Rätsel

 

Wer eine Lösung findet, schickt bitte ein Mail an:

Hie udn Da Vermutungen. Vielleicht hilft auch die sog. "Artifizielle Intelligenz" weiter?

A – B – C –

Johann David Nessenthaler (inv. et fecit) / Martin Engelbrecht (excud.) haben (vor 1756) ein Alphabet entworfen, wo für jeden Buchstaben Gegenstände oder Personen abgebildet sind, die damit beginnen:

> https://www.metmuseum.org/art/collection/search/700324

Hier also:

Tiger Turteltaube Traube Türke

Uhr Urne Ulan

Vogel

Wagen Wolf Wurst Wappen

Zeit Zaumzeug Zange Ziegel Zipfelmütze

Wer ist bei X dargestellt?

Das ist ein einfaches Rätsel; es folgen schwierigere....

Literaturhinweis: Joseph Kiermeier-Debre / Fritz Franz Vogel, Poetisches Abracadabra. Neuestes ABC- und Lesebüchlein, München: 1992 (dtv 2305) .

Titelbild von Hans Holbein für den Drucker Froben

Dasselbe Bild auch für ganz andere Bücher: Erasmus, Paraphrasis in Euangelium secundum Ioannem ... Basel: Froben 1523 und Hilarius Pictaviensis (Digitalisat BSB)

Ist der mit DIONYSIVS angeschriebene, eine Krone tragende Mann, der eine männlichen Statue am Bart reisst, der Tempelschänder Dionysios I., Tyrann von Syrakus? Und die oben mit ESCVLAPIˢ bezeichnete Statue Asclepius, der für die Heilkunde zuständige Gott? Und was geschieht auf der anderen Bildseite? Er raubt die Schätze von Eileithya, Göttin der Geburtswehen? (vgl. Paulys Realencyclopädie s.v.)

Und was bedeutet die sich von Schlangen ums Leben bringende CLEOPATRA unten?

Augen – Herzen – Spiegel ?

Holzschnitt des Petrarcameisters mt Versen von Johannes von Schwarzenberg:

Wer sich will machen mackel frey/
Schwaw hie was zier vnd vnzier sey.
Vnd wie kein tugent des embiert/
[das nicht hat]
Das warlich alle menschen ziert.

Auf dem Tondo (oder ist es ein Spiegel?) sind Augen und Herzen dargestellt.

aus: Officia M. T. C. Ein Buoch So Marcus Tullius Cicero der Römer zuo seynem Sune Marco. Von den tugentsamen ämptern vnd zuogehörungen eynes wol vnd rechtlebenden Menschen in Latein geschriben, Welchs auff begere Herren Johansen von Schwartzenbergs etc. verteütschet/ Vnd volgens Durch jne in zyerlicher Hochteütsch gebracht. Mit vil Figuren vnnd Teütschen Reymen gemeynem nutz zuo guot in Druck gegeben worden, Augspurg: Steyner, MD.XXXI. Fol. XXIII recto
> http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0001/bsb00010109/images/

Mit demselben Text als Titelbild wiederabgedruckt in: Johannes von Schwarzenberg, Ein Büchle, genannt Memorial der Tugend, 1534

Diskrepanz zwischen Bild und Inschrift

> https://risdmuseum.org/art-design/collection/thetis-and-chiron-71005

Der Kupferstich von Georg Pencz († 1550) aus dem Jahr 1543 ist oben rechts angeschrieben mit:

ACHILLEM. HV-Ø-NC. MAGISTRO. SVO. CHIR-Ø-ONE

≈ Den Achilles seinem Lehrer Chiron (Χειρων)

Am nähesten kommt der mythologische Text aus Apollodor, Bibliotheca 3,172 ≈ III,xiii,6: Peleus brachte den Knaben zu Chiron. Dieser nahm ihn an und nährte ihn mit den Eingeweiden von Löwen und wilden Schweinen und mit dem Mark von Bären. Er nannte ihn Acchileus.

Ein Löwenfell trägt Herakles, ok. –– Es ist aber kein Kentaur (das wäre die Gestalt von Chiron) abgebildet, sondern ein Satyr. — Ist das tote Tier am Boden, auf den die Frau mit Redegestus hinweist, ein Nahrungsmittel für Achilles? — Wer sind die anderen Frauen in der Höhle? — Wo ist Achilles?

Eine antike Darstellung hier > https://www.theoi.com/Gallery/K15.5.html

Weiterentwicklung eines Bildtyps?

Das Bild von Anton Wierix (ca. 1555 – 1604) zeigt zum Text

Mortua cuncta iacent si non serventur ab igne /
     Omnia vivificat namque calore suo

≈ Alle liegen ohnmächtig, wenn sie nicht vom Feuer erhalten werden /
      Mit seiner Wärme belebt es nämlich alles.

ganz passend einen von Feuersalamandern gezogenen Wagen.
(Mehr zu diesem im Feuer gedeihenden Tier hier.)

> https://nds.museum-digital.de/object/39597

Planetenbilder des Typs "zwei Tiere ziehen einen Wagen, den ein Planet lenkt und dessen Räder mit den zwei zugehörigen Bildern des Zodiakus versehen sind" kennt man seit Ausgaben von Hygins »Poeticon astronomicon«; hier Mars in der Fassung von Georg Pencz (1. Hälfte 16. Jh.):

das ganze Bild > http://www.zeno.org/nid/20004214595
Im unteren, (*) realistischen Bildteil: typische von der Konstallation bewirkte Fälle.

Bei Wierix:

V Die Frauengestalt mit Fackel und loderndem Haar passt gut zum Thema, ebenso die beiden Salamander.

? Zu den beiden Tierkreiszeichen Waage und Schütze (ein Paar, das nie so vorkommt) gesellt sich ungehörigerweise noch ein drittes: Skorpion.

? Die Tiere werden gelenkt und angetrieben von einer zusätzlichen Figur: einer/m fauchenden Jugendlichen mit Zügel und Peitsche, der/die wie Fortuna auf einer Kugel sitzt.

? zuvordrest am Wagen eine Zierfigur: ein Putto mit einer weiteren Fackel

? Auf dem Wagen sitzt ausserdem noch "Prodigalitá" mit dem Füllhorn (Cornucopia).

? Und was tut hier der dreiköpfige (von Herakles einst in die Oberwelt gebrachte) Cerberus?

? Links im Hintergrund die (von Raffael musterhaft gezeichnete) (*) realistische Szene: Aeneas rettet seinen Vater Anchises und seinen Sohn Ascanius aus dem brennenden Troja – wurden die drei "vom Feuer erhalten / belebt?"

Maria und Joseph mit dem Jesuskind auf der Flucht nach Ägypten

Hier ein Ölbild nach dem Kupfer von Jan Sadeler (1550–1600); [Privatbesitz]

Die Flucht nach Ägypten erwähnt Matthäus 2,13 — Aber was bedeutet die am Baum montierte zerbrechende und herunterfallenden Statue?

Hinweise zur Deutung hier

Sapientia besieht sich im Spiegel und …

Achille Bocchi (Bologna, 1488–1562) hat ein reichhaltiges Emblembuch verasst, dessen erste Auflage 1555 erscheint:

Achillis Bocchii Bonon. Symbolicarum quaestionum de universo genere quas serio ludebat libri quinque, Bononiae 1555
> http://resolver.sub.uni-hamburg.de/goobi/PPN84020969X

1. Teil, Emblem Nummer XI:

  • Die Überschrift SAPIENTIÆ SPECIES INENARRABILIS versteht man ≈ Das Bild (das Spiegelbild, species bedeutet aber auch "schöne Gestalt") der Weisheit ist unbeschreiblich.
  • Sapientia ist personifiziert (warum nackt ? In der Ikonographie unüblich; Meistens wird sie mit Minerva identifiziert und in einer Rüstung dargestellt. Nackt wie die Wahrheit?)
  • auf der Kopfbedeckung die Buchstaben IHS für Jesus. Seltstamerweise im Spiegelbild nicht zu sehen …
  • auf dem angeketteten Stein: De reb[us] optime iudicat ≈ sie weiss bestens über die Dinge Bescheid.
  • auf dem Stein, worauf sie sitzt: Semper eadem ≈ immer dieselbe.

?   und der siebenköpfige Drache, auf den sie mit dem Fuß tritt? Die Bosheit der Welt? Der apokalyptische Drache aus Apokalypse 13,1–8 ?

Achillis Bocchii ... Symbolicarum quaestionum, de universo genere, quas serio ludebat, libri quinque Bononiae, apud Societatem Typographiae Bononiensis, MDLXXIIII

1574er-Ausgabe > https://www.e-rara.ch/zut/content/zoom/10467539
Eine Seite weiterblättern, da steht der lange lateinische Text! So würde alles klar...

 

Schneckenhaus

Von Giovanni Bellini (ca. 1430 – 1516) ist dieses Bild überliefert:

Bei den Personifikationsallegorien zum Thema Laster/Tugenden findet sich keine Parellele....

Bellini hat noch andere solch rätselhafte Bilder hinterlassen, z.B.

> http://www.zeno.org/nid/20003887634

Patricia Görg, Der Sturz aus dem Schneckenhaus. Bilder und Rätsel, München: Schirmer/Mosel 2023, S.72–83.

In der Literatur zu Bellini liest man Formulierungen wie: Die üblichen Schlüssel für die Interpretation passen hier nicht — Er sucht gezielt den Regelverstoß — freies Schweifen des Blicks — spielerische Unbestimmtheit — ein Werk, das mit bestehenden Traditionsvorgaben bricht ....

Welche – die Darstellung allenfalls erläuternden – Deutungen kannte man zur Zeit von Bellini?

Denkbar wäre es, dass Bellini sich lächerlich macht über einen Adligen, der eine entsprechende, eine Schnecke darstellende Devise / Imprese zur Kennzeichnung seiner Familie führte. Freilich sind die bebilderten Sammlungen von Claude Paradin (Devises heroïqes 1551) und Paolo Giovio (Imprese militari et amorose 1559) erst später erschienen. Eine Anregung könnten auch die skurrilen Hierogylphen sein; auch hier: Pierio Valeriano, Hieroglyphica erst 1556.

Unter welchem Stichwort würde man Allegorien der Schnecke suchen? (lat. coc<h>lea? limax?) Die »Iconologia« von Cesare Ripa erscheint erst 1593.

Hermann Heinrich Frey (1549–1599) zitiert eine Stelle des Kirchenvaters Hieronymus († 420): Die langsame Schneck im Heuslein bedeutet die Ketzer/ die im Koth vnd Unflat jhrer Jrrthumb stecken/ vnd gemählich daher geschliechen kommen.
in: Therobiblia, Biblisch Thierbuch/ Darinne alle vierfüssige/ zahme/ wilde/ gifftige vnd kriechende Thier/ Vogel vnd Fisch/ deren in der Bibel meldung geschicht sampt jren Eigenschafften vnnd anhangenden nützlichen Historien beschrieben sind. Mit der alten vnd newen Kirchenlehrer Außlegungen fleissig erkleret, Leipzig: J.Beyer 1594/1595 [Reprint hg. Heimo Reinitzer] — Fünffter Theil, S. 358 verso

Das »Reductorium morale« von Petrus Berchorius († nach 1361) hat glücklicherweise Aegidius Albertinus (um 1560 – 1620) komprimierend übersetzt: »Der Welt Tummel= und Schaw-Platz« (1612). Hier aus dem Passus zur Schnecke (S. 349): Sie bedeutet, weil sie aus dem ekligen Lehm geboren ist, die geile vnd vnkeusche Leut, … die alles was sie berüren und anathmen … inficiren. Dennoch hat die Schnecke Hörner, das bedeutet ihre Hoffart und den Übermut

>>> http://diglib.hab.de/drucke/21-phys/start.htm?image=00377

Was die Schlange in Bellinis Bild bedeutet und wer die beiden die Schnecke tragenden Männer sind, ist damit freilich noch ungeklärt.

Oder hat Bellini einen der ornamentalen Scherze übernommen, wie sie sich in mittelalterlichen illustrierten Manuskripten am Rand ungezählte Male finden?

Ein ähnlicher Fall: Giorgione, »Il tempesta« (1508); vgl.

Ulrich Stadler, Giorgiones ›Gewitter‹. Über den Umgang mit Ungereimtheiten in: Zeitschrift für Ideengeschichte, S. 85–90.

Salvatore Settis, La „Tempesta" Interpretata. Giorgione, i committenti, il soggetto, Turin: Einaudi 1978. — Dazu: Marin Warnke, in: kritische berichte Band 7; Nr. 2/3 (1979) > https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/kb/article/view/10921/4784

Philosophische Vertiefung:

G.W.F. Hegel: Vorlesungen über die Ästhetik
II. Entwicklung des Ideals zu den besonderen Formen des Kunstschönen
I. Die symbolische Kunstform
B. Vergleichungen, welche in der Verbildlichung mit der Bedeutung den Anfang machen
1. Das Rätsel

Das eigentliche Symbol ist an sich rätselhaft, insofern die Äußerlichkeit, durch welche eine allgemeine Bedeutung zur Anschauung kommen soll, noch verschieden bleibt von der Bedeutung, die sie darzustellen hat, und es deshalb dem Zweifel unterworfen ist, in welchem Sinne die Gestalt genommen werden müsse.
   Das Rätsel aber gehört der bewußten Symbolik an und unterscheidet sich von dem eigentlichen Symbol sogleich dadurch, daß die Bedeutung von dem Erfinder des Rätsels klar und vollständig gewußt und die verhüllende Gestalt, durch welche sie erraten werden soll, daher absichtlich zu dieser halben Verhüllung auserwählt ist.
   Die eigentlichen Symbole sind vor- und nachher unaufgelöste Aufgaben, das Rätsel dagegen ist an und für sich gelöst, weshalb denn auch Sancho Panza ganz richtig sagt: er habe es viel lieber, wenn ihm erst das Auflösungswort und dann das Rätsel gegeben werde.

usw. > https://www.textlog.de/5953

Worum handelt es sich bei den hier gezeigten Beispielen?