Allegorien der (militärischen) Rüstung

Zunächst die biblischen Basistexte:

Jesaias 59,17

Er [Gott] zieht Gerechtigkeit an wie einen Panzer und setzt den Helm des Heils auf sein Haupt und zieht an das Gewand der Rache und kleidet sich mit Eifer wie mit einem Mantel.

Job 7, 1

Militia est vita hominis super terram.

Sapientia 5,17–20

Er [Gott] wird seinen Eifer nehmen als Rüstung und die Schöpfung bewaffnen zur Abwehr der Feinde. Er wird Gerechtigkeit anziehen als Panzer und unbestechliches Gericht sich aufsetzen als Helm. Er wird unüberwindliche Heiligkeit ergreifen als Schild, er wird seinen strengen Zorn schärfen zum Schwert.

Epheserbrief 6,11–18

Legt die Waffenrüstung Gottes an, so dass ihr in der Lage seid, den Anschlägen des Teufels standzuhalten. Denn wir haben nicht gegen Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Mächte und Gewalten, gegen die Herrscher über diese finstere Welt, gegen die Geister der Bosheit oben im Himmel. Darum greift zur Waffenrüstung Gottes, damit ihr an bösen Tagen Widerstand leisten könnt und nach dem Sieg über sie alle bestehen bleibt. So steht denn fest!
"Umgürtet eure Hüften mit Wahrheit!
Legt Gerechtigkeit als euren Panzer an!"
Und die Bereitschaft, den Frieden zu verkündigen, sei das Schuhwerk, das ihr anzieht.
Nehmt den Glauben als euren Schild auf;
mit dem könnt ihr die feurigen Pfeile des Bösen löschen.
Nehmt den "Helm des Geistes" und
das Schwert des Geistes, das ist das Wort Gottes!


Miles Christianus

Bild nach Girolamo Olgiati gedruckt von Hieronymus Wierix vor 1601

British Museum Museum number 1928,1212.136 --- AN00603490_001_l

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Die Waffen sind mit den biblischen Textstellen angeschrieben, z.B.:

  • Schild – Lorica Iustitiæ
  • Mütze – Galea salutis
  • Gurt – Cingulum veritatis
  • Schild – Scutum Fidei (darauf die Leidenswerkzeuge Jesu, die auch arma Christi heissen)
  • ...

Der Kämpfer hat bereits die >>> Sieben Laster (Acedia, Inuidia, Luxuria, Superbia, Auaraitia, Gula, Ira) besiegt, auf deren Schwertern er steht.


Gottfried von Straßburg

»Tristan und Isolde« 4’567ff.

Swer mich nu vrâget umbe ir cleit
und umbe ir cleider rîcheit,
wie diu zesamene wurden brâht,
des bin ich kurze bedâht,
dem sage ich, als daz mære giht.
sage ich im anders iht,
sô widertrîbe er mich dar an
und sage er selbe baz dâ van.
ir cleider wâren ûf geleit
mit vierhande rîcheit
und was der vierer iegelîch
in ir ambete rîch.
daz eine daz was hôher muot;
daz ander daz was vollez guot;
daz dritte was bescheidenheit,
diu disiu zwei zesamene sneit;
daz vierde daz was höfscher sin,
der næte disen allen drin.
si worhten alle viere
vil rehte in ir maniere.
der hôhe muot der gerte,
daz volle guot gewerte,
bescheidenheit schuof unde sneit,
der sin der næte ir aller cleit
und ander ir feitiure,
baniere und covertiure
und anderen der ritter rât,
der den ritter bestât.
swaz sô daz ros und ouch den man
ze rittere geprüeven kan,
der geziuc was aller sêre rîch
und alsô rîch, daz iegelîch
einem künege wol gezæme,
daz er swert dar inne næme.


Rudolf von Ems

»Barlaam und Josaphat«, hg. F. Pfeiffer, Leipzig 1843, S. 168,17ff.

Dîn halsberc rehtiu güete sî,
diu machet dich von übele vrî.
diu wârheit si der gürtel dîn,
gotes minne sol dîn helm sîn,
daz gotes wort daz sî dîn schilt.
ob dich der rede niht bevilt,
dû wirdest gote ein kemphe wert.
reht geloube sî dîn swert,
der süezen êwangeljen sage
sî dîn vride alle tage
und dîne vesten îsenhosen.
dû solt îr worte gerne losen
und ir lêre gerne volgen.
wirt dir danne erbolgen
der welte vient, Sâtân,
der kan dir niemer widerstân;
ob er von dîner hant gelît,
sô gît dir got durch dînen strît
nâch dem sige ze lône
ze himelrîche krône.


Thomasin von Zirclaria

»Der wälsche Gast«, hg. Henrich Rückert 1852; 7’466ff.

nu wer dich edel rîtter, wer!
ir schal sol dich niht schrecken.
du solte dîne tugende wecken,
daz si dich wâfen gegen in.
den vanen sol dir geben der Sin.
daz du dîner tugende her
beleiten künnest wol ze wer.
daz swert nim du vonme Reht,
daz du daz krumbe machest sleht.
din schilt gît dir Bescheidenheit,
und den halsperc Sicherheit:
wan swelich man bescheiden ist,
der ist ouch sicher zaller vrist.
Geloube setzet ûf daz houbet
den helm dem der dâ reht gloubet.
daz werc ist ân geloube enwiht:
der lîp ânz houbt ist ouch ze niht.
daz ros Geding dir geben sol,
daz du rîtest âne zwîvel wol
under der untugende schar:
si sol dir entwîchen gar.
die sporn gebent dir Vrümkeit.
wan du solt niht durch zageheit
dîn ros wider ziehen:
su solt den strît nimmer gevliehen.
Kiusche sol dir den zoum geben,
du solt dermit richten dîn leben:
man sol sich enthaben wol
des daz man niht tuon sol.
den satel gebe dir Stætekeit,
wan dich sol weder lieb noch leit
neigen, weder hin noch her.
du solt mit der Diumuot sper
an dem êrsten poinder sîn,
daz du dich, rîter, lâzest schîn.


Prosa-Lanzelot

hg. R. Kluge (DTM 42 / 47 /63); Berlin 1948–1974; Band I, S.120–123.

Der halßberg, da der ritter mit gewapent ist und yn allenthalben behutet vor schlegen und vor stichen, bezeichent das die heilig kirch in des ritters schirm sol syn und in syner hilff und da mit umb und umb bescbloßsen sol syn. Der helm den der ritter off sym heubt furt, und blibet ob allen synen wapen die er hatt und schinet darob: also muß der ritter schinen vor aller der werlt, alle die welt zu verstoßen die der heiligen cristenheit arg wollen thun. Er muß wesen als der wechter, der siecht uber alle die húser, wann er hoh siczet, das er allenthalben mog gesehen die mörder und die diebe. Die glene die der ritter haben muß die ist langk und sticht, ee man zu dem man kum. Also als das holcz lang ist und starck und das ysen sere schnidende, also das ungewapent lut das forchten und fliehent, umb das sie den dot förchtent ob es sie treffe, also muß der ritter wesen stolcz und kúne und behende, das yn alle die bösen wicht forchten und die dieb, die von im hören sprechen, beyde ferre und nahe, das sie nymer geturren kirchen stoßen noch ubel darzu gethuon. Das schwert das der ritter furt, das zu beiden syten schnydet, und ist me geeret dann dheynerhande wapen und ist vil werder. Man mag da mit dryerhand ubel thun: stechen, slagen zur rechten hant und zur lincken hant, mit beiden. Das das schwert beydenthalb schnidet, das bezeichent die ritter die unsers herren gottes knecht múßen sin und syns volckes. Mit der eynen syten muß er slagen gottes fynde und die an yne nicht glauben wollen, mit der andern syten sol er got rechen von den die von böser gesellschafft sint, das sint die da nement und stelent. Das ist der zweyer syten krafft. Das ort fornan bezeichent gehorsamkeit. Wer recht gehorsam ist der wirt dick gestochen, so sere das yn duncket das es im durch syn hercz gee. Dheynerhand verlust thut einen man wiedder synes herczen willen gehorsam zu syn.

Das roß da der ritter off siczt das muß yn tragen wo er hien wille. Das bezeichent das volck. Als glich als er das roß füret war er will, also glich müßen sie yn tragen und muß er sie leyten war er will zu allen nöten, umb das er sie beschirmen muß, und sie müßen im gewinnen alles das er bedarff. Alsus mögent ir wißen das der ritter herre muß wesen uber das volck und darzu gottes knecht, wann er die heiligen kirchen befrieden muoß und behuten vor allem úbel.


Sir John Davies (1595)

Gulling Sonnets, Nr.6

The sacred muse that first made love divine
Hath made him naked and without attire;
But I will clothe him with this pen of mine,
That all the world his fashion will admire:

His hat of hope, his band of beauty fine,
His cloak of craft, his doublet of desire,
Grief, for a girdle, shall about him twine,
His points of pride, his eyelet holes of ire,

His hose of hate, his codpiece of conceit,
His stockings of stern strife, his shirt of shame,
His garters of vainglory gay and slight,
His pantofles of passion I will frame;

Pumps of presumption shall adorn his feet,
And socks of sullenness exceeding sweet.

Kommentar:

Mit "points" wurde das Wams an den Strumpfhosen festgemacht
"eyelet holes" waren Löcher für Schnürbänder
"Schamkapsel voll Einbildung"
die "Pantoffeln (korrekte Übersetzung allerdings: 'Überschuhe') der Leidenschaft"


Neujahrsblatt Zürich 1653

Einer Tugendliebenden Jugend in Zürich ab der Burgerbibliothek für das 1653 […]jahr verehrt. Radierung von Conrad Meyer (1618–1689):

Kämpf wider Dich, So schlahest Mich.

Das Reittier links ist inspiriert vom >>> siebenköpfigen Drachen aus der Apokalypse (12,3f.), der oft auf die Sieben Hauptlaster hin ausgelegt wurde: Die mit Pfauenfedern gekrönte Schlange als Allegorie der Superbia; der Esel als Allegorie der Trägheit; der Löwe als Allegorie des Zorns; das Schwein steht wohl für die Unkeuschheit; die Geiss für den Geiz; usw. Die Verlockungen der Reiterin selbst sind Busen, Becher, Beutel, Buch (vielleicht ein weltlicher Roman).

Dieses Ungeheür zuo dämpfen
jeder wider sich muoß kämpfen,
mit der Rüstung angethan,
die Sant Paul ihm zeigen kan.
(Epheser 6, 11)

Er muoß seinen Leib bezämmen;
Glider tödten; Lüste hämmen; (Kolosser 3,5)
sonsten wider ihn erthönt:
Wer nicht kämpft wird nicht gekrönt.'' (2.Timotheus 2,5)

Vgl. dazu: Martina Sulmoni, "Einer Kunst- und Tugendliebenden Jugend verehrt". Die Bild-Text-Kombinationen in den Neujahrsblättern der Burgerbibliothek Zürich von 1645 bis 1672, Bern: Lang, 2007 (Deutsche Literatur von den Anfängen bis 1700; Band 46), S. 413–439.


Literaturhinweise:

Adolf von Harnack: Militia Christi – die christliche Religion und der Soldatenstand in den ersten drei Jahrhunderten. Mohr, Tübingen 1905.

Andreas Wang, Der "miles christianus" im 16. und 17. Jahrhundert und seine mittelalterliche Tradition; ein Beitrag zum Verhältnis von sprachlicher und graphischer Bildlichkeit, (Mikrokosmus Band 1), Verlag Lang 1975.

Jörg Arentzen / Uwe Ruberg, Die Ritteridee in der deutschen Literatur des Mittelalters. Eine kommentierte Anthologie, Darmstadt: wbg 1987.