Stroms (von + nach –); der Zeigefinger zeigt in Richtung des Magnetfelds (von Nord nach Süd); der Mittelfinger zeigt die Wirkung (W) an.
Quelle: Kleine Enzyklopädie Natur, (Hauptredaktion Gerhard Niese), Leipzig: VEB Verlag Enzyklopädie, 1961; S. 219.

Hinweis: https://de.wikipedia.org/wiki/Drei-Finger-Regel#Elektrotechnik

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Immer dieselbe

Die Funktionalität der Hand verlangt und die Anatomie ermöglicht es, dass dieses Organ verschiedene Gestalt haben kann.

In der Emblematik wird das so moralisiert: Die offene Hand bedeutet das Glück (la prosperidad); die geschlossene die Widerwärtigkeit (la aversidad). SEMPER EADEM: Es ist immer dieselbe Hand, nur sieht sie einmal so, ein andermal anders aus. Das Gemüt des Beherzten nimmt die Wechselfälle gelassen hin.

Juan de Borja (* 1533), Empresas morales, Praga: Jorge Nigrin, 1581 (hier nach der Ausgabe 1680). Digitalisat > https://archive.org/stream/empresasmorales00borja#page/47/mode/1up

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Die Hand als Maß

Die Hand ist immer zur Hand, auch wenn man keinen Maßstab bei sich hat. Und der Finger (digitus), die Handfläche (palmus), die hohle Hand sind bei allen Erwachsenen mehr oder weniger gleich breit bzw. enthalten etwa gleich viel Korn... Und so können sie als ungefähres Maß dienen, ebenso wie der Fuß, der Schritt:

Quelle: Cosmographicus Liber Petri Apiani Mathematici studiose collectus, Landshutae 1524, Col. 34 >  http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00064968/image_44

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Schattenspiele

Weil die Hand ganz verschiedene Gestalt einnehmen kann, eignet sie sich für folgenden Spaß:

Quelle: Schatzkästlein, Jahrgang %%%%

Fadenspiele

Knaurs Spielbuch. Zusammengestellt und mit Bildern versehen von Johanna Preetorius [1914–1999], München: Droemersche Verlagsanstalt 1953; S. 74f.

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Sprechende Hände

Weil die Hand mit den Fingern so beweglich ist, kann man damit unterschiedlichste Formen bilden und diese als Zeichen definieren. Gelegentlich basieren diese Zeichen auf anthropologischen Grundlagen, oft sind sie kulturell-konventionell. Die Menge ist heutzutage riesig.

Überblick > https://en.wikipedia.org/wiki/Category:Hand_gestures

 

••• John Bulwer (1606–1656) (> https://en.wikipedia.org/wiki/John_Bulwer) hat als Motto seines umfangreichen (!) Buchs: manus membrum hominis loquacissimum (Die Hand ist das redseligste Glied des Menschen)

Chirologia, or, The naturall language of the hand. Composed of the speaking motions, and discoursing gestures thereof. Whereunto is added Chironomia, or, The art of manuall rhetoricke. Consisting of the naturall expressions, digested by art in the hand, as the chiefest instrument of eloquence […] with types, or chyrograms, a long-wish'd for illustration of this argument […] by J.B. Gent. philochirosophus. London: Printed by Tho. Harper 1644.
> https://hdl.handle.net/2027/uiuc.5234675

••• Eine barocke Anleitung zur Schauspielkunst sagt:

4. Wir leiden oder trauern, indem die Hände kammweise in einander geflochten […] werden.

6. Wir machen Vorwürfe mit drei eingebogenen Fingern und dem ausgestreckten Zeigefinger oder dem eingebogenen Mittelfinger und den übrigen drei ausgestreckten oder mit den beiden eingebogenen mittleren Fingern.

8. Wir fragen, indem wir die rechte, etwas gewendete Hand anheben.

9. Wir bereuen mit der geschlossenen gegen die Brust geführten Hand.

Aus: Franciscus Lang, Dissertatio de actione scenica, cum Figuris eandem explicantibus, et Observationibus quibusdam de arte comica, Monachii 1727 – Abhandlung über die Schauspielkunst, übersetzt und herausgegeben [und mit einem Nachwort versehen] von Alexander Rudin, Bern: Francke 1975.

••• Mit den Fingern kann man auch Buchstaben formen. Winston Churchill hat so während des 2.Weltkriegs bekanntlich das V für ›Victory‹ signalisiert:

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Votivbild

Votivbilder sind Danktafeln für die Errettung aus Krankheit, Bedrängnis, Unglücksfall. Der Betroffene stellt die Notsituation oder den betroffenen Körperteil bildlich dar. Die Aufschrift »Ex Voto« rührt daher, dass der Gläubige in der Notlage gelobt (lat. voveo, votum ›etwas feierlich versprechen‹) hat, bei der Errettung ein Opfer darzubringen.

In diesem Fall ist der Betreffende von einem Hand- (und Fuß-) Leiden geheilt worden. Das Bild der Hand zeigt nicht, wie diese aussieht, sondern ist ein Stellvertreter für die bewahrte oder geheilte Hand.

Lenz Kriss-Rettenbeck, Ex voto. Zeichen, Bild und Abbild im christlichen Votivbrauchtum, Zürich: Atlantis 1972, Abb. 121.

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Die Hand als Sonnenuhr

Die Hand wird nach Osten ausgerichtet; zwischen Daumen und Handballen wird ein Stäbchen gehalten, das einen Schatten auf die Handfläche wirft; an den 12 Fingergelenken wird die Zeit abgelesen. (So ganz klar ist die Bedienungsanleitung freilich nicht...)

Der hundert-Augige blinde Argos, und zwey-Gsichtige Janus, Oder Latinum Chaos. Der andere Bettl-Hafen, König- oder Glücks-Hafen. Aus vilen Bücheren heraus gezogene Nutzlich, Geist- und Weltliche Ehr- und Lehr-Sprüch: Emplemata, Lemmata, seltzame Sprüchwörter, […] ab Andrea Sutore […] Augsburg und München, Mathæus Rieger, 1740. Zum Stichwort Tempus

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Abwehr — Schock

••• Jesus wird vom Teufel in Versuchung geführt (Matthäus 4,3ff. || Lukas 4,4ff.). Dass Jesus widersteht, zeigt das Bild in der Decke von Zillis (nach 1113) mit diesem Handgestus:

••• Johann Jacob Scheuchzer erwähnt 26 Einzelbeobachtungen von Begegnungen mit Drachen. Hier:

Andreas Roduner, Landschreiber der Vogtei Sargans besteigt mit Gefährten ungefähr um 1600 den Wangserberg; da begegnete ihnen ein erstaunlich grosser Berg-Drache… So bald er sie gesehen, reichtete er sich auf die hinteren Füsse in Manns-Länge. ein Leib war mit sehr rauhen Schuppen belegt; die Länge war ungefähr eines halben Wiesbaums (= Stange die über ein Fuder Heu gelegt und an beiden Enden festgebunden wird) Er hatte vier Füsse usw der Kopf hatte einen Haarbusch.

Der Illustrator stellt A.Roduner so dar:

Johann Jacob Scheuchzer, Ουρεσιφοιτης Helveticus, sive Itinera per Helvetiæ alpina regiones, Leiden: Pieter van der Aa 1723; Fig. X.

••• Die Szene in Shakespeares »King Richard III.«, wo Richard nach den Erscheinungen der Geister der von ihm Ermordeten aus dem Traum erwacht (Act 5, Scene 3), gespielt von David Garrick (1717–1779):

Could fearful drops stand on my trembling flesh

Der Holzschnitt nach dem Gemälde von William Hogarth 1745 in »Magasin Pittoresque« 1857, p. 273.

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Abwehrzauber

Möglicherweise ist aus der Hand-Geste des Weg-Schiebens die Vorstellung entstanden, dass die Hand apotropäische Funktion haben kann.

Die vor Bacchus (rechts auf der anschließenden Wand) verängstigte (?) Frau in der Villa dei Misteri in Pompeij scheint so zu reagieren:

Hamsa – Die Hand der Fatima – getragen als Amulett/Talisman – gilt im islamischen Volksglauben als Schutz gegen die dämonenhaften Dschinn und den bösen Blick. Hamsa bedeutet fünf – das bezieht sich einerseits auf die fünf Finger, anderseits auf die fünf Grundpflichten des Islam. Das Zeigen der offenen Hand hat schützende oder segnende Kraft.

Ob diese Hände (Felszeichnung bei Bohuslän, Schweden) auch für die Abwehr bestimmt waren? Oder ist es ein Gestus der Scheu vor dem Numinosen (siehe oben )?

Bild aus: Emmanuel Anati, Höhlenmalerei. Die Bilderwelt der prähistorischen Felskunst, Zürich: Benziger 1997, S. 221.

Hinweis: Irenäus Eibl-Eibesfeldt / Christa Sütterlin, Im Banne der Angst. Zur Natur- und Kunstgeschichte menschlicher Abwehrsymbolik, München: Piper 1992; Kapitel 13. 

Jakob Ozols, Zur Ikonographie der eiszeitlichen Handdarstellungen, in: Antike Welt, Vol. 19, No. 1 (1988), pp. 46–52 sieht in solchen Bildern von ausgestreckten Fingern den Jahreslauf der Sonne dargestellt.

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Handschlag

Das Ritual des Händegebens zum Gruß oder zu einem Vetragsabschluss ist in vielen Kulturen verbreitet; in einigen nicht üblich. Die Verhaltensforschung* führt den Gestus zurück auf (a) das helfende, ermutigende Entgegenstrecken der Hand gegenüber Kindern, (b) das Füttern, wobei bei der Begrüßung statt Futter Kontakt geschenkt wird, (c; meine Ansicht PM) das offensichtliche Darstellen davon, dass man nicht zum Schlag ausholt oder gar eine Waffe in der Hand hat. (*vgl. Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Liebe und Hass, 1970, 203ff.)

 

••• Könige

Auf dem assyrischen Relief des 9.Jahrhunderts sind dargestellt: Der Assyriasche König Shalmaneser III (rechts) und der Babylonsche KönigMarduk-zakir-shumi I:

> https://en.wikipedia.org/wiki/Handshake#/media/File:Shalmaneser.... .jpg

••• Von da zog Jehu weiter und traf Jonadab, der ihm entgegenkam. Er grüßte ihn und fragte: ›Ist dein Herz aufrichtig gegen mich wie mein Herz gegen dich?‹ Jonadab antwortete: ›So ist es.‹ [Da sagte Jehu:] ›Wenn es so ist, dann reich mir deine Hand!‹ Da reichte er ihm die Hand und Jehu nahm ihn zu sich auf den Wagen. (IV. Reg. = 2.Könige 10,15f., Einheitsübersetzung)

••• Minne:

Bernger von Horheim – Bild aus der Manessischen Handschrift (Heidelberg cpg 848)

si darf des niht gedenken, dass ich mînen muot
iemer bekere an dehein ander wîp
(Minnesangs Frühling 114,12ff.)

••• Concordia:

Andrea Alciato, Emblematum liber, Augsburg: Heinrich Steyner 1534
> https://www.emblems.arts.gla.ac.uk/alciato/facsimile.php?emb=A34a028

In der deutschen Übersetzung von Jeremias Held in Andrea Alciato's Liber Emblematum/Kunstbuch, Franckfurt am Main 1566/67:

XXV: Einigkeit.

Nach dem die Römischen Fürsten
Wider einander sich rüsten
Und den Bürger Krieg fiengen an
Das durch eigne krefft Rom wurd zam
Ward dieser brauch bey inen gmein
So sie sich verbanden in ein
Die rechte Hand botten sie dar
Einander in treuwen meinend zwar
Diß war ir Bündtnuß, weiß und gstalt
Der einigkeit ein zeichen alt
Das welche die lieb zsammen bind
An denen die Hend nit erwind.

Alciatos Text: Mos fuit ... Coniunctas dextras mutua dona dare. wurde von den Illustratoren seit 1531 und von den Übersetzern missverstanden. Die Einigkeit suchenden Römer gaben sich nicht leibhaftig einen Handschlag. Alciatos Vorstellung beruht – wie schon Claude Minois in seinem Kommentar 1589 vermutete – auf Tacitus, Historiae 1.54: Miserat civitas Lingonum vetere instituto dona legionibus dextras, hospitii insigne. ≈ Die Lingonen hatten nach altem Brauch als Geschenke an die Legionen geschickt: rechte zum Zeichen der Freundschaft verschränkte Hände. — dextrae war ein aus Edelmetall gefertigtes Modell von zwei verschränkten Händen. Aber die Symbolik stimmt schon!

••• Treue:

In diesem Emblem ist der Handschlag Symbol der Treue; weder Gold, noch Feuer und Schwert können den wechselseitigen Treueschwur trennen:

NEC FERRO VINCERE NEC AURO

Dise Trew sol nichts scheyden

Sihe da die Rechte Hand/
Was ich sage hat bestandt;
Weder streicheln weder beissen
Sol der Liebe Band zerreissen.

Julius Wilhelm Zincgref (1591–1635), Emblematum ethico-politicorum centuria, apud Iohann. Theodor. de Brij, 1619; Faksimile der Ausgabe Heidelberg 1664, Heidelberg: Winter 1986; Nr. LXXXV.

 

••• Diego de Saavedra Fajardo (1584–1648) bringt in seiner »Idea de un principe politico christiano« (Erstausgabe 1640) ein Emblem, das zwei Hände zeigt, die zum Handschlag bereit sind, wobei aber die eine Hand mit Augen ausgestattet ist. Das Motto lautet Fide et diffide; die Augen bedeuten die ›Vor-Sicht‹, die man beim Vertrauen walten lassen soll:

 

Nichts iſt/ welches dem menſchen beſſer vnd nützlicher iſt/ als ein kluges mißtrawen; es iſt ein verwarer vnſeres lebens vnd gantzen wolfart/ welche uns von der eigenen erhaltung eingegeben wirdt/ wo das nit iſt/ da mag keine vorſichtigkeit ſein.

Ein Abriss Eines Christlich-Politischen Printzens, In CI. Sinn-bildern und mercklichen Symbolischen Sprüchen gestelt / von A. Didaco Saavedra Faxardo ... Zuvor auß dem Spanischen ins Lateinisch; nun ins Deutsch versetzt, Zu Amsterdam, Bey Johann Janßonio, dem Jüngern 1655 ; Emblem 51.

••• Eine Karikatur mahnt aufzupassen, wem man die Hand reicht: Hier Kaiser Wilhelm II. dem Teufel. (Wer ist gemeint? Der "Liebenberger Kreis", in dem auf einen Ausgleich mit Frankreich hingearbeitet wurde?)

LES DEUX DEMONS

L’aîné venant aux secours de cadet

Si tu veux, mon cadet, vivre une autre existence,
Il ne te reste plus, maintenant, qu’un espoir:
Me suivvre à tout jamais, renonçant, dès ce soir,
A tout ce qui t’est cher et surtout... à la France!

                                                    André ROSA

(Erworben bei Bartko & Reher Ansichtskartenversand)

 

Hinweise:

Ella Al-Shamahi, The Handshake. A Gripping History, London 2021.

http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Handshakes_in_art

http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Handshakes_in_ancient_Greek_funerary_art

http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Handshakes_in_heraldry

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Eine Hand wäscht die andere

Die Redewendung kennen wir meist in einem misstrauischen Sinne: Eine Gefälligkeit wird mit einem Gegendienst belohnt; vgl. Wiktionary

Im Emblembuch von Gabriel Rollenhagen (1583 – ca. 1619) bezieht sich der Satz MANUS MANUM LAVAT auf die Ehe. Der Text zum Bild besagt: Die Gattin lebt mit dem Gatten in Harmonie, wenn eine Hand die andere wäscht.

Gabriel Rollenhagen / Crispin de Passe, Nucleus Emblematum, Arnheim 1611/1613; unter dem Titel: Sinn-Bilder, hg. C.P. Warncke, (Bibliophile Taschenbücher 378), Dortmund 1983. — Band II, Nr.28.

Das Emblem bei Julius Wilhelm Zincgref (1591–1635) ist noch allgemeiner:

Einer darff [bedarf] des andern hülff.

Keiner kan des andern missen/
   Eine wäscht die ander rein/
Keiner sol Ihm selbst nicht seyn:
[keinem nützt es, für sich zu existieren]
   Diß wil Gott gehalten wissen.

Julius Wilhelm Zincgref, Emblematum ethico-politicorum centuria Julii Guilielmi Zincgrefii [Kupferstecher: Matthaeus Merian der Ältere], [Frankfurt am Main]: de Bry 1619. — Hier aus dem Faksimile der Ausgabe Heidelberg 1664 u.d.T. Hundert ethisch-politische Embleme, hg. Arthur Henkel / Wolfgang Wiemann, Heidelberg: Winter 1986.

Das Motto Alterius altera poscit opem (≈ eines fordert die Hilfe des andern) ist (etwas weit) hergeholt aus Horaz, »Ars Poetica« (= Brief II,3 an die Pisonen) Verse 409ff: Man pflegt zu streiten, ob Naturkraft oder ob Kunst ein Dichterwerk vortrefflich mache. Mir scheint ohne reiche Ader das strengste Studium, und ohne Kunst das beste Naturell gleich unzulänglich; keins kann des andern mangeln, aber freundlich vereinigt glänzen beyde desto mehr. (Übersetzung von Ch. M. Wieland)

Vgl. auch die Zeichnungen im British Museum > http://tinyurl.com/yxay9z8r

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Der Ringfinger

Aulus Gellius (etwa 130–180), Noctes Atticae – Die attischen Nächte (Übersetzung von Georg Fritz Weiss 1876) X,10:

Wir wissen, dass die alten Griechen den Ring an dem Finger der linken Hand getragen haben, der dem kleinsten Finger am nächsten ist. Auch fast alle (gebornen) Römer sollen meist so ihre Ringe zu tragen die Gewohnheit gehabt haben. Apion gibt in seinen Aegypten betreffenden Schriften als Grund dieser Sitte folgenden an: Bei […] Leichenzergliederungen machte man die Entdeckung, dass ein gewisser sehr zarter Nerv von diesem einen, besagten Finger ununterbrochen bis zum menschlichen Herzen sich erstrecke, deshalb es nicht ungereimt erschienen sei, gerade diesen Finger durch eine solche Ehre auszuzeichnen, da er in so enger Verbindung mit dem Hauptsitz der Seele (und jeder herzlichen Empfindung) zu stehen schien.

Der Ringfinger heißt auf lat. digitus anularis. Isidor, Etymologien XI, i, 71: Quartus anularis, eo quod in ipso anulus [der Fingerring] geritur.

Alles über (historische) Fingerringe bei William Jones, Finger-Ring Lore. Historical, Legendary, Anecdotal, London 1877.
> https://www.gutenberg.org/files/43707/43707-h/43707-h.htm

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Schweigen!

In der ersten Ausgabe des Emblembuchs von Andrea Alciato (1531) findet sich der Gestus des auf den Mund gelegten Fingers:

> https://www.emblems.arts.gla.ac.uk/alciato/emblem.php?id=A34b003

Jeremias Held (LIBER EMBLEMATUM. Kunstbuch Andree Alciati, Franckfurt am Mayn, M.D.LXVI) übersetzt das so:

EMBLEMA XXX. Silentium.

So zu gleich schweigt der Weiß und Thor
Kein underschied man hat bevor.
Wann sie reden aber all beid
So macht die red ein underscheid.
Darumb ein jeder kluger Mann
Sein lefftzen halten thue im zaum
Und leg den finger auff den Mund
Werd gleich Harpocrati zu stund.

Die Anspielung auf den (ägyptischen) Gott Harpocrates wird erläutert bei Plutarch, »Über Isis und Osiris« ¶ 68: H. ist nicht ein kindlicher Gott [und wird deshalb fingerlutschend dargestellt], sondern ein Verbesserer der unrichtigen Ansicht der Menschen in göttlichen Dingen, deswegen hat er den Finger auf den Lippen liegen, als Zeichen des Schweigens und der Stille.

Erasmus, »Adagia« IV, I, 52 zitiert ein Gedicht von Catull (Carmen 74), in dem Harpocrates erwähnt wird, und kommentiert: Harpocrates deus ita apud veteres fingebatur, ut digito admoto ori silentium indiceret,…

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Händereichen zwischen Liebenden, Verlobung, Verheiratung

 

Die Verlobung von Maria und Joseph (Matth 1,18 und Luk 1,27)
Die Verlobung von Tobias mit Sara (Tobias 7,13)

(Die Gebärde wird in der Bibel nicht genannt.)

aus dem Speculum humanae salvationis (ULB Darmstadt: Hs 2505)
> http://tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/Hs-2505/0024/image

Jacob und Rachel (Genesis 29,11): Giorgione (1478–1510) in einem Kupferstich von Albert Henry Payne (1812–1902):

Fingersprache vor und während der Ehe:


Quelle: Züricher Kalender ###

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Cornutus

Woher kommt die Gebärde des Hörnerzeigens, um einen betrogenen Ehemann (ital. il cornuto) zu verspotten?

Der gedultige Hanreÿ — Patiens Cornutus Maritus
Bild: Staatl. Kunstsammlungen Dresden
> https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/561068
Das Bild auch in Lutz Röhrich, Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, Ausgabe 1991, Bd. I, S. 626.

Auf dem anonymen Kupferstich wird das Wort Hahnrei als ›Hahn-Reiter‹ etymologisiert, was zwar bildwirksam, aber falsch ist.

Kastrierten Hähnen hat man ihre Sporen auf dem Kopf implantiert:

Es sind etliche sehr künstlich mit den Kappen [Kapaunen] / sie schneiden jhnen die Sporn ab/ vnd den öbern Kamp/ vnd setzen jhnen die Sporen an die stelle deß Kamps/ so bekompt er zwey Hörner/ dann sie wachsen jnen an. (Johannes Colerus, Oeconomia rvralis et domestica. Das ist: Ein sehr nutzliches allgemeines Hauß-Buch vnd kurtze Beschreibung vom Haußhalten, Wein- Acker- Garten- Blumen vnd Feldbaw. Auch Wild- vnnd Voegelfang, Weidwerck, Fischereyen, Viehzucht, Holzfällungen […] Hiebevorn von Johanni Colero, zwar beschrieben, jetzo aber, auff ein Newes in vielen Bücheren mercklich corrigirt, […] Mayntz: Nicolaus Heyl 1645; Das dreyzehende Buch, Cap. LXXVIII)

Noch in Pierer’s Universal-Lexikon (4. Auflage 1857–1865) im Artikel »Huhn«: Sporen, Kamm u. Bartlappen schneidet man gewöhnlich ab. In die Wunde des Kammes drückt man oft die abgeschnittenen Sporen ein, die dann wie Pfropfreiser fortwachsen. Und im Artikel »Horn [1]«: Hieher gehört die Künstelei bei Kapaunen, denen man die von den Füßen abgeschnittenen Sporen […] durch eine Wunde am Kopfe einpfropft, wo diese dann, wenn dabei vorsichtig verfahren wird, nicht nur einwachsen, sondern auch noch größer werden, als sie an den Füßen geworden wären.

Viele weitere Stellen bringt Hermann Dunger, Germania 29 (1884), S.59ff, bes. 63ff.; dort auch Vermutungen zur Etymologie: ursprl. Hahn-Reh[bock-Hörner].

Der Kapaun steht metaphorisch für eine untüchtige Mannsperson, dem evtl. eine treulose Gattin ›Hörner aufgesetzt hat‹. Der Reiter auf dem Hahn signalisiert demnach mit seiner Handgebärde, die den Kopf eines Kapauns nachahmt: Ich bin gehörnt (cornutus), d.h. wurde sexuell impotent gemacht.

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Die Feige weisen

••• Als apotropäische Geste: Bei der nächtlichen Feier der Lemuria im Mai stand der Römer auf und ging barfuß durch das Haus und suchte sich vor einer unheilvollen Begegnung mit Gespenstern mit einer zauberabwehrenden Fingergeste zu schützen: er ›machte die Feige‹:

signaque dat digitis medio cum pollice iunctis,
     occurrat tacito ne levis umbra sibi.
(Ovid, Fasti V, 433f.)

Er macht das Zeichen des Daumens zwischen den Fingern,
     damit ihm in der Stille nicht ein unbeständiger Schatten begegnet.

 

••• Die Feige war in der Antike ein Symbol der Fruchtbarkeit, der Sinnenfreude. Dem Dionysos wurden Feigen geopfert. Das Feigenblatt galt als dem Geschlecht als ähnlich, die geöffnete Frucht dem .
Vgl. den Artikel von Annette Kuptz-Klimpel (leider ohne Nachweise von Quellen)
> https://www.symbolonline.de/index.php?title=Feige

Zur höhnischen wird die laszive Geste, weil die/der sie Ausführende damit ausdrückt: ›Das, was du gerne wolltest, kannst du eben gerade nicht!‹. Die Geste wird von Frauen wie Männern verwendet und auch gegenüber abstrakten Institutionen verwendet.

»Seit dem mittelalter war, aus Italien her, eine trotzige, höhnende gebärde (als imago vulvae) bekannt, it. far la fica, sp. hazer la higa, port. dar huma figa, fr. faire la figue; …«
Beispiel: Der son […] zeigt ir die feigen, nach gwonheit der Walhen, das heiszt aber ein feig, wenn sie den daumen durch die zwen finger stoszen. (Johannes Pauli 1555)
und viele weitere Stellen im Grimmschen Wörterbuch:
> http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=feige

Ob beim deutschen Wort Feige das Verb ficken = ›reiben, hin- und herbewegen‹ (Intensivum zu fegen) hereinspielt? Vgl. Idiotikon s.v. figgen; eim d’Figge büüte › Trotz bieten, drohen, herausfordern‹
> https://digital.idiotikon.ch/idtkn/id1.htm#!page/10713/mode/1up
> http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=ficken

Vgl. auch den Artikel > https://fr.wikipedia.org/wiki/Figue_(geste)

Und > https://lamblard.typepad.com/weblog/2014/09/la-main-figue-ou-mano-fica.html

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Spottgebärde

Nachdem Jesus das selbst schon vorausgesagt hat, wird er vor der Hinrichtung durch die Soldaten verspottet:

Markus 15,19: Vnd schlugen jm das Heubt mit dem Rhor / vnd verspeieten jn / vnd fielen auff die Knie / vnd beteten jn an. 20 Vnd da sie jn verspottet hatten / zogen sie jm die Purpur aus
(Lutherbibel 1545 > http://www.zeno.org/nid/20005331757)

Deuotissime meditationes de vita beneficiis et passione saluatoris Iesu Christi cum gratiarum actione, Augsburg: Grimm & Wirsung 1520.
> https://archive.org/details/deuotissimemedit00grim

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Aberglauben, und was er vermag

Peter Lauremberg (1585–1639), Neue und vermehrte ACERRA PHILOLOGICA. Das ist: Sieben Hundert Außerlesene, Nützliche / lustige und denckwürdige Historien und Discursen. Aus den berühmtesten Griechischen und Lateinischen Scribenten zusammen getragen. [Hier aus der Ausgabe 1717; das Kapitel erscheint bereits 1637.]

Das dritte Hundert nützlicher und lustiger Historien – 97. Von der Hand und den Fingern.

Nicht allein bey den weisen Römern und Griechen/ sondern auch bey den barbarischen Nimidiern/ hat mans dafür gehalten/ daß in der rechten Hand eines Mannes sonderliche Tugend und Autorität bestehe. Mit der rechten Hand haben sie den Frieden verkündiget und angedeutet. Wann sie dieselbe darreichten/ wars ein Zeichen einer demüthigen unterthänigen Bitte/ wie Turnus thate beym Virg. im 12. Buch Æneid.

Beym Euripide wolte Hecuba den Ulyssem um Gnade bitten/ auf daß sie ihre Tochter Iphigeniam wieder loß bekäme; Aber Ulysses zog seine rechte Hand, weg/ und verbarg sie/ damit sie nicht von der Hecuba angerühret würde.

Insonderheit war im Daumen eine Anzeigung der Gunst und Freundlichkeit. Wann man einem Gutes gönnete/ so drückete man den Daumen: Gönnte man Ubels/ so kehret man ihn um.

Der mittelste oder längste Finger ward für unehrlich oder schandbar gehalten: Ward auf jemand mit denselben ausgestreckt gewiesen/ so war es eine grosse Schande demselben/ dem es geschah: Und ward ihm hierdurch Schimpff und Unehr angethan.

Wann eine Frau in Kindes-Nöthen arbeitete/ und jemand zugegen/ der die Hände und Finger in einander geschürtzet/ gleich als ob er betete / das ward für eine Zauberey gehalten/ und könte die kreissende Frau nicht erlöset werden. Noch ärger aber war es/ wann man die also zusammen geschürtzte Hände sitzend über ein oder zwey Knie geschlagen und gehalten. Diß findet man beym Plinio im 17. und 28. Buch.

Aberglaube ist mancherley: Thut aber zu Zeiten auch etwas/ nach dem Sprichwort: Einbildung ist ärger als Pestilentz.

> http://www.zeno.org/nid/20005236878

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Gerichtshand

Eine Hand, die einen Gerichtsstab hält, demonstriert die Machtvollkommenheit des Gerichts. (Auch als ›Richterfaust‹ bezeichnet.)

Gerichtshand aus Bronze; ausgestellt im Museum für Hamburgische Geschichte,
aus > https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gerichtshand_bronze.JPG

Zitat aus einer Urkunde von 1690: bey diesem städtgen schon vordessen eine messingene gerichtshand eingeführet ..., so soll der ... richter ... allezeit bei sich haben [und Streitende] an die gerichtshand angeloben lassen ... [Er hat auch das Recht] dem ungehorsamen einen guten streich mit solcher gerichtshand zu geben (aus dem Wörterbuch der älteren deutschen Rechtssprache: https://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~cd2/drw/e/ge/rich/than/gerichthand.htm

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Lehensübergabe

Immixtio manuum bei der Lehensübergabe:

Der künftige Lehensmann reichte dem, dessen Vasall er wurde, die Hände (in manus N. se commendare). Eine Quelle aus dem Jahr 826 beschreibt das so: Mox manibus iunctis regi se tradidit ultro … Caesar et ipse manus manibus suscepit honestis – Mit zusammengelegten Händen übergab er sich aus freien Stücken dem König … Und der Herrscher selbst empfing diese Hände in seinen ehrwürdigen Händen.  (vgl. François Louis Ganshof, Was ist das Lehnswesen? Darmstadt: WBG, 4.Aufl. 1975, S. 26f: Die Kommendation)

Eike von Repgow, Sachsenspiegel, Anfang 14. Jh. (Cod. Pal. germ. 164, 2verso) > http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg164/0018

(Hier belehnt der Herr gleichzeitig zwei Mannen mit demselben Gut. Der eine bekommt den Besitz, was mit dem Griff auf die Ähren ausgedrückt ist; der andere die Anwartschaft, was durch die mit einem Kreis umschlossenen Ähren versinnbildlicht ist.)

vgl. auch: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg362/0095

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Schwurhand

Zur Bekräftigung oder gar zum Vollzug eines Geschäfts leistet man einen Eid. Dazu legt man eine Hand auf einen bedeutsamen Gegenstand (Schwert, Reliquie, Bibel, Verfassung, die Frauen auf den Haarzopf o.ä.); jünger ist die Geste des Erhebens der Hand gegen den Himmel. In Urkunden heisst das:

mit vferhabnen handen vnd gelerten worten gesworen (1475  Stadtrecht von Murten);

er bewisete dis mit sines selbist hant alleine, daz er ane sine wissenschaft wegkomen sy (Ende 14. Jh., Sächsisches Weichbildrecht)

Der Rütlischwur in der Stumpf-Chronik: Dry menner schweerend den ersten pundt
Gemeiner loblicher Eydgnoschafft Stetten / Landen vnd Völckeren Chronik wirdiger thaaten beschreybung […] durch Johann Stumpffen beschriben […] Zürich bey Christoffel Froschouer M.D.XLVII. Band 1, fol. 329r. > http://www.e-rara.ch/zuz/content/titleinfo/1525949

und in der Erstausgabe von: Wilhelm Tell. Schauspiel von Schiller Tübingen: J.G. Cotta'sche Buchhandlung 1804. > https://doi.org/10.3931/e-rara-25795

Ein schöne Außlegung deß Eyd-Schwurs hier.

 

Claude Paradin zeigt zur Devise Fiducia concors (≈ einmütiges Vertrauen) ein Feldzeichen des römischen Heers, bei dem die Hand auf den Eid hingewiesen hat, den die Soldaten geschworen haben. Text aus der Ausgabe 1557: Les Rommeins devant le Prince, Empereur, ou Chef d’armee, portoient aussi en enseigne une Main: […] Telle enseigne donques d’une Main, estoit la Main de Concorde.

Symbola Heroica M. Clavdii Paradini, Belliiocensis Canonici, Et D. Gabrielis Symeonis, Antverpai: Plantin 1583. > http://resolver.sub.uni-hamburg.de/goobi/PPN716585103

Zu den römischen Feldzeichen vgl. den Artikel in Pauly/Wissowa VI,2
> https://de.wikisource.org/wiki/RE:Feldzeichen

Gabriel Rollenhagen deutet das Symbol im Epigramm um: Einmütiges Vertrauen erhält alles, was es von Christus erbittet, der seinem Volke nichts abschlägt.

Gabriel Rollenhagen / Crispin de Passe, Nucleus Emblematum, Arnheim/Utrecht Centuria secunda (1613), Nr.86.; unter dem Titel: Sinn-Bilder, hg. Carsten-Peter Warncke, (Bibliophile Taschenbücher 378), Dortmund 1983.

C.-P. Warncke deutet die vom Engel gesegnete, mit einem Helm ausgestattete, betende Figur im Hintergrund als den hl. Eustachius, der der Legende nach ein Kriegsoberster und Jäger im römischen Heer war, der sich zum Christentum bekehrte. (Freilich müsste dann das Tier vor ihm nicht ein erlegtes sein, sondern ein Hirsch, der im Geweih ein leuchtendes Kruzifix trägt.) — Vgl. »Gesta Romanorum«, Kap. 110.

Männer schwören anders als Frauen! Die Weibs-Persohnen legen ihre Rechte Hand mit den zween fördern Fingern auf die lincke Brust, Weil das Hertz darunder liget, und dörffen Sie solche nichht in die höche heben, Wie die Manns Persohnen zu thun plflegen …

     

Ayd-Buech: Warinnen findig, Was Ayd, vnd Aydschwur seyen, wie manicherley derselben gefunden, wie vnd welchermassen sie sowol am Kayserlichen Cammer-Gericht, als sonsten im Römischen Reich: in Specie aber in Chur-Bayrn gebraucht werden ... durch Vitum [= Veit] Guggenberger zusammen getragen, […] München: von Gelder, Rauch 1699.
> https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10554157?page=4

Das Bibelzitat auf der Männerhand: Jch trage meine Seele jmer in meinen henden / Vnd ich vergesse deines Gesetzes nicht. (Lutherbibel 1545: Psalm 119,109)

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Gelübde – Ex Voto

Bei den alten Ägyptern waren die Hände, welche sie göttlich verehrten, nichts als die Denkmahle von gewissen Gelübden, so schreibt Johann Jacob Schatz in seiner komprimierten Übersetzung von Montfoucon.

Fig. 14 sehen wir mehrere dergleichen Zeichen, wobey aus der Aufschrift Cecropius V.C. Votum S., d.i. Cecropius ist »seines Wunsches gewähret worden und hat dieses Gelübde bezahlet« deutlich zu erkennen, daß auch diese Hand von einem Gelübde herrühre.
Uebrigens stehet diese Hand auf einem runden Postement, auf welchem ein Schwibbogen, unter dem eine Weibsperson lieget, die ein Kind in den Armen hält. Vermuthlich ist es also ein Gelübde des Cecropius für seinen kranken jungen Sohn, nach dessen Wiedergenesung der Vater diese Hand zu einem dankbaren Andenken hat machen lassen.
Ob aber gleich diese Hand mit mancherley Zeichen besetzet ist, so haben die Gelehrten doch kein Bedenken getragen, sich an die Erklärung derselben zu wagen. Da es die rechte Hand vorstellet, so schliesset man, daß das Kind männlichen Geschlechts gewesen.
Daß dieses Gelübde dem Jupiter Ammon, der Isis und dem Aesculapius zu Ehren gewidmet gewesen, erkenne man aus dem Widders-Kopf, aus der Zirbelnuße und der Schlange, als denen gewöhnlichen Merkzeichen dieser dreyen Gottheiten.
Die andere Schlange soll die wieder zu erlangende Gesundheit bedeuten, der Dreyfuß bedeutet
[…] die vergangene, gegenwärtige und künftige Zeit, welche von dem Lauf der Sonne, womit Jupiter Hammon übereinkommen soll, bestimmet wird.
Der Topf oder das Wassergefäß zeigt den Serapis als den Beherrscher des Gewässers, und zwar insonderheit des Nils, an.
Auf der andern Seite dieser Hand sehen wir ein Crocodil, welches so viel heissen soll, als daß die Isis als eine Liebhaberin dieses Thiers Hülfe leisten werde, dergleichen gezwungene Bedeutung auch dem Frosch beygelegt wird.
Die Waage bedeutet, daß dieses Kind im Monat September wieder gesund worden.
[…] Andere noch mehr gezwungene Auslegungen übergehen wir billig mit Stillschweigen.

Griechische Und Römische Alterthümer welche der berühmte P. Montfoucon ehemals samt den dazu gehörigen Supplementen in zehen Bänden in Folio an das Licht gestellet hat, Nicht nur den Studierenden zu Gefallen, sondern auch den Mahlern, Bildhauern, Kupferstechern, Gold- und Silber-Schmieden, wie auch andern dergleichen Künstlern zu einem nützlichen Gebrauch, Auszugsweise in die Kürze und in das Kleine gebracht und in Deutscher Sprache herausgegeben von M. Johann Jacob Schatzen […]; anbey mit gelehrten Anmerkungen versehen von dem Hochwürdigen und Hochgelehrten Herrn Johann Salomon Semlern […], Nürnberg, in Verlag Georg Lichtenstegers,  MDCCLVII.  — Des zweyten Bands Anderer Theil, Des ersten Buches das eilfte Capitel: Von den Händen und andern menschlichen Gliedmassen welche von den Egyptiern Göttlich verehret wurden.

Die Vorlage bei Bernard de Montfaucon, L’antiquité expliquée et représentée en figures […], Paris 1719> http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k114618r/f100.image


Meineid

Ein Teufelchen hält dem einen Meineid Schwörenden die Hand empor:

Das sibent gebot. du solt kain falscher zeug sein.

Der seelen trost mit manigen hübschen Exempeln durch die zehen gebote vnd ander guotten lere, Augsburg: Anton Sorg 1483.
> http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00032037/image_292

 

In Rom soll eine Bocca della verità gewesen sein, in deren Öffnung der Eidleistende seine Hand legen musste; schwur er falsch, so schloss sich der Mund des Steins und biss sie ab.

Kupfer von Georg Pencz

Ein Keiserin stieß ir Hand in das Maul Vergilii.

Virgilius hat zů Rom ein Angesicht an einen Stein gmacht, da bewert man die, die da Eid schwüren. Wan einer unrecht geschworen het, so beiß das Angesicht dem die Hand, wan er im die Hand in das Maul stieß; het er recht geschworen, so geschach im nichtz. Also warden vil überwunden, das sie meineidig waren. Es begab sich, das ein Keiser die Keiserin in dem Argwon het, wie das sie schimpfft mit einem Ritter. Der Keiser strafft sie offt mit Worten, wan im etwas gesagt ward. Uff einmal sprach er: ›Frau, die Sachen gon nit recht zů. Wöllen ir euch vor dem Stein Virgilii purgieren und reinigen, das ir schweren und die Hand in das Maul stossen, so wil ich euch glauben.‹ Die Frau sprach Ja. Der Tag ward gesetzt, das es geschehen solt.

Johannes Pauli (* um 1455, † zwischen 1530 und 1533), »Schimpf und Ernst« (Straßburg, Johannes Grieninger 1522 u.ö.), Von Schimpff das 206. Wie die Geschichte ausgeht, erfährt man hier.

Literaturhinweis: Jacob Grimm, Deutsche Rechtsalterthümer [1828], vierte vermehrte Ausgabe besorgt durch Andreas Heusler und Rudolf Hübner, 2 Bde., Leipzig 1899; Band 2, S. 560.

Zwo erschröckliche Newe zeyttungen / Von dem Maineyd vnd grausamen Verrähterey ..., Erstlich getruckt in der Keyserlichen Freyen Reichstatt Rottenburg an der Tauber bey Jacob Frey / Anno 1628.

6. Als er den letsten Eyd that het /
da fuhr ein schlang gleich an der stett /
auß seim Ermel an Arme /
mit zweyen Köpffen erschröckenlich /
jedermänniglich verwundert sich /
er schrey daß Gott erbarme.

Der ganze Text hier auf Wikisource

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›Ich wasche meine Hände in Unschuld.‹

Passional in: Ein betbüchlin mit eym Calender/ hübsch zu gericht. M. Luther, Wittemberg [Hans Lufft] MCxxix.
 — Dürer hat die Szene in der »Kleinen Passion« dargestellt. > https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/964889


Der Text auf der gegenüberliegenden Seite lautet (Matthäus 27,24): Da aber Pilatus sahe/ das er nichts schaffet/ sondern viel ein grösser getümel ward/ Nam er wasser/ vnd wusch die hende fur dem volck/ vnd sprach/ Ich bin unschuldig am blut dieses gerechten/ Sehet yhr zu. Da antwortet das gantze volck vnd sprach/ Sein blut kome vber vns vnd vber vnser kinder.

Die Vorstellung vom Waschen der Hände für die Bezeugung von Unschuld begegnet schon im Alten Testament: 5.Buch Moses 21,1–9; Psalm 26,6 und 73,13. – Pilatus vergegenständlichte die Redewendung in der Art der Propheten (vgl. die Geschichte vom zerschlagenen tönernen Krug Jeremia 19).

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Der militärische Gruß

Hier auf einer launigen Postkarte aus der Schweiz, 1926:

Seit wann grüßt man so? Warum? Hat die Geste – eine über das Grüßen hinausgehnde – Bedeutung?

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Hand in der Weste

Napoléon lässt sich 1801 von Jean-Baptiste Isabey (1767–1855) in Malmaison mit der Geste ›La main dans le gilet‹ portraitieren. Damit inszeniert er sich als besonnenen Staatsmann im Gegensatz zum kühnen Feldherrn nach dem Ägyptenfeldzug. Die Geste hat eine Tradition seit der Antike.

Uwe Fleckner, Artikel ›Hand in der Weste‹ in: Handbuch der politischen Ikonographie, hg. Uwe Fleckner / Martin Warnke / Hendrik Ziegler, München: Beck 2011, s.v.

Der Tastsinn

Die Fingerbeeren sind der Ort, wo der Tastsinn am besten entwickelt ist. (In jeder Fingerkuppe befinden sich etwa 700 Berührungs- und Druckrezeptoren.) Rauh oder glatt, schlüpfrig, schmierig, kalt oder warm, hart oder weich, u.ä. Konsistenzen spüren wir.

Bei den Zwillingen Jakob und Esau ist der Erstgeborene, Esau, mit Haaren bedeckt wie mit einem Fell. Wie der Vater Isaak sein Lebensende kommen fühlt, möchte er Esau segnen. Um den Segen zu erschleichen, wickelt Rebekka Böckchen-Felle um die Hände Jakobs, damit sie den rauh-behaarten Händen des älteren Bruders Esau ähnlich sind. Der altersblinde Vater betastet den zu ihm gekommenen Sohn, um festzustellen, ob es Esau ist. Und er segnet dann fälschlich Jakob (vgl. Genesis 27).

Holzschnitt von Christoph Murer (1558–1614) aus der Bibe,l Basel: Emanuel und Johann Georg Königen/ Im Jahr Christi/ M.D.CCI.

Auf dem Gemälde von Govert (Govaert) Teuniszoon Flinck (1615–1660) aus dem Jahre 1638 erkennt man den mit den Fellen ausgestatteten Jakob und den sie betastenden Vater Isaak besser.
> https://en.wikipedia.org/wiki/Isaac_Blessing_Jacob_%28Govert_Flinck%29

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Handschuhe

Dass Handschuhe dem Schutz der Hände vor Schmutz, vor rauhen Oberflächen oder vor Kälte gedient haben, greift zu kurz. Sie hatten eine symbolische Funktion.

• Handschuh als Boten-Zeichen, als Zeichen der Beauftragung, Insignie der Bevollmächtigung durch einen mächtigen Herrn.

Hier bei der Beschlagnahme von Gütern:

Weistum von Lützelau (Grimm 211; Schwineköper 55f.): ein walpode [der Gesandte eines Grafen] der sal han zween wiße hantschuwe und sal treten mit sim rechten fuß auf den stein … und sal ufwerfen der hentschuwe einen und sal sprechen: ich sten hutzetage hie und beneme Heinzen oder Kunzen sin landtrecht ….

 • Fehdehandschuh: Wer dem Gegner den Handschuh zuwirft, fordert ihn damit zum Kampf auf.

sinen hantschuoch zôh er abe,
Er bôt in Morolde da
r (Gottfrid von Straßburg, »Tristan«, V. 6458)

 • Symbolik der Handschuhe bei der Liturgie:

Bild aus Joseph Braun, Die liturgische Gewandung im Occident und Orient, nach Ursprung und Entwicklung, Verwendung und Symbolik, Freiburg/Br.: Herder 1907.

Weil viele das gute Werk, das sie tun, durch leeren Gunsterweis beschmutzen, deshalb deckt der Pontifex gleich nach dem Anziehen der Dalmatik […] die Hände mit Handschuhen, damit seine Linke nicht weiß, was die Rechte tut (vgl. Matth 6,3). Durch den Handschuh wird also zutreffend die Vorsicht bezeichnet, die es so macht, dass sie das Werk derart in der Öffentlichkeit tut, dass sie die Absicht verborgen hält. […]

Die Handschuhe werden verglichen mit den Böckchen-Fellen, die Rebekka um die Hände Jakobs gewickelt hatte, damit sie den behaarten Händen des älteren Bruders Esau ähnlich waren, so dass der altersblinde Vater (Isaak) vermeintlich den Erstgeborenen, Esau segnete (vgl. Genesis 27). Rebekka (allegorisch die Gnade des Heiligen Geistes) verwendet das Böckchen-Fell (das ist ein Betrug, eine Sünde), so wie Christus die Ähnlichkeit mit der Sünde ohne Sünde angenommen hat – Hunger und Durst gelitten, Schmerzen ertragen –, damit das Geheimnis der Menschwerdung dem Teufel verborgen bleibe; so geschehen bei der Versuchung, die dem Teufel aber nicht gelingt (Matth 4,1–11). – Eine etwas weit hergeholte Symbolik, um die Handschuhe des Bischofs zu erklären, der in der Nachfolge Christi steht  …

Durandus († 1296), Rationale divinorum officiorum : Übersetzung und Verzeichnisse von Herbert Douteil, mit einer Einführung herausgegeben und bearbeitet von Rudolf Suntrup, Münster: Aschendorff Verlag, 2016; I, 12.

Spezialliteratur:

Jacob Grimm, Deutsche Rechtsalterthümer [1828], vierte vermehrte Ausgabe besorgt durch Andreas Heusler und Rudolf Hübner, Leipzig 1899,Band I, 209–213.

Berent Schwineköper, Der Handschuh im Recht, Ämterwesen, Brauch und Volksglauben, Berlin 1938 und Sigmaringen: Thorbecke 1981. 

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Wegweiser

••• Mit der Hand zeigen wir die Richtung an. Alte Wegweiser haben die Form einer Hand; der abstrakte Pfeil ist jung. (Seit wann?)

Neuer Orbis Pictus für die Jugend, oder Schauplatz der Natur, der Kunst und des Menschenlebens […] eingerichtet von J. E. Gailer, Reutlingen: Mäcken 1832; Nr. 133.

••• Sebastian Brant verwendet den Wegweiser in Kap. 21 seines »Narrenschiff« (1494) symbolisch: Von Tadeln und Selbertun. Wer andern den guten Weg zeigt, selbst aber im Sumpf bleibt, der ist ein Narr. > http://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/15Jh/Brant/bra_n021.html

Das Bild zeigt einen Narren, der in einen Sumpf geraten ist und mit der Hand den Weg daraus heraus zeigt. – Auch die (an einem Crucifix montierte) Hand an der Wegscheide zeigt einen Weg, den sie selbst nicht geht. (Dem Wegweiser wird man das nicht vorwerfen wollen; im Gegenteil: es ist gut, dass er am Ort bleibt – aber dem Narren schon. Insofern ist die Analogie etwas schräg...)

Hier zur Abwechslung der Holzschnitt aus »Das neue Narrenschiff«, Augsburg: Johann Schönsperger 1495 > https://archive.org/stream/OEXV4SUP33#page/n70/mode/1up

••• Anders verwendet das Gleichnis Johann Georg Hamann (»Sokratische Denkwürdigkeiten«, 1759, S. 55f.):

Jch kann nichts mehr thun als der Arm eines Wegweisers und bin zu hölzern meinen Lesern in dem Laufe ihrer Betrachtungen Gesellschaft zu leisten.

••• Im alten China sollen an Wagen Kompasse in Form einer Statuette angebracht gewesen sein, die mit der Hand nach Süden zeigten:

Le Magasin Pittoresque, rédigé par Édouard Charton. Vingt-deuxième année 1854, p.88.

••• In einer Fabel von Jean de La Fontaine (1621–1695) gibt eine Inschrift an einem Wegweiser (poteau [indicateur]) den mit Hindernissen versehenen Weg zum Ruhm an. Grandville zeichnet das so:

Fables des La Fontaine. Illustrations par Grandville, Paris: Garnier 1839; Livre X, Fable xiv.

••• Dahin führt der Weg:

Der Sieg des Kommunismus ist unausweichlich (aus dem Russischen übersetzt).

 

Literaturhinweis:
Martin Scharfe, Wegzeiger: Zur Kulturgeschichte des Verirrens und Wegfindens. Marburg: Jonas, 1998.

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Schau da hin!

Ein kleines Händchen (lateinisch: manicula) haben die Leser einst an den Rand der Seite gezeichnet, um auf eine Stelle hinzuweisen, die sie in Erinnerung behalten wollten, oder um andere Leser darauf hinzuweisen.

Wir kennen das Händchen in der Typographie als ›white right pointing index‹ (Unicode U+261E ☞) und als ›pointer icon‹ von unseren Bildschirmen.

http://en.wikipedia.org/wiki/Index_(typography)

Horst Wenzel, Spiegelungen. Zur Kultur der Visualität im Mittelalter, Berlin: Erich Schmidt 2009 (Philologische Studien und Quellen, Heft 216); besonders Kapitel 9 "Deixis und Initialisierung. Zeighände in alten und neuen Medien" S. 231–257.

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Nicht einen Fingerschnall wert

Diß ist Sardanapali Grab/
Darauß wir so viel nehmen ab/
Daß Menschlich Wesen vberall/
Nicht wehrt ist einen Fingerschnall.

[Julius Wilhelm Zincgref] Sapientia Picta. Das ist/ Künstliche Sinnreiche Bildnussen und Figuren. darinnen denckwürdige Sprüch und nützliche Lehren im Politischen und gemeinen Wesen durch hundert schöne newe Kupfferstück vorgebildet/ entworffen/ und durch teutsche Reymen erkläret werden. […] Franckfurt: Marschall 1624.
> http://diglib.hab.de/drucke/li-6643-2/start.htm?image=00193

Im Kommentar der Ausgabe 1664 zitiert Zincgref den spätantiken Schriftsteller Athenaeus Naucratita, der über das Grabmal von ›Sardanapal‹ – den genusssüchtigen König des assyrischen Reichs (gest. 612 v.u.Z.?) – berichtet, auf seinem Sarkophag sei eine Hand mit einer besonderen Geste abgebildet:

Tandem coactus hoc fateri Sardanapalus, »res hominum esse ridiculas, & nec digitorum dignas strepitu, sculptâ in monumenti lapide manu, coniunctis digitis, velut ad sonum elidendum, hoc symbolo adscripto […] omnia nec tanti esse.«

Die symbolische Geste, um die Hinfälligkeit aller Güter zu demonstrieren, besagt, diese seien so wenig wert, wie: strepitus digitorum … ad sonum elidendum = mit dem Finger schnipsen, um einen Ton zu erzeugen.

Genaueres zu diesem Grabmal in der französ. Wikipedia; Weitere antike Schriftsteller: Diodor II,23; Cicero, Tusc V,101.

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Durch die Finger schauen

≈ etwas nicht der ganzen Wahrheit entsprechend beurteilen; sich scheuen, etwas Veruteilungswürdiges zur Kenntnis zu nehmen. Vgl. 3. Mos 20,4 in Luthers Übersetzung 1545

Sebastian Brant, »Narrenschiff« (1494):

Wer durch die fynger sehen kan
Vnd loßt syn frow eym andern man
Do lacht die katz die müß süesß an

(Vgl. den Kommentar von F. Zarncke zu Kap. 33: So lassen sich die Mäuse durch die Freundlichkeit der Katze betrügen. Die Frau macht auch die Gebärde des Hälmlein-Streichens.)

Till Eulenspiegel:

Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel geboren vß dem land zů Brunßwick. Wie er sein leben volbracht hatt .xcvi. seiner geschichten Straßburg: Grieninger 1515:

Die .LXIII. history sagt wie Vlenspiegel ein brillenmacher ward / vnd in allen landen kein arbeit vberkummen kund.

… Gnediger her / dz verderbt dz brillenmacher hantwerck vnd ist zu besorge daz es noch abgang dan ir / vnd andere groß herren / babst / cardinal / bischoff / keiser / künig / fürsten / radt / regierer / richter der stat vnd land (got erbarmß) nun zur zeit durch die finger sehen wz recht ist / dz zů zeite / von gelt gaben sich vrsacht. …

> https://de.wikisource.org/wiki/Ein_kurtzweilig_lesen_von_Dyl_Vlenspiegel

Hans Sachs:

»Eulenspiegels disputation mit einem bischof ob dem brillenmachen« (Anno salutis 1554., am 29. tage Augusti.)

… so sitzn die fürsten stil mit ru
und sehen durch die finger zu,
derhalb dörfens keinr brillen nicht,
zu behalten ein gut gesicht …

> http://www.zeno.org/nid/20005573173

Neue Brillenmacherkunst

Zu einem Grafen kam neulicher Zeit ein Brillenmacher und sprach ihn an, er möchte doch einem armen Handwerksmann einen Zehrpfennig steuren, damit er mit Gott und Ehren könnte weiter fortkommen.

Der Graf fragte, was er denn für ein Handwerk gelernet.

Er antwortete: »Ich bin meines Handwerks ein Brillenmacher, und gehen die Brillen heutzutag nicht mehr ab, weil man jetzo allerorten durch die Finger siehet.«

Kurzweiliger Zeitvertreiber, welcher aussgebutzt mit allerhand lustigen Hofreden, lächerlichen Schwäncken ... Auss unterschiedenen Schrifften, Büchern, Mittheilung guter Freunde, täglichen Anmerckungen auff Reisen und in Gesellschafften zusammen getragen, und zum zweytenmahl vermehrter herauss gegeben durch C.A.M. von W. Gedruckt im Jahr M. DC. LXVIII.

Im Hintergrund der kleine Dieb am Galgen – links bei der geöffneten Türe der Edelmann, der den großen Dieb sieht, aber durch die Finger schaut:

Dann kleine diebe hängt man auf.
Den Grossen läst man ihren lauff.

Detail:

[Abraham a Santa Clara fälschlich zugeschreiben:] Centi-Folium stultorum in Quarto. Oder Hundert Ausbündige Narren in Folio. Neu aufgewärmet und in einer Alapatrit-Pasteten zum Schau-Essen, mit hundert schönen Kupffer-Stichen, zur ehrlichen Ergötzung, und nutzlichen Zeit-Vertreibung, sowohl frölich- als melancholischen Gemüthern aufgesetzt; Auch mit einer delicaten Brühe vieler artigen Historien, lustiger Fablen, kurtzweiliger Discursen, und erbaulicher Sitten-Lehren angerichtet, Nürnberg: Weigel / Wienn: Megerle 1709, S.77.

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Der Like-Button

Woher wissen wir, dass der nach oben gerichtete Daumen das Zeichen für »I like this« ist?

(Das emoji namens thumbsup)

Das kommt doch von den antiken Gladiatorenkämpfen! Aber da liest man in einem Lexikon, dass das Publikum, »wenn es ihn [den verwundeten Gladiator] gerettet haben wollte, den Daumen niederdrückte (pollicem premere); wollte es aber seinen Tod, den Daumen in die Höhe streckte (pollicem vertebant) und ihm befahl, sein Schwert wieder zu nehmen.« (C. P. Funke, Neues Real-Schullexikon enthaltend die zur Erklärung der alten Klassiker nothwendigen Hülfswissenschaften … , Zweiter Theil, Wien/Prag 1805, S.696).

Es gibt nur wenige Schriftstellen, wo diese Gesten erwähnt werden, und nirgends ist ganz klar, in welche Richtung der gedrehte Daumen (pollex) zeigt.

Juvenal, 3. Satire, Vers 36f.: verso pollice vulgus cum iubet, occidunt populariter — Horaz, Epist. I, 18, Vers 65f: consentire … laudabit pollice — Plinius, hist nat. XXVIII,v,25 pollices, cum faveamus, premere etiam proverbio iubemur

Edwin Post, »Pollice verso«, in: American Journal of Philology Vol. 13, No. 2 (1892), pp. 213–225: »There is no doubt that pollicem vertere or convertere (lit. “to turn the thumb”) was the sign for death made in answer to the appeal for mercy. This is clear from Juvenal 3.34–37, and from a passage in Prudentius Clemens […]. But this does not touch the question as to what this sign, or turn of the thumb, was. > http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Journals/AJP/13/2/Pollice_Verso*.html

Anthony Corbeill, Thumbs in Ancient Rome; “Pollex” as Index, in: Memoirs of the American Academy in Rome 42 (1997), pp. 1–21. > https://www.jstor.org/stable/4238745 kommt aufgrund ausführlicher Studien ebenfalls zum Ergebnis, dass die antiken schriftlichen Quellen keinen klaren Befund ergeben, wohin der Daumen weist.

Der auf den Handballen gedrückte Daumen bedeutet ›Glückauf‹. Auf dem Relief hier zeigt der Schiedsrichter, dass der am Boden liegende Gladiator geschont werden soll. (Plinius, Nat. hist. XXVIII,25: pollices, cum faveamus, premere):

Das ganze Bild hier auf wikimedia.

Den Daumen wenden (pollice sublato; pollicem convertere) meint wahrscheinlich, den Daumen – ausgehend von dieser Geste – nach oben (!) bewegen, das bedeutet das Todesurteil beim Gladiatorenkampf.

Anthony Corbeill hat ein sehr hübsches Rätsel gefunden: Solange man den Daumen auf eine als Rohr verwendete Pipette drückt, bleibt das Wasser drin; wenn man den Daumen nach oben bewegt, rinnt es heraus. So: »A thumb pressed to the fist conveys mercy, … while the erect threat of thumb up advises the deathblow.«

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Das Handzeichen des Autofahrers

Pestalozzikalender 1930.

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Haben Linkshänder eine kürzere Lebenserwartung?

Ärzte berichteten 1991 in einer Fachzeitschrift, dass unter untersuchten älteren Patientinnen 1,5 % Linkshänderinnen waren, während der Durchschnitt der Bevölkerung bei ca. 5 % liegt. (Das ist statistisch ein signifikanter Unterschied.) Waren viele Linkshänderinnen vor der Untersuchung verstorben? Die Händigkeit war danach bestimmt worden, mit welcher Hand die Patientinnen ein Formular ausfüllten. Dabei wurde nicht beachtet, dass die Menschen jener Generationen als Kinder in der Schule dazu dressiert wurden, "mit dem schönen Händchen" zu schreiben....

Mitgeteilt von Hans-Peter Beck-Bornholdt / Hans Hermann Dubben, Der Hund, der Eier legt. Erkennen von Fehlinformationen durch Querdenken, Reinbek 1997, (rororo 1690), S. 172f.

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Kulturelle Unterschiede

Die Geste des nach oben gestreckten Daumens für ›ok‹ oder ›super‹ kann in anderen Kulturkreisen eine Beschimpfung darstellen. Die Emoticons, die man per SMS verschickt, unterscheiden das nicht.

Dazu der Hinweis auf eine Website von »Geo« {Mai 2017}

Beispiel: Das Herbeiwinken mit der Hand erfolgt in Indonesien nicht wie bei uns mit dem Handrücken nach unten, sondern genau umgekehrt, mit dem Handrücken nach oben. Für uns sieht das im ersten Moment wie Wegscheuchen aus. Die europäische Art, jemanden herbeizuwinken, wird nicht verstanden.
(Vgl. https://books.google.ch/books?id=Lx4ODgAAQBAJ&pg=PA539 {Juni 2019}

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Welche Symbolik?

••• In einigen wenigen Höhlen aus dem Gravettien (vor 31'000 bis  25'000 Jahren) sind Hände sichtbar – nicht als Abdrücke hergestellt, sondern so, dass die Hand wie eine Schablone auf den Felsen gelegt und dann rote oder schwarze Farbe darüber gespritzt wurde:

Quelle: https://archaeologynewsnetwork.blogspot.ch/2012/06/iberian-paintings-are-europes-oldest.html

Der Prähistoriker Jean Clottes dazu (2003): »Le but n’était pas de recréer une réalité, mais de passer ses doigts et de laisser ses traces partout où cela était possible, pour créer un contact direct avec les forces sous-jacentes à la roche, […] Une liaison avec le monde des esprits.« > https://histoire-cnrs.revues.org/553

 

••• In der Gegend des Plateau de Diesse im Berner Jura wurde 2017 eine Bronzehand mit Goldarmband gefunden. Sie kann mit C14-Methode in die Zeit von 1'500 bis 1'400 v.Chr. datiert werden.

Vielleicht standen solche Hände (es gibt viele Fundstücke), auf Stangen in die Höhe ragend, pars-pro-toto für die Gottheit, von der man Schutz ersuchte; "Hand Gottes" ist in der jüd.-christl. Welt verbreitet, vgl. z.B. hier ; gibt es griech.-röm. Textstellen?

Literaturhinweise

Jacob Becker: Die Heddernheimer Bronzehand, ein Votivdenkmal des Juppiter Dolichenus, mit den übrigen Dolichenus-Denkmälern aus Heddernheim, Selbstverlag des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde, Frankfurt am Main 1861.
> https://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ227972606

Karin Kob Guggisberg, Eine Votivhand für Jupiter Dolichenus aus Augst, in: Jahresberichte aus Augst und Kaiseraugst 13 (1992)
> http://doi.org/10.5169/seals-395529

Jakob Ozols, Zur Ikonographie der eiszeitlichen Handdarstellungen, in: Antike Welt, Vol. 19, No. 1 (1988), pp. 46–52
> https://www.jstor.org/stable/44432288

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Fake-Hand

Irritierend ist es, wenn an einem Ort eine Hand erscheint, wo es gar keine geben kann. Das kann als bloße Spielerei der Natur aufgefasst werden, aber auch als Vorzeichen.

Text dazu:  Unter den grössesten Wunder-Bildungen der Natur in den Wurtzeln finde ich […] keine/ die so seltzam und sonderbahrer Betrachtung würdig ist/ als dieser seltzame Rettich. […] Er bildet eine mehr als natürliche Hand ab/ und ist 1558 bey Harlem in Holland/ in einem sandichten Grunde gewachsen.

Quelle: E. G. Happelii Gröste Denkwürdigkeiten der Welt Oder so genannte Relationes Curiosæ. Worinnen dargestellet/ und Nach dem Probier-Stein der Vernunfft examiniret werden/ die vornehmsten Physicalis. Mathematis. Historische und andere Merckwürdige Seltzamkeiten/ Welche an unserm sichtbahren Himmel/ in und unter der Erden/ und im Meer jemahlen zu finden oder zu sehen gewesen/ und sich begeben haben. Der Erste Theil. Einem jeden curieusen Liebhaber zu gut auffgesetzet/ in Duck verfertiget/ und mit vielen Figuren und Abrissen erläutert, Hamburg: Wiering 1683, S. 296. > https://archive.org/stream/imageGIX360MiscellaneaOpal#page/n383/mode/2up

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Zum Glück hat der Mensch keine Hufe!

Nach Aristoteles soll Anaxagoras (ca. 500–428) die Auffassung vertreten haben, dass die Menschen die klügsten Lebewesen seien, weil sie Hände haben. Die Hände seien also die Ursache dafür, dass der Mensch das intelligenteste Lebewesen geworden sei. Dieser materialistischen Erklärung widersprach Aristoteles, indem er ihr seine teleologische Erklärung entgegenstellte. Diesem Erklärungsansatz zufolge hätten die Menschen Hände, weil sie die klügsten Lebewesen seien. (https://de.wikipedia.org/wiki/Anaxagoras)

Aristoteles (384–322)  über die Hand:

Indem der Mensch allein unter allen Lebewesen aufrecht geht, kann er die Vorderfüße nicht gebrauchen, und statt ihrer gab ihm die Natur Arme und Hände. […] Die Natur verteilt immer ein jedes Ding an den, der es benutzen kann. Denn es ist angemessener, dem Flötenspieler Flöten zu geben, als den, der eine Flöte besitzt, das Flötenspielen zu lernen. […] Wenn es nun so besser ist, und die Natur unter dem Möglichen immer das Beste schafft, so ist der Mensch nicht, weil er Hände hat, am vernünftigsten, sondern weil er das klügste Wesen ist, hat er Hände.

Denn je klüger jemand ist, mit desto mehr Werkzeugen versteht er umzugehen; die Hand scheint aber nicht nur  e i n  Werkzeug, sondern viele zu sein, denn sie ist gewissermaßen ein Werkzeug, das andere Werkzeuge ersetzt. Demjenigen Wesen nun, welches für die meisten Kunstfertigkeiten befähigt ist, gab die Natur die Hand, die unter allen Werkzeugen am vielseitigsten zu gebrauchen ist.

Es haben also diejenigen unrecht, die behaupten, der Mensch sei nicht zweckmäßig, sondern am schlechtesten von allen Tieren gebildet – sie sagen nämlich, er sei barfuß und nackt und habe keine Waffe zur Wehr. Denn die Tiere haben [je] nur ein einziges Verteidigungsmittel und können dieses nicht mit anderen vertauschen, sondern müssen sozusagen immer mit Schuhen schlafen und tätig sein, dürfen auch die Hülle um den Leib niemals ablegen, noch können sie die Waffe, die sie einmal haben, vertauschen.

Der Mensch aber hat die Möglichkeit, viele Verteidigungsmittel zu besitzen und diese immer wieder auszuwechseln, ebenso jede Waffe, welche er nur will und wo er will, zu haben. Denn die Hand wird sowohl zur Kralle, zum Huf und zum Horn […] und zu jeglicher möglichen Art von Waffe und Werkzeug; sie kann ja zu allem werden, weil sie alles fassen und halten kann.

In dieser Beziehung ist denn auch die Gestalt der Hand von der Natur entsprechend gebildet. Sie ist vielgespalten und kann gespreizt werden; in der Spreizung liegt aber auch die Möglichkeit der Schließung. […] Auch eignen sich die Gelenke der Finger vorzüglich zum Festhalten und zum Drücken. Ein Finger liegt an der Seite und ist kurz und dick, nicht aber lang; denn wie man ohne Hand überhaupt nichts fassen könnte, so könnte man es auch nicht, wenn jener nicht nach der Seite abstünde. Denn dieser drückt das von unten nach oben, was die anderen Finger von oben nach unten drücken […]. Er heißt ›der Große‹ [der Daumen], wenn er auch nur klein ist, weil die anderen ohne ihn sozusagen unwirksam sind. Auch der letzte Finger ist mit Recht klein und der mittlere lang, wie das mittlere Ruder eines Schiffes, denn das Erfasste muss bei den Verrichtungen hauptsächlich rings in der Mitte umfasst werden.

»De partibus animalium«, Buch IV, Cap. 10 = 687a–b (nach: Aristoteles, Biologische Schriften, Griechisch und deutsch, hg. von Heinrich Balss, München: Heimeran 1943).
(Englische Übersetzung: https://archive.org/stream/worksofaristotle512aris#page/n188/mode/1up)

Ferner Nachklang bei Immanuel Kant, »Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht« (1784); Dritter Satz > http://gutenberg.spiegel.de/buch/-3506/1

Die Erfindung seiner Nahrungsmittel, seiner Bedeckung, seiner äußeren Sicherheit und Verteidigung (wozu sie ihm weder die Hörner des Stiers, noch die Klauen des Löwen, noch das Gebiß des Hundes, sondern bloß Hände gab), alle Ergötzlichkeit, die das Leben angenehm machen kann, selbst seine Einsicht und Klugheit und sogar die Gutartigkeit seines Willens sollten gänzlich sein [des Menschen] eigen Werk sein. 

Skelette der Vorderextremitäten: 124 Fledermaus; 125 Wal; 126 Maulwurf; 127 Mensch — fehlt nur noch der Pferdefuß … Wilhelm Leche, Der Mensch, sein Ursprung und seine Entwicklung, in gemeinverständlicher Darstellung,  Jena: Gustav Fischer 1911; S. 128. > http://biodiversitylibrary.org/page/10784724

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Lob des intelligenten Designers

Laktanz (ca. 250 – ca. 325) gibt in seinem Traktat »De opificio Dei« eine Beschreibung der Anatomie und Physiologie des menschlichen Organismus, der Teil für Teil in seiner Schönheit und Zweckmäßigkeit die göttliche Providenz erweist. X. Hauptstück, § 21ff.

§ 22. Was soll ich von den Händen sagen, den Dienerinnen der Vernunft und Weisheit? Diese hat der geschickte Meister aus einer hohlen Fläche gebildet und hat sie, damit die Gegenstände leichter festgehalten werden könnten, in Finger endigen lassen. An diesen ist schwer darzutun, ob ihre Schönheit oder ihr Nutzen größer sei.

§ 23. Denn sowohl die vollkommene Zahl als auch die passende Anordnung, die Gelenkigkeit der [vier] aus gleichviel Gliedern bestehenden Finger, die runde Form der Nägel, welche mit gewölbter Decke die Fingerspitzen umgeben und schützen, damit das weiche Fleisch beim Halten nicht nachgebe, lässt sich sehr schön an.

§ 24. Der Umstand jedoch ist wunderbar, dass ein Finger, von den übrigen getrennt, zugleich mit der Hand beginnt und sich außer Verbindung mit den andern früher entwickelt, der, den andern gleichsam entgegengesetzt, beim Halten und Arbeiten entweder ganz allein oder vorzugsweise den Hauptanteil hat, gleichsam der berechtigte Herrscher über alle andern; daher hat er auch den Namen „pollex“ [polleo], weil er unter den übrigen durch seine Tüchtigkeit hervorragt.

§ 25. Er hat nämlich bloß zwei hervortretende Glieder, nicht drei wie die andern, eines nämlich steht schönheitshalber im Verbande mit der Hand. Wenn nämlich bei seiner Sonderstellung drei Glieder hervorragten, hätte dieser Umstand den Händen ihre Schönheit benommen.

Des Lucius Caelius Firmianus Lactantius Schriften. Aus dem Lateinischen übersetzt von Aloys Hartl. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 36) München 1919.
> https://www.unifr.ch/bkv/kapitel503.htm

In der »Wiener Genesis« (entstanden ca. 1060/80) wird die Schöpfung des menschlichen Leibs genau beschrieben:

[Am Ende der Arme befinden sich] zwei wohlgeformte Hände. An ihnen befinden sich vorn fünf Finger. […] Der dickste ist der nützlichste unter ihnen; das ist der Daumen. Er hilft ihnen bereitwillig, denn ohne ihn können sie nichts halten. – Der sich daneben befindet, der zeigt auf alles. – Der dritte heißt ›Unbeherrscht‹, denn er drängt sich immer vor; wo immer die Hand auch hinlangt, das berührt er als erster. – An dem vierten glänzen die schönen Ringe, mit denen der Mann seine Frau zur Gemahlin zu nehmen pflegt. […] – Der kleinste Finger hat keine andere Aufgabe als, wenn es notwenig ist, im Ohr zu grübeln, damit es genau hören könne was jemand sagt. (Der minneste finger der nehât ambeht ander newane sô's wirt nôt daz er in das ôre grubilet, daz iz ferneme gereche swaz iemen spreche.)

Frühmittelhochdeutsche Literatur mhd./nhd., Auswahl, Übersetzung und Kommentar von Gisela Vollmann-Profe, Stuttgart 1996 (Reclams Universalbibliothek 9438), S.20–23 = Verse 264–296.

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Weiterführende Hinweise

(soweit nicht bereits an der einschlägigen Stelle erwähnt)


Ludwig Rudolph, Die Hand. Eine populäre Vorlesung, Berlin, Nicolai, 1859.

Über: Handschmuck (Armbänder, Handschuhe und Fächer), die Hand als Vermittlerin zwischen uns und der Außenwelt, ihre Bedeutung für die Orientierung im Raume, ihre Hilfe zur Bestimmung von Maß- und Zahlenverhältnissen, ihre Rolle in der Musikgeschichte und beim ›geselligen Verkehr‹ (z.B. im Faustkampf), als ›Begleiterin unserer Gedanken‹, Aberglaube, Chiromantie, Gebärdensprache etc.

Artikel »Hand« und »Hand—« in: Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Band IV / II, Leipzig 1877, Spalten 324–431. > http://woerterbuchnetz.de/DWB/

Artikel »Hand« in: Karl Friedrich Wilhelm Wander, Deutsches Sprichwörter-Lexikon, 1867–1880. > http://www.zeno.org/Wander-1867/A/Hand?hl=hand

Carl Sittl, Die Gebärden der Griechen und Römer, Leipzig 1890 > https://archive.org/details/diegebrdendergr00sittgoog

Abschnitt zu »Hand und Finger« in: Jacob Grimm, Deutsche Rechtsalterthümer, 4.Auflage Berlin 1899; Band I, S. 190ff.

Karl von Amira, Die Handgebärden in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, München 1905. > http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/amira1905

Karl Gross (1869–1934), Menschenhand und Gotteshand in Antike und Christentum; aus dem Nachlass hg. von Wolfgang Speyer, Stuttgart: Hiersemann 1985. — 537 Seiten und 17 Abb., alles genauestens dokumentiert. Beispielsweise: Gebetsgesten; Opfergesten; Segnen/Fluchen; Auflegen der Hand zur Rekonziliation; Reinheit der Hände; Verhüllen; Eid leisten; Gotteshand usw.

Henri Focillon (1881–1943), Éloge de la main (1934), in: Vie des formes, suivi de Éloge de la main, Paris, PUF 1943. > digitalisiert

Wilhelm Frenzen, Klagebilder und Klagegebärden in der deutschen Dichtung des höfischen Mittelalters, (Bonner Beiträge zur dt. Philologie 1), Würzburg 1936.

Berent Schwineköper, Der Handschuh im Recht, Ämterwesen, Brauch und Volksglauben, Berlin 1938 und Sigmaringen: Thorbecke 1981.

Hanna Jursch / Ilse Jursch, Hände als Symbol und Gestalt, Berlin: Evangelische Verlagsanstalt 1951 und Neuauflagen.

Artikel "Hand" in: Lutz Röhrich, Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, Freiburg: Herder 1973 (und erweiterte Neuauflagen) > digital (mit oder ohne © ???) > https://idiome.de-academic.com/1124/Hand

Anke Roeder, Die Gebärde im Drama des Mittelalters, (MTU 49), 1974.

Dietmar Peil, Die Gebärde bei Chrétien, Hartmann und Wolfram, (Medium Ævum 28), München 1975.

Rudolf Suntrup, Die Bedeutung der liturgischen Gebärden und Bewegungen in lateinischen und deutschen Auslegungen des 9. bis 13. Jahrhunderts, (MMS 37), München 1978.

François Garnier, Le Langage de l’Image au Moyen Age. Signification et Symbolique, Paris 1982; Chapitre IX: Gestes de la Main et du Bras.

Heinz Demisch, Erhobene Hände. Geschichte einer Gebärde in der bildenden Kunst, Stuttgart: Urachhaus 1984. (409 Seiten; 488 Abbildungen)

Artikel von L. Kötzsche, Hand II (ikonographisch) – C. Vogel, Handauflegung I (liturgisch) – D. Korol, Handauflegung II (ikonographisch) in: Reallexikon für Antike und Christentum Band 13 (1986).

Arnold Niederer, Beschämung, Lob und Schadenfreude. Hand- und Fingergebärden mit bestimmter Bedeutung, in: Schweizer Archiv für Volkskunde 85 (1989), S.201–217. > http://doi.org/10.5169/seals-117689

Jean-Claude Schmitt, La raison des gestes dans l’occident médiéval, Gallimard 1990.

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Dagmar Hüpper, Artikel "Hand" in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Band II (…), Spalte 692 – 696. > https://www.hrgdigital.de/HRG.hand

DRW = Deutsches Rechtswörterbuch > http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw-cgi/zeige   s.v. ›Hand‹ 

Musée de la Main  UNIL-CHUV [ Université de Lausanne / Centre hospitalier universitaire vaudois], Lausanne > http://www.museedelamain.ch

Für phraseologische Wendungen nutzt man die Datenbank von Karl-Heinz Hiege und anderen > https://www.redensarten-index.de (zum Suchbegriff "Hand" fand man im Dezember 2018 146 Einträge).

http://www.payer.de/kommkulturen/kultur042.htm

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Gesten

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Weitere Embleme zum Thema Hand in der Emblematik

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Begonnen von P. Michel im April 2016, zuletzt ergänzt im April 2023 – mit vielen Hinweisen von Romy G. und Daniel C.